Eine Liebe stirbt

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Langsam erwachte Eneas aus seiner Ohnmacht und wünschte sich im nächsten Moment in Selbige zurück. Sein Schädel drohte zu zerspringen und es war ihm, als treibe ein Schwarm wilder Bienen unzählige Stacheln durch sein Hirn. Es war ein Schmerz, der alle anderen Gefühle und Empfindungen überlagerte. Nur mit Mühe konnte er ein Stöhnen unterdrücken. Er versuchte sich zu bewegen, doch das verstärkte nur noch seine Schmerzen. Daher blieb er vorerst ruhig liegen und versuchte sich daran zu erinnern, was vorgefallen war. Doch es waren nur Fragmente, die seinen Geist durchzuckten. Sein Gehör registrierte Geräusche, die er allerdings nicht zuordnen konnte. Und im Stillen war er ratlos, was die Tatsache betraf, wo er sich befand und was geschehen war. Langsam und bedächtig begann er in Gedanken seinen Körper abzutasten, was ihm aufgrund des Schmerzes in seinem Kopf, der zu mangelnder Konzentration führten, nur leidlich gelang. Und doch registrierte er, dass er gefangen und gefesselt war. Weder Arme noch Beine konnte er frei bewegen. Dafür spürte er die Stricke. Panik sprang ihn an doch er zwang sich zur Ruhe. Dabei versuchte er auch die wahnsinnigen Kopfschmerzen zu verdrängen, die immer noch seine Sinne beeinträchtigten. Nach schier endlosen Minuten gelang es ihm dann, den Schmerz soweit zu verdrängen, dass er wieder klar denken konnte. Nun fielen ihm auch wieder die vorangegangenen Einzelheiten ein.

Sie waren wie ein Sturm über das Dorf gekommen. Wie viele es gewesen sind konnte Niemand mehr sagen. Jedoch hatten die Trolle von Anfang an ein Bild der Verwüstung hinterlassen. Nichts und Niemand war vor ihnen sicher gewesen. Ehe die Elfen so richtig begriffen hatten, was vor sich ging, starben die meisten schon unter den mörderischen Hieben der riesigen Keulen. Oder sie wurden von den plumpen Speeren dieser hünenhaften Wesen durchbohrt und aufgespießt. Es war der uralte Hass auf alle Elfen, der die Trolle zu diesem Krieg bewogen hatte. Lange bereiteten sie sich im Stillen darauf vor. Und nun war die Zeit des Wartens vorüber und ihr Volk überschwemmte das Land wie eine Seuche. Nichts blieb verschont. Und wer sich ihnen in den Weg stellte, der starb entweder den schnellen Tod auf dem Schlachtfeld oder den langsamen und qualvollen als Nahrungsquelle dieser Monster. Nichts ließen die Elfen unversucht, sich vor dieser gefahrvollen Plage zu schützen, doch der hinterhältigen Magie derer Schamanen waren sie nicht gewachsen. So kam es, dass das Heer der Trolle sich auf seinem Zug durch das Land fast unsichtbar bewegte.Sie gaben sich erst zu erkennen wenn es längst zu spät war. Die Zeit zur Verteidigung reichte einfach nicht mehr aus. Dorf um Dorf fiel in ihre Hände und wurde bis zur Unkenntlichkeit verwüstet und zerstört. Kein lebendes Wesen blieb zurück. Und die, welche man nicht getötet hatte, starben an den allabendlichen Feuern, in den Kochtöpfen dieser kriegerischen, Elfen fressenden Bestien.

Verzweifelt versuchte Eneas die Augen zu öffnen. Doch es gelang ihm erst nach etlichen Versuchen. Immer noch wüteten die Schmerzen in seinem Hirn und machten es ihm fast unmöglich seinen Körper zu beherrschen. Ein dumpfer, ekliger Geschmack lag in seinem Mund und die Zunge klebte wie ein Stück altes Leder an seinem Gaumen. Doch er musste herausfinden, was mit ihm geschehen war und wo er sich befand. Die Geräusche um ihn herum klangen wie aus weiter Ferne. Sie waren dumpf und unverständlich.

Endlich hatte er es geschafft, die Augen offen zu halten und starrte in das Blätterdach der Bäume. Eneas versuchte sich aufzurichten.Jedoch sank er mit einem unterdrückten Schmerzenslaut sofort wieder zurück und schloss seine Lider. Was er gleich darauf vernahm, ließ ihn das Blut in den Adern gefrieren. Er spürte, dass sich Jemand oder Etwas bewegte. Unweit der Stelle, an der er gefesselt lag, ertönte ein Schnaufen und an der leisen Erschütterung im Boden erkannte er, dass sich ihm ein lebendes Wesen näherte. Innerlich verfluchte er sich,ob der geglückten Bemühung die Augen wieder geöffnet zu halten,denn was sich wenig später in sein Blickfeld schob war so abgrundtief hässlich, das es ihn schauderte. Der Jäger musste sich zusammenreißen um nicht laut aufzuschreien, als der Troll sich schnüffelnd über ihn beugte. Ein gewaltiger Schädel, dicht behaart, so dass man die kleinen, blutunterlaufenen und mordgierigen Augen mehr ahnte, als dass man sie sah, schaute ihn prüfend an. Aus seinem Unterkiefer ragten vier lange und spitze Eckzähne, von denen einer nur noch ein schwarzer Stummel war. Die knollige Nase erinnerte an den Rüssel eines wilden Schweines und stinkende Atemluft ließ sofort Übelkeit in ihm aufsteigen. Zwei lange, spitze und leicht behaarte Ohren lauschten unruhig und es schien, als wäre das Wesen erregt. Nie zuvor hatte der Jäger ein solch hässliches Geschöpf gesehen, welches den Niederhöllen entsprungen zu sein schien. Der Kopf des Trolles ging nahezu ansatzlos in die wuchtigen Schultern über. Ein Hals war so gut wie überhaupt nicht erkennbar, was dem Monster ein bedrohliches Aussehen verlieh. Seine Pranke kam in das Blickfeld des Jägers, versehen mit Krallen, die wohl jedem Opfer mit nur einem Schlag den Kopf abgerissen hätten. Sie stupste ihn gegen die Wange. Dabei erklangen aus dem geifernden Maul des Trolls so etwas wie Worte. Erneut stupste ihn das Ungeheuer an und nun verstand Eneas auch, was der Troll von ihm wollte.

Tara's TräneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt