Kapitel 36

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Nicht Mal eine Stunde nach der Feier kam Luca zu mir. Ich war gerade damit beschäftigt das dreckige Geschirr in den Geschirrspüler zu räumen.

"Diego at mir erzählt, du würdest dich nachts Rauschleichen", murmelte Luca. Mit sanften Küssen unter meinem Ohrläppchen versuchte er mich weich zu bekommen.

"Ja, ich weiß. Es hat dich aber lange gebraucht zu mir zu kommen", antwortete ich neutral.

"Das heißt, du gibst es zu?", fragte Luca entsetzt nach, "Ich dachte, du würdest deinen Bruder nur zum Narren halten."

"Nein, es stimmt. Ich habe nicht gelogen."

"Wieso tust du denn so etwas? Du weißt doch ganz genau, wie gefährlich das ist?!" Luca hatte mich gepackt und zu sich umgedreht, so dass ich ihn ansehen musste.

"In Amerika hatte ich meine Freiheit und die werde ich jetzt nicht einfach aufgeben."

"Aurora, Amerika war etwas anderes. Niemand kannte dich dort. Jeder weiß hier, wer du bist und noch viel Schlimmer, was für einen Wert du für drei sehr mächtige Familien hast. Du kannst nicht einfach herumlaufen, wie es dir gefällt und schon gar nicht nachts! Außerdem, was wolltest du überhaupt um diese Uhrzeit in der Stadt?"

"Luca, einigen wir uns einfach drauf, das jeder von uns seine eigenen Geschäfte zu erledigen hat. Du erzählst mir nichts und ich dir nicht."

"Aber doch nur, zu deiner eigenen Sicherheit!", rief Luca aufgebracht.

"Wieso sollte es bei mir nicht genauso sein?", fragte ich herausfordernd, "Ich fahre jetzt in die Wohnung. Wir sehen uns später."

Schnell drückte ich meinem Verlobten noch einen Kuss auf die Wange, bevor ich das Haus verließ.

"Das Thema ist noch nicht beendet!", rief dieser mir noch hinter.

"Ich weiß", flüsterte ich mir selbst zu. Ich würde nicht ins Anwesen meiner Familie fahren und auch nicht in Lucas und meine Wohnung. Ich hatte eine eigene Wohnung. Auch diese hatte ich bei einer meiner nächtlichen Unternehmungen mit Avas Hilfe geholt. Wenn Luca mitbekam, das ich nicht in der Wohnung war, würde er mich orten. Also ließ ich mein Handy in der Einfahrt aus dem Fenster meines fahrenden Wagens fallen. Ich hatte noch ein zweites, für den Notfall. Aber jetzt musste ich erst einmal meine Wachen oder mehr Verfolger, loswerden. Gut das mein Wagen sehr viel schneller und wendiger war, als der von den Angestellten meiner Familie.

Angekommen in der Wohnung schaltete ich das zweite Handy ein. Sofort piepte es los. Ein Blick auf die Nummer und sofort wusste ich wer mich anrief.

"Es ist alles bereit bringt ihn", sprach ich herrisch ins Telefon und legte auf. Ich zog einen Mundschutz über und versteckte meine langen Haare unter einer Haube.

Nicht einmal zehn Minuten später hämmerte es gegen meine Tür. Zwei Männer trugen einen dritten herein und legten ihn auf meinen Behandlungstisch.

"Was ist passiert?", fragte ich hart.

"Eine Übergabe wurde von Bullen überrascht. Wir bringen noch drei weitere hoch. Der Rest ist unversehrt oder tot", antwortete einer der Männer.

"Raphael, Sie müssen ihm helfen. Er ist mein kleiner Bruder", sprach der andere Mann.

"Ich versuche mein Bestes."

Draußen wurde es schon wieder hell, als ich alle vier Männer wieder zusammengenäht hatte. Die drei, die später kamen, würden es definitiv schaffen, aber für den kleinen Bruder wollte ich meine Hand nichts in Feuer legen.

Sie überreichten mir einen Bündel Scheine und schafften die ersten drei raus. Ich blieb mit den beiden Brüdern zurück.

"Wieso Raphael?", fragte der ältere plötzlich.

"Was meinst du?"

"Wieso Sie sich so nennen", traurige Augen verfolgten jeden Schritt, den ich tat.

"Der Erzengel Raphael wurde von Gott beauftragt über alle Heilungsprozesse der Menschen zu wachen."

"Und Sie denken Gott hat Sie dazu berufen Dorgendealern und Kriminellen zu helfen?"

"Nein, ich denke, jeder hat eine Chance auf Heilung verdient. Und jetzt verschwinde aus meinem Haus. Ich habe noch andere Patienten", antwortete ich schroff.

"Ich habe nur Geschichten über Sie gehört. Sie sollen aus Amerika kommen. Dort haben sie vorher für jeden, der bezahlen konnte gearbeitet, aber niemals für nur eine einzige Gang oder ein Kartell. Warum nicht?"

Ich antwortete nicht, sondern sah ihm nur ausdruckslos an. Ich konnte meine Fassade nicht bröckeln lassen. Ich war gerade nicht Aurora Fontana, die Tochter von Giovanni Fontana und Verlobte von Luca Santoro, sondern der Arzt Raphael. Niemand kannte seine Geschichte oder sein Gesicht, bloß das man mit jeder Verletzung zu ihm kommen konnte.

"Ich denke, ich weiß warum. Es gibt zwei Optionen, entweder du gehörst schon seit Jahren zu diesem Lebensstil und willst dich an deinem eigentlichen Kartell rächen oder du kommst nicht aus diesem Umfeld und liebst einfach nur den Nervenkitzel mit dieser Welt zu interagieren."

"Beides Falsch und jetzt verschwinde", antwortete ich ruhig, aber bestimmt. Ein zweiter der Männer kam zurück und half den jüngeren Bruder zurück zum Auto zu tragen. Ich stand im Türrahmen, als sie den jungen Mann auf die Rückbank legten.

"Von welcher Familie kommt ihr?", fragte ich an den zweiten Mann, der mich einfach meine Arbeit machen ließ, ohne mich mit Fragen zu belästigen.

"Bianco", antwortete dieser.

"Sag deinem Boss er soll nicht daran denken, mir noch weitere seiner Köter zu schicken, wenn sie denken, sie dürften sich in meine Geschäfte einmischen. Ich werde niemanden mehr von seinen Leuten retten, wenn alle so viele Fragen stellen und erwarten darauf antworten zu bekommen", sprach ich ganz leise, aber trotzdem bedrohlich und warf dabei dem großen Bruder einen eisigen Blick zu.

"Es tut uns leid, Raphael. Es wird nie wieder vorkommen", ruderte der stille Begleiter sofort zurück.

"Das hoffe ich", antwortete ich bissig und knallte die Tür hinter mir zu. Erschöpft ließ ich meinen Kopf gegen die Tür fallen.

"Was hast du gemacht, du Idiot!", hörte ich die Männer draußen streiten, "Wir haben keinen anderen Arzt, als Raphael. Wenn er uns nicht hilft, werden wir sterben!"

"Sag mir nicht, er kommt die nicht seltsam vor! Woher kommt er? Warum hilft er? Wer ist er? Er weiß zu viel über uns und wir nichts über ihn. Nicht mal seinen richtigen Namen! Außerdem ist er so klein und schlaksig. Er kann nicht aus dieser Welt kommen. Was wenn er einer von den Bullen ist? Ich habe einfach kein gutes Gefühl bei ihm!"

"Denkst du ich habe ein gutes Gefühl?! Irgendeiner von uns? Aber das ist egal, denn solange er uns hilft, macht es nichts aus. Musst du diese Fragen wirklich beantwortet haben? Nein, denn wenn doch, wird er uns nie wieder helfen. Er hat gerade wahrscheinlich deinem Bruder das Leben gerettet, also sei dankbar und halt die Klappe. Wir brauchen Raphael, aber er uns ganz bestimmt nicht!"

Das war das letzte was ich von den beiden hörte.

I will fear no evilWo Geschichten leben. Entdecke jetzt