Kapitel 47

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"Ava, mir isch nischt so gut", lallte ich meiner besten Freundin ins Ohr. 

"Ich weiß, ich weiß. Aber Mickey holt uns gleich ab. Ich habe ihm schon bescheid gesagt", erklärte Ava mir ruhig. Sie stützte mich gerade, während wir aus dem Club heraus stolperten. Ihr Blick wanderte suchend über die parkenden Autos, bis sie eines erkannte. Zielsicher führte sie uns auf einen schwarzen Mercedes mit getönten Scheiben zu. Nur flüchtig bekam ich mit, wie sie mich auf die Hinterbank des teuren Autos manövrierte. 

Ich hatte viel zu viel getrunken, trotzdem versuchte ich noch mitzuteilen, dass sie mich nach Hause zu Luca fahren sollten. 

"Alles gut, Kleines", sprach eine Männerstimme. Sie weckte Erinnerungen in mir, aber ich konnte sie nicht richtig zuordnen. Müde ließ ich meinen Kopf auf den Sitzplatz neben mir fallen. Der Fahrer des Wagens beugte sich zu mir nach hinten und drückte mir ein Stück Stoff über den Mund und die Nase. Das war das letzte, was ich mitbekam, bevor alles schwarz wurde.

*

Lucas p.o.v.

Leano hatte mir gestern Abend noch Auroras Nachricht übermittelt. Ich hatte die ganze Nacht darauf gewartet, dass sie endlich nach Hause kommen würde, um mit mir zu reden. Aber vergebens. Sie war einfach nicht aufgetaucht.

Wütend tippte ich zum wiederholten Mal ihre Nummer ein. Aber auch dieses Mal erreichte ich bloß ihre Mailbox. Gereizt versuchte ich es bei ihren Brüdern und Alex.

"Was?", brummte Alex verschlafen ins Telefon, als ich endlich jemanden an die Leitung bekam.

"Wo ist sie?", antwortete ich gereizt.

"Wovon redest du?", murmelte Alex verschlafen.

"Davon das Aurora meinen Leuten gesagt hat, sie würde später zu mir kommen und dass sie immer noch nicht hier ist. Denkt ihr, ihr könnt mich zum Narren halten? Also wo ist sie?!", antwortete ich wütend. Aurora hatte mich noch nie so erlebt und ich würde mich auch davor hüten ihr jemals meine aggressive Seite zu zeigen. 

"Warte was?!", fragte Alex plötzlich hell wach, "Luca ich schwöre dir, dass wir dich nicht verarscht haben. Sie wollte wirklich zu dir kommen. Sie wollte dir noch eine Chance geben. Das sie jetzt nicht bei dir ist, bedeutet nichts Gutes!"

"Alex, was willst du damit sagen?", fragte ich vorsichtig. Meine Stimme ähnelte dem leisen Zischen einer Schlange.

"Das sie zu dir wollte. Wenn sie sagt, sie macht etwas, dann tut sie es auch. Ich weiß nicht, was passiert ist. Aber ich muss jetzt erst einmal meine Schwester anrufen. Ich bin früher gegangen, aber Ava war noch bei Aura. Sie müsste wissen, was und ob etwas passiert ist. Du ruf doch am Besten bei Marco an. Vielleicht weiß der etwas und ich erkläre ihren Brüdern die Lage", sprach der beste Freund meiner Frau hektisch, bevor er ohne ein Wort des Abschieds auflegte.

Wütend starrte ich auf das Handy in meiner Hand. Bevor ich Marco anrief, ging mein nächster Anruf erst einmal an Leano. Er sollte Männer zusammenrufen, die die gesamte Stadt, wenn es sein musst, das gesamte Land nach meiner Frau absuchen sollten.

Aufgebracht lief ich aus der Wohnung zu meinem Wagen. Mit quietschenden Reifen machte ich mich auf den Weg zu meinem Familienanwesen.

"Santoro, was verschafft mir die Ehre so früh am Morgen", hörte ich Marcos übertrieben fröhliche Stimme aus der Freisprechanlage meines Wagens. 

"Meine Frau ist weg, also verkneif dir die gute Laune. Weißt du wo sie sein könnte?", knurrte ich in den Lautsprecher.

"Hat sie dich also doch verlassen. Hätte ich ihr gar nicht zugetraut, dass sie gegen die Kirche geht, aber ich meine, nach diesem Betrug von dir und ihrer Familie, war das irgendwie zu erwarten", antwortete Marco schnippisch.

"Nein, sie wollte zu mir zurückkommen. Sie hat Alex und meinem Leuten gesagt, das sie letzte Nacht zu mir kommen wollte. Sie wollte über alles reden. Aber sie ist nie angekommen. Ich kann sie nicht erreichen, Alex kann sie nicht erreichen und meine Männer können ihr Handy nicht orten. Also sag mir jetzt, ob du verdammte Schieße noch mal, was weißt!", brüllte ich in meinem Auto vor mich hin. Das Gaspedal hatte ich vor lauter Wut beinahe vollständig durchgedrückt, während ich auf der schmalen, asphaltierten Straße auf mein Anwesen zuraste.

"Was?!", fragte jetzt auch Marco besorgt.

"Ich werde mich nicht wiederholen", brummte ich genervt.

"Wissen es ihre Brüder?"

"Ich konnte sie nicht erreichen, aber Alex weiß es. Deswegen gehe ich davon aus dass ihre Brüder jetzt auch Bescheid wissen. Ich habe schon meine Männer darauf angesetzt."

"Ich werde meine auch darauf ansetzten. Wo wurde sie zuletzt gesehen?"

"Im Piper Club mitten in Rom zusammen mit Ava Davis. Was mit ihr ist, wissen wir noch nicht. Alex versucht gerade seine Schwester zu erreichen."

"Ok, ich werde nach ihr suchen. Melde dich, falls ihr etwas findet. Sie gehört zur Familie. Wir müssen sie finden."

"Glaub mir, das weiß ich. Sie ist meine Frau und egal was alle denken, ich liebe sie wirklich. Sogar wenn sie mich nie mehr zurücknimmt. Ich könnte mir niemals verzeihen, wenn ihr etwas zustößt", murmelte ich leise vor mich hin, aber Marco hatte es gehört.

"Ich weiß, ich habe dich mit ihr erlebt. Sie ist etwas besonderes und hat es schon immer geschafft, Menschen in ihren Bann gezogen. Dich ganz besonders. Auch wenn ich das ungerne zugebe, aber ihr gehört zusammen."

Ich nickte nur, obwohl er es nicht sehen konnte und legte auf. Er musste nicht wissen, wie verloren ich mich gerade ohne meine Frau fühlte. Ja, Aurora hatte mich definitiv in ihren Bann gezogen. Sie hatte mir Gott näher gebracht. Für sie hatte ich das erste Mal auf eine Frau gewartet, sogar als es so schien, dass ich sie nie wieder finden würde, hatte ich auf sie gewartet. Ich hatte damals nie aufgegeben und das würde ich auch jetzt nicht tun. Für diese Frau würde ich nicht nur töten, sondern auch liebend gerne selber sterben, wenn es nötig wäre.

Mit einer Vollbremsung kam ich vor meinem Anwesen zum stehen. Mit Tränen in den Augen kam meine kleine Schwester mir entgegen gerannt. Ich hatte eigentlich angewiesen, dass sie nicht erfährt was mit Aurora ist, um ihr keine Angst zu machen. Aber sie streckte mir nur ihr Handy entgegen. Darauf war ein Bild zu sehen, von einer bewusstlosen und gefesselten Aurora. Sie sah so klein aus in diesem riesigen, dunklen Raum.

I will fear no evilWo Geschichten leben. Entdecke jetzt