Unendlich langsam glitt er zurück in die Realität und spürte doch noch die zärtlichen Berührungen auf seiner Wange. Langsam öffnete er die Augen und blickte in das Mädchengesicht, welches ihn besorgt ansah. Als Ishilea merkte, dass der Jäger wach war überzog ein befreites Lächeln ihr Antlitz. „Du hast gestöhnt im Schlaf und ich dachte, Du hast Schmerzen. Ich wollte Dich nicht wecken". Erschrocken zog sie ihre Hand zurück. Das Mädchen war so voller Unschuld, dass man ihr einfach nicht böse sein konnte. „Nein, Lea, es ist alles in Ordnung! Ich denke, es ist Zeit, den neuen Tag zu beginnen".
Margy war gleichfalls erwacht und gähnte herzhaft, was dem Jäger ein Schmunzeln entlockte. „Na, auch schon wach", stichelte er spöttisch. Doch er erntete nur einen abfälligen Blick. „Pfff", machte sie und zog ihre verrutschte Bluse gerade. Dabei drehte sie sich provokant in seine Richtung. Blitzschnell streckte sie ihm die Zunge heraus und strich den Stoff glatt. Deutlich zeichneten sich ihre üppigen Rundungen darunter ab. Dem Jäger war es etwas peinlich und er schaute schnell auf Ishilea, ob sie wohl diese kleine Szene bemerkt habe. Doch dem war nicht so. Dafür hörte er die Rothaarige ganz leise kichern. „Euer Gemahl ist auch noch nicht zurück", bemerkte Eneas, nur, um das Thema zu wechseln. „Er wird sicher noch schlafen. Ich bin wirklich gespannt, ob der Kerl, den sie gefasst haben, Jener ist, den wir vermuten".
Margy war dabei, ihr Haar mit einem knöchernen Kamm zu glätten. Aus großen, verwunderten Augen wurde sie dabei von Ishilea beobachtet. Sie bemerkte den Blick und fragte: „Möchtest Du Dein Haar auch einmal kämmen"? „Tut das weh",wollte das Mädchen wissen. Margy lachte. „Das kommt darauf an, wie verfilzt sie sind". Sie reichte ihr den Kamm, doch die Kleine drehte ihn nur unschlüssig in ihren Fingern, bis sich Eneas ihrer erbarmte. „Lass mich einmal sehen, was wir machen können", sprach er und griff nach dem Utensil.
Er setzte sich auf einen Schemel und forderte das Kind auf, sich zu ihm auf den Schoß zu setzen. Ishilea bekam große, ängstliche Augen und wich einige Schritte zurück. Wie ein Blitz überkam es den Jäger und erschreckt fiel ihm auf, dass er gerade dabei war, das Vertrauen des Mädchens in ihn zu erschüttern. Heiß durchfuhr es ihn und verschämt griff er nach seinem Umhang, den er sich über die Knie legte. „Entschuldige bitte, Lea, ich hatte da Etwas nicht bedacht"! Das Gesicht des Mädchens entspannte sich doch sie zögerte immer noch. „Möchtest Du lieber stehenbleiben"?
„Ich weiß nicht", sagte sie leise und begann, auf ihren Fingernägeln zu kauen. „Vertraust Du mir oder hast Du Angst"? Er streckte die Hände nach ihr aus, als sich die Frau einschaltete. „Wenn er Dir auch nur ein Haar krümmt, so werde ich ihn windelweich prügeln"! Margy hatte sich eine hölzernen Löffel gegriffen und versuchte, eine grimmige Miene aufzusetzen und dabei ihrer Stimme einen dumpfen Klang zu geben. Das schien Ishilea derart zu amüsieren, dass sie mit einem Male laut lachte. Ihre Heiterkeit war ansteckend und auch Eneas begann zu schmunzeln, während die Hausherrin nach kurzer Zeit ihre vergeblichen Bemühungen aufgab. Immer noch kichernd lief das Mädchen zu dem Jäger und lehnte sich gegen sein Knie. „Tante Margy, Du bist wirklich lustig", lachte sie. Dann streckte sie die Arme aus und ließ sich von dem Jäger hoch nehmen. „Nein, ich habe keine Angst! Es ist nur..."! Sie stockte.
„Ich weiß, Engelchen, ich weiß", brummte Eneas versöhnlich und begann vorsichtig, ihre Haare zu entwirren. Dabei sah er Margy an, die seinem Blick auswich und sich blitzschnell umwandte. Dennoch hatte er die kleinen Tränen in ihren Augen bemerkt und seine Ohren vernahmen noch die leise wiederholten Worte: „Tante... Margy". Er wunderte sich, dass diese beiden Worte ihre Seele derart erschüttert haben mussten, dass sie den Tränen nahe war und er nahm sich vor, sie irgendwann danach zu fragen.
Merceas war noch nicht zurückgekehrt und so entschlossen sich Ishilea und der Jäger, nach einem ausgedehnten Frühstück, den Tempel zu besuchen. Bevor sie gingen hielt Margy Eneas am Ärmel zurück. „Ich halte Dich nur ungern auf, jedoch unsere Vorräte gehen zur Neige. Kannst Du auf dem Rückweg bitte noch etwas Essbares mitbringen"? Ihre Augen sagten ihm mehr, als ihr Mund es tat und Eneas erschrak. „So schlimm"? Sie nickte wortlos und er verstand. „Sag nichts mehr.Ich werde sehen, was ich tun kann"! Er strich ihr sanft über die Wange. „Vertraue mir, es wird alles gut"!
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Tara's Träne
FantasiDie Träne der Göttin Tara ist ein magisches Artefakt und unschätzbar wertvoll für jene, welche die Macht des Steines kennen und zu nutzen wissen. Der Jäger Eneas vom Schattenbach wird durch einen tragischen Unglücksfall zum Hüter dieses Kleinodes. Z...