Kapitel 49

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Gavin Leatherwood als Michele "Mickey" Moretti

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"Nichtsdestotrotz ich hatte Glück. Alle hassten die Santoros und unsere Familien waren so damit beschäftigt Luca das Leben schwer zu machen, dass ich einfach mein Kartell aufbauen konnte ohne das mich jemand bemerkt oder aufhält. Und dann kamst du endlich wieder zurück. Du warst so viel schöner auf dem Ball mit deinem grünen Kleid, als ich dich jemals in Erinnerung hatte", flüsterte Michele ehrfürchtig. Sanft strich er über meine Wange, als wäre ich eine wunderschöne Blume, die er nicht zerstören wollte.

"Dumm nur, dass du diesem Widerling noch eine Chance gegeben hast. Ich musste Handeln, denn plötzlich haben alle drei Familien zusammengearbeitet und konnten sich auf mich konzentrieren, das ging natürlich nicht. Und da habe ich die kleine, dumme, blonde Ava gefunden. Voll von Hass auf dich und deine Familie. Es war zu einfach sie auf meine Seite zu ziehen. Ich habe immer mehr Drohungen verschickt, die dich betrafen. Sie waren eigentlich so formuliert, dass man denken könnte, die Santoros oder die Morettis hätten sie verschickt. Aber deine Brüder haben es nicht geglaubt. Sie wollten dich noch mehr schützen und haben Luca dazu gezwungen dich zu heiraten. Wobei das nicht wirklich zwingen war. Er wollte noch warten, aber er wollte auch alles tun, um dich zu beschützen. Also hat er ziemlich schnell zugestimmt. Und da war dann wieder das Schlamassel. Ihr habt geheiratet und das sogar obwohl du gegen ihn gearbeitet hast. Und dann hat er es dir erzählt. Das war der beste Tag in meinem Leben. Du hast deinen Brüdern nicht mehr vertraut und deinen Mann verlassen. Da wusste ich, jetzt ist der Moment gekommen in dem ich dich zu mir holen muss. Deine Brüder reden nicht mehr mit Luca und Alex sucht bloß nach seiner Schwester. Es klappt noch besser, als ich jemals gedacht hätte. Niemand weiß wirklich, dass du weg bist weil niemand mehr mit irgendwem redet. Ich werde an Platz Nummer eins kommen, weil sie sich bei der Suche nach dir gegenseitig auseinander nehmen werden und du bist bei mir. Wir können das Leben führen, von dem wir immer geträumt haben."

"Aber was ist mit Ava?", fragte ich verdutzt. Liebte er sie denn überhaupt nicht? Bedeutete sie ihm überhaupt nichts? Sie war so voller Hass auf mich, aber sie konnte doch nicht wieder enttäuscht werden. Von einem Mann, der in ihren Augen wieder bloß mich wollte und nicht sie.

"Sie war doch bloß mein Spion in Haus deiner Brüder und bei dir Zuhause. Jetzt brauche ich sie nicht mehr."

"Aber-"

"Du dachtest wirklich, ich liebe sie? Nein, ich liebe nur dich. Das habe ich immer schon. Aber du musst dich noch etwas gedulden. Wir können ja nicht dafür sorgen, dass das Blondchen zu ihrem Bruder rennt und den ganzen Plan verrät."

Das waren Micheles letzte Worte, bevor er mich alleine in dem dunklen Kellerraum zurückließ. Es gab keine Fenster und die dicke Eisentür schloss er hinter sich sorgfältig ab. Wahrscheinlich waren sogar Männer davor postiert, aber das konnte ich nicht sehen. In meinem knappen Partyoutfit saß ich auf der dreckigen Matratze und starrte die einzige Glühbirne an der Decke. Sie war die einzige Lichtquelle und fing schon an zu flackern. Die dunkelgrauen Wände waren fleckig durch Wasserschäden. Im ganzen Raum hing eine muffige, feuchte Luft, die mir das Gefühl gab, als würde die Luft alleine schon schimmeln. Wenn Michele mich so sehr liebte, warum steckte er mich dann in dieses fürchterliche Loch. Hier waren mit 100% Sicherheit schon Menschen gestorben. Vielleicht sogar gefoltert worden. Der Abfluss in der Mitte des Raumes wäre jedenfalls perfekt, um Blut abfließen zu können. 

Ich war verzweifelt. Dieser Raum machte mich krank. Was hier drinnen geschehen war verabscheute ich. Ich war in der falschen Familie aufgewachsen, hatte die falschen Freunde gefunden und jetzt wurde ich dafür bestraft. Obwohl ich mit meiner Arbeit als Raphael versuchte hatte Gerechtigkeit auszuüben, wurde ich nun bestraft. Wahrscheinlich für meinen Hochmut, meine Arroganz. Vielleicht sogar dafür, dass ich nicht mehr so regenmäßig gebetet habe, wie ich es früher getan hatte. Gott bestrafte mich jetzt für all das, in dem er mir Michele zurück in mein Leben schickte und zuließ, dass dieser Mann mich entführte. Das klang vielleicht absurd, aber ich war der festen Überzeugung, dass Gott alle unsere Schritte und Wege lenkt. Obwohl wir eine freien Willen haben, werden Begegnungen durch ihn beeinflusst.

Mein einziger Trost war, dass Michele nicht wusste, dass Alex, Leano und damit auch Luca wussten, dass ich zu Luca zurückkehren wollte. Sie würden also ganz bestimmt nach mir suchen, wenn ich nicht auftauchte. 

Ich war komplett verwirrt. Michele war mein bester Freund gewesen und eigentlich war es irgendwie immer indirekt klar gewesen, dass sich daraus in unserer Zukunft Liebe entwickeln würde. Wir wären wahrscheinlich zusammen gekommen. Seit seinem Tod war kein Tag vergangen, an dem ich mich nicht ein kleines bisschen schlecht gefühlt hatte. Ich hatte gedacht, es wäre meine Schuld gewesen. Das wenn ich mit ihm in dem Wagen gesessen hätte, dass er dann vielleicht anders gefahren wäre, eine andere Strecke, mit einer anderen Geschwindigkeit. Das er dann noch bei mir wäre. Aber jetzt musste ich feststellen, dass es egal gewesen wäre. Er wäre immer noch "gestorben". Und das nur für Macht. 

In diesem Moment konnte ich nicht bestimmen, was für Gefühle in mir schwirrten. Ich hatte keine Angst. Auf den Tod war ich immer vorbereitet gewesen. Glücklich war ich nur zu einem kleinen Teil, denn ja mein verlorener bester Freund war von den Toten auferstanden. Aber das war er nur, um meine Familie und meine Freunde zu zerstören. Alles was ich immer nur beschützen wollte. Er wollte Menschenleben opfern, um an noch mehr Macht zu kommen. Menschen die ich liebte. Und das machte mich einfach nur unglaublich wütend.

Er klang wie ein Wahnsinniger, als er seinen Plan erläuterte. Was war nur aus dem lustigen Jungen geworden, den ich so geliebt hatte. Der seinen älteren Bruder vergötterte hatte und der lieber Zoowärter, als Gangster werden wollte.

Er war erwachsen geworden. Aber dabei war er zu einem Mann geworden, den ich nicht wiedererkannte und vielleicht auch nicht Wiedererkennen wollte.

I will fear no evilWo Geschichten leben. Entdecke jetzt