Er wusste, dass er das Tier ernstlich verletzt hatte und so gab er nicht auf die Fährte zu verfolgen. Doch der Hirsch schien noch lange nicht am Ende seiner Kräfte zu sein und narrte ihn. Immer wieder verlor der Jäger die Spur und war schon des Laufens müde. Jeden Moment hoffte er, das verendete Wild zu finden, doch jedes Mal musste er erkennen, dass er sich getäuscht hatte. Aber er wollte seine Beute nicht entfliehen lassen und so gab er die Verfolgung nicht auf. Immer wieder entdeckte er Hinweise. Mal war es ein abgebrochenes Zweiglein, mal ein paar geknickte Halme oder einige Blutstropfen im feuchten Moos. In einem seichten Bachlauf entdeckte er sogar einige frische Hufspuren, an denen er ablesen konnte, dass das Tier , so wie auch er als sein Verfolger, am Rande der Erschöpfung waren. Doch die Frische der Fährte beflügelte den jungen Jäger noch einmal und er nahm all seine Kraft zusammen. Leichtfüßig eilte er dahin und spähte emsig mit seinen Augen umher. Seinen Weidenbogen hatte er längst wieder geschultert und sich im Laufen das lange,dunkelbraune Haar mit einer Lederschnur im Nacken zusammengerafft, auf das es ihm bei der Verfolgung nicht hinderlich sei.
Er mochte ungefähr 23 Winter zählen und sein Körper war jung und kraftvoll. Hart pressten die gestählten Muskeln gegen die von der Sonne gebräunte Haut und in seinem Gesicht mit der etwas schiefen Nase und den haselnussbraunen, lebhaften Augen zeigte sich die Erschöpfung einer langen Hatz. Sein Kinn und auch die Oberlippe waren von weichen,dunklen Haaren bedeckt. Er trug ein braunes, ledernes Hemd, sowie auch ebensolche, etwas dunklere, Beinkleider. Seine Füße steckten in leichten Stiefeln, wie sie in großen Mengen auf den Märkten in jeder größeren Stadt feilgeboten wurden. An seiner Hüfte baumelte ein selbst gefertigter Köcher mit einer Handvoll Pfeilen. Und in einem schmalen Gürtel um seine Taille steckten zwei lange Jagdmesser. Sein Blick suchte konzentriert nach Zeichen auf dem Boden oder im nahen Gesträuch.
Zu spät signalisierten ihm seine Sinne die drohende Gefahr. Zwar vernahm er noch das mächtige Rauschen, doch er hatte keine Möglichkeit mehr, dem zu begegnen. Mit voller Wucht traf ihn der schwere Ast an der Stirn und löschte, nach einem heftigen anfänglichen Schmerz, alle seine Empfindungen aus. Schwer schlug er auf dem Waldboden auf, durch die Wucht des Hiebes von den Beinen geholt. Sein Hinterkopf prallte heftig auf eine Baumwurzel und es wurde mit einem Mal Nacht um den Jäger herum. So konnte er die vier Gestalten nicht mehr sehen, die eilfertig aus den Büschen stürzten, um sich auf ihn zu werfen und zu berauben.
Es waren drei Männer und eine beleibte Frau, deren schönste Jahre schon einige Zeit zurücklagen. Die Männer, von denen einer groß und grobschlächtig war, wogegen die anderen eine eher gemäßigte Statur aufwiesen, stürzten sich auf den hilflos am Boden Liegenden und hielten ihn fest, bis der Kleinste von den Dreien stutzte. „Hey, der ist ja hinüber! Alle Achtung! Hätte nich' gedacht, dass Deine Astschleuder solchen Schaden anrichtet". Mitleidlos blickte er auf den Bewusstlosen, aus dessen klaffender Stirnwunde lautlos das Blut sickerte.
Der Große grinste: „Kannste ma' sehn, was de' an mir hast. Hab ich bei die Söldner gelernt. Ham' da auch so 'ne Dinger zum Steine werfen. Is' bisschen anders, so mit Hochwerfen und so, geht aber auch am Boden. Must' nur 'nen Baum mit großem Ast ham' und 'eene Strick und peng haste den Vogel im Sack"! Die Dicke fing an zu keifen: „Wollt Ihr den Kerl noch höflich bitten, Euch sein Gold zu geben oder was ist'"? „Los, nehmt ihm alles ab, was wir gebrauchen können und dann verschwinden wir wieder", sagte die Walküre.
Sie trug einen ledernen Kürass, der schon bessere Tage gesehen hatte, über einer schmutzigen, zerschlissenen Männerhose, dessen ehemalige Farbe man beim besten Willen nicht mehr bestimmen konnte. Ihre Füße hatte sie mit Fell umwickelt und am Knöchel mit Stricken verschnürt. Ihr Haar war sicher einmal blond gewesen, doch es hatte schon seit Urzeiten weder Wasser noch Seifenkraut gesehen und hing ihr fettig in die Stirn. In den Händen hielt sie einen schweren, schartigen Säbel. Ihre Begleiter sahen nicht wesentlich besser aus, wobei jedoch der Grobschlächtige von ihnen außer einer alten Söldnerhose nichts weiter am Leibe trug. Sein Schädel war kahl bis auf einen kleinenZopf an seinem Hinterkopf. Er trug drei kleine Wurfäxte im Gürtel. Der Kleinste der drei Männer schien etwas mehr Wert auf sein Äußeres zu legen, denn er trug ein ehemals helles Leinenhemd, das auf der Brust zu schnüren war. Seine Hose aus braunem Wollstoff sah oberflächlich sauber aus. Ein breiter Ledergürtel zierte seine Hüfte, in dem neben einem Kurzschwert und einer Kampfaxt auch noch ein langes Jagdmesser, sowie zwei Wurfdolche steckten. Er war es auch, der das Wort an die Dicke richtete: "Wozu die Eile? Der Kerl ist hinüber, was soll's also?
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Tara's Träne
FantasyDie Träne der Göttin Tara ist ein magisches Artefakt und unschätzbar wertvoll für jene, welche die Macht des Steines kennen und zu nutzen wissen. Der Jäger Eneas vom Schattenbach wird durch einen tragischen Unglücksfall zum Hüter dieses Kleinodes. Z...