Kapitel 38

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Der Soldat, der eigentlich nicht sehr begeistert von der Idee war, mich mit zu nehmen, entfernte vorsichtig die Ketten, die mich an den Pfahl banden. Ich konnte seine Unzufriedenheit aber auch Angst in ihm spüren, obwohl mein Kopf inzwischen wieder benebelt war. Das bedeutete, dass seine Gefühle sehr stark sein mussten. Wenn ich ihn klar sehen könnte, müsste ich sie mit Leichtigkeit in seinem Gesicht ablesen können.
Der Andere hatte den Raum verlassen, da er von einem seiner Kameraden gerufen wurde. Ich wusste, dass der Soldat seinen Namen genannt hatte und dass sie von der Marine waren, aber ich hatte ihn vergessen.
Die Worte des Soldaten drangen nur dumpf zu meinen Ohren und als ich nicht darauf antwortete, spürte ich, dass er mich einfach hochhob. Er hatte mich bestimmt gefragt, ob ich aufstehen konnte. Noch während des Gehens schlief ich ein.

Sanftes Schaukeln drang durch die Dunkelheit des traumlosen Schlafes zu mir durch. Ich befand mich in einer Art Dämmerzustand. Ich war weder richtig wach, noch schlief ich. Das erste Ungewöhnliche, das mir auffiel, war, dass ich Ace nicht neben mir spürte. War er schon aufgestanden? Nein, der Geruch hier war anders. Aces Zimmer war das nicht. Warum erkannte ich das am Geruch?! Ich war doch kein Hund!
Damit war ich aus den Dämmerzustand erwacht. Mein Körper fühlte sich seltsam steif und taub an. Mein Kopf schmerzte fürchterlich, als ich nachzudenken begann, was passiert war. Dieser Schmerz verhinderte, dass ich klare Erinnerungen sah. Es war alles viel zu verschwommen und durcheinander. Also musste ich, wenn ich wissen wollte, wo ich war, meine Augen öffnen. Das war leichter gesagt, als getan. Sie fühlten sich an, als klebten sie zusammen und würden zusätzlich von Gewichten zugehalten. Mein Körper schien sehr angeschlagen zu sein, was für mich noch ein Grund mehr war, dass ich mich erinnern musste.
Schritte und Stimmen ertönten, gedämpft vor der Tür im Gang, was als Auslöser zu dienen schien. Die Gewichte verschwanden und ich öffnete meine Augen einen Spalt breit. Die Umgebung drehte sich. Das Bild vor mir wollte weder stillstehen, noch schärfer werden. "Wie ich sehe, bist du wach", stellte eine tiefe, unbekannte Stimme fest. Ich blinzelte und blickte zur rechten Seite, von der die Stimme gekommen war. Dort konnte ich eine verschwommene Gestallt in weiß ausmachen. Ich blinzelte erneut und hatte nun endlich ein klareres Bild vor Augen. Neben dem Bett, in dem ich lag, saß ein Mann mit lockigem, schwarzem Haar auf einem Stuhl, der, wie alles hier, zu klein für ihn zu sein schien. Der Mann trug einen weißen Anzug, darunter war ein blaues Hemd zu erkennen. Ich kannte ihn nicht. "Du bist ziemlich schnell aufgewacht, dafür, dass du mehr Drogen in deinem Körper hattest, als alle anderen Gefangenen. Die sind übrigens alle immer noch nicht wach", erklärte er. Plötzlich schossen die Erinnerungen auf mich ein. Ich war entführt worden! Dieser widerliche Kerl... Ich schauderte allein bei der Erinnerung daran, dass er mich abgeleckt und mit der Zunge über meine Wange gestrichen hatte. Danach war da noch etwas mit Marine...
Ich blinzelte heftig. Marine? Ruckartig saß ich aufrecht im Bett, was ich gleich darauf mit stärkeren Kopfschmerzen bezahlte. Ich war bei der Marine! Ace wird stink sauer sein, wenn wir uns wiedersehen!
Die Decke, die bei meiner plötzlichen Bewegung heruntergerutscht war, gab den Blick auf meinen pinken Pullover frei, auf dem ein riesiger, rotbräunlicher Fleck war, der sehr streng nach Blut stank. Die Erkenntnis, dass ich dem Piraten den Arm abgetrennt hatte, auch wenn es Notwehr gewesen war, traf mich wie ein Schlag ins Gesicht. Verstört starrte ich an mir hinab und auf meine Finger, bis mein Blick an meinen aufgescheuerten Handgelenken hängen blieb.
"Wie ich sehe, erinnerst du dich wieder an alles. Ich frage mich wirklich, wie du gefesselt einem erwachsenen Piraten seine Hand abgetrennt hast..." Der Mann kratzte sich an seinem Hinterkopf, wobei er die Schlafmaske verschob, die sich an seiner Stirn befand. Auch der schwere Mantel über seiner Schulter und die Abzeichen darauf fielen mir erst jetzt auf. "Das war ein Versehen!", rechtfertigte ich mich mit kratziger, leiser Stimme. "Irgendwie habe ich mir das schon gedacht. Allein die Stelle, an der sein Blut klebt, sagt alles..." Er schwieg einen Moment. "Sag mal, was für eine Verbindung hast du zu dem alten Kaiser?", fragte der Anzugmann. Erst verstand ich nicht, wen er meinte, bis mir einfiel, dass es sich um Whitebeard handelte. "Ich habe einen Freund aus der Kindheit besucht", erklärte ich verwirrt, da ich nicht verstand, warum das relevant sein sollte. Mister Anzug hob eine Augenbraue. "Naja, das wäre zumindest eine Erklärung dafür und du siehst auch nicht aus, als würdest du lügen..." Er kratzte sich wieder am Hinterkopf. "Der Alte wird sicher nicht erfreut sein, wenn er deine Entführung mitbekommt und ich habe ehrlich gesagt keine Lust eine Krieg mit ihm anzufangen..." Er seufzte. "Da du kein Pirat bist, gibt es keinen Grund dich festzuhalten. Ich bringe dich besser sicher zu Whitebeard zurück." Murmelte er. "Du kannst froh sein, dass dich kein anderer Admiral gefunden hat. Die würden dich nach Impeldown stecken, auch wenn Freundschaft zu einem Piraten gesetzlich nicht verboten ist. Es ist trotzdem nicht gerne gesehen..." Admiral?! Er war ein Admiral?! Wie kam ich von einer  Situation in eine noch schlimmere? Obwohl er eigentlich ganz nett zu sein schien...
"Oh, fast vergessen. Mein Name ist Aokiji", stellte er sich vor. "Ich bin Fünkchen", stellte ich mich ebenfalls vor, auch wenn ich über den plötzlichen Themenwechsel verwirrt war. Er reichte mir seine Hand und ich schüttelte sie. Danach erhob er sich aus seinem viiiiel zu kleinem Stuhl und ging mit großen Schritten zur Tür. Als er sie erreicht hatte, blickte er noch einmal über die Schulter zu mir. "Warte hier." War alles was er sagte, bevor er den Raum verließ.
Ich starrte ihm einfach hinterher und beschloss zu warten, da mir meine Instinkte sagten, dass ich hier nichts zu befürchten hatte. Das war schon recht merkwürdig, wenn man bedachte, dass ich bis jetzt eigentlich nur Schlechtes von der Marine gehört hatte. Weder meine Tante, noch Ace oder Ruffy hatten je etwas Positives über die Männer und Frauen in weiß erzählt. Ich mochte diesen Admiral aber trotzdem. Er war mir irgendwie sympathisch, wie ein lustiger Onkel.
Die Tür ging wieder auf und wenn man vom Teufel spricht oder denkt: Aokiji trat herein. "Das ist zwar viel zu groß, aber du solltest etwas Anderes anziehen." Er deutete auf mein blutverschmiertes Oberteil, während er das weiße T-Shirt auf den Stuhl legte, auf dem er zuvor gesessen hatte. "Das Bad ist nebenan." Schon war der Admiral wieder verschwunden. Ich blinzelte irritiert, schnappte mir aber das T-Shirt und verschwand im Bad. Nachdem ich abgeschlossen hatte, zog ich mich aus und ging duschen. Ohne den Golem war das aber sehr langweilig, deshalb wurde ich schneller fertig, als sonst. Ich wusste nicht, wie lange ich schon von ihm getrennt war, aber ich vermisste ihn und meinen sommersprossigen Hitzkopf auch.
Ich ließ meinen Blick über meinen von Schrammen übersäten Körper schweifen, der kurz grün aufleuchtete und in Windeseile war alles wieder verschwunden. Schade, dass ich mich bei mir und anderen immer auf die Heilung konzentrieren musste, damit die Wunden verschwanden, aber bei Finix war das in meinem Alter nicht anders gewesen. Erst ab einem gewissen Alter heilte alles von selbst und auch, wenn ich die Zahl nicht wusste, wusste ich, dass es noch lange dauern würde. Diese Regel, wenn man es so nennen kann, dient dazu, dass wir mehr Erfahrungen sammeln. Wer auch immer sich das ausgedacht hatte, liebte anscheinend Schmerzen. Darka kam mir dabei als erste in den Sinn, immerhin war es ihr Hobby, andere leiden zu lassen.
Ich betrachtete das T-Shirt und stellte fest, dass es zwar weiß, aber nicht von der Marine war. Aokiji hatte sich bestimmt denken können, dass ich es sonst nicht angezogen hätte. Ich schlüpfte wieder in meine alten Sachen, nur mit dem Unterschied, dass ich diesmal ein weißes Oberteil hatte, dass mir bis zur Mitte meiner Oberschenkel ging. Darunter zog ich meine Jeans wieder an. Die Ärmel, das eigentlichen T-Shirts gingen mir bis zum Ellenbogen. Ich seufzte. War ich wirklich SO klein? Wenigstens war ich während meiner Zeit hier mehr gewachsen, als in all den Jahren im Himmel.

Vom Himmel zu den MenschenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt