Kapitel 41

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Mit einem Schlag saß ich kerzengerade im Bett. Luca musste mich in unsere Wohnung gefahren haben und mich ins Bett gelegt haben, als ich noch am Schlafen war. Immer noch müde sah ich auf die Uhr, auf dem Nachttisch. Es war schon neun Uhr abends. Ich würde heute nacht wahrscheinlich nicht viel Schlaf finden.

Plötzlich fiel mir wieder ein, warum ich so abrupt wach wurde. Mir wurde wieder bewusst, das Luca meine Lüge mitbekommen hatte und jetzt wollte er mit mir darüber reden. Gott, er war mein Ehemann. Ich konnte ihn doch nicht weiter anlügen!

Vorsichtig lief ich ins Wohnzimmer, wo ich Luca fand. Er saß in seinem Sessel und laß gerade die Zeitung. Er wusste, das ich im Türrahmen stand und legte trotzdem die Zeitung nicht weg, die wie eine anklagende Wand zwischen uns stand.

"Wo warst du heute nacht. Denn offensichtlich warst du nicht hier im Bett. Und lüg mich nicht an. Ich habe die Überwachungskameras geprüft. Du bist um kurz nach Mitternacht aus dem Hinterausgang gelaufen und bist erst heute morgen wieder gekommen", fragte Luca schroff.

Ich antwortete nicht, sondern sah ihn - oder besser die Zeitung einfach nur an.

"Lass mich raten. Du warst wieder in diesem widerlichen, dreckigen Teil der Stadt und hast was weiß ich getrieben?!", fragte mein Ehemann herausfordern, während er die Zeitung feinsäuberlich zusammenlegte.

Ich nickte.

"Nach allem was Alex und ich dir erzählt haben, haust du schon wieder einfach ab und treibst dich nachts in der Stadt herum?", fragte Luca mich gereizt.

"Ich lasse mir von dir nicht auch solche Vorschriften, wie von meinem Vater oder meinen Brüdern, machen", antwortete ich leise.

"Aurora, das geht über eine Teenager-rebellion hinaus! Du bringst dich in Lebensgefahr und du weißt es!", rief Luca entsetzt, "Ich will dich nicht verlieren. Ich liebe dich und ich habe mir geschworen dich immer zu beschützen, aber du machst es mir beinahe unmöglich, das zu tun!"

"Ich will nicht, dass du dir Gedanken machst, aber ich muss das einfach tun", versuchte ich mich zu erklären, ohne zu sagen, was ich wirklich tat.

"Was musst du tun?! Raphael helfen meine Feinde zusammenzuflicken?!", brüllte Luca wütend. Erschrocken sah ich meinen Ehemann an.

"Denkst du, ich wüsste nicht Bescheid, über diesen komischen Arzt, der mit dir aus Amerika hier her gekommen ist und jetzt alle Gangster und Mafiosies aus den kleineren Kartellen zusammennäht? Denkst du ich wüsste nicht, in welchem Teil der Stadt seine Praxis ist?!", klärte Luca mich auf.

Ich konnte ihm gar nicht mehr in die Augen sehen.

"Was?! Ich liege richtig!", erwiderte Luca schockiert, "Ich hatte so gehofft, es würde nicht stimmen. Aber du arbeitest wirklich mit diesem komischen Typen zusammen und hintergehst mich dermaßen? Was würde deine Familie nur sagen, wenn sie das wüssten. Du hintergehst nicht nur mich, sondern auch die gesamte Familie Fontana und Moretti!"

"Denkst du ich wüsste nicht, was ich da tue?", fragte ich gereizt, "Denkst du ich wüsste nicht, dass ich gegen alles Arbeite, was mir Jahre lang eingebläut wurde?! Natürlich weiß ich das, ich bin nicht dumm. Aber ich werde diese Männer nicht sterben lassen, wenn es einen anderen Weg geben könnte."

"Und was ist mit mir und meinen Männern?"

"Du hast fünf Ärzte, die jeder Zeit kommen und dir helfen, die Morettis und meine Familie haben jeweils vier. Also komm mir nicht damit! Die anderen Kartelle haben keinen einzigen Arzt und ins Krankenhaus können sie nicht, weil dort wird nachgeforscht, wenn gleich mehrer Männer mit Schusswunden eingeliefert werden. Also würden sie sterben. Und ich werde sie nicht einfach sterben lassen, nur weil ich den Namen Fontana trage."

"Ich denke du hast etwas vergessen", seufzte Luca verletzt, "Dein Name ist nicht mehr Fontana, sondern Santoro. Du bist vor dem Gesetz mit mir verheiratet. Auch wenn dir das anscheinend noch immer nicht klar ist."

Bestürzt setzte ich auf die Couch ihm gegenüber.

"Wieso sind wir überhaupt verheiratet? Du kannst mir ja nicht mal richtig vertrauen, du arbeitest gegen mich und du erzählst deiner Familie nicht, das wir schon verheiratet sind", fragte Luca nach.

"Luca, ich liebe dich. Egal was ich abends treibe, das hat nichts mit dir oder meiner Familie zu tun. Ich weiß, in deinen Augen arbeite ich gegen euch, aber ich sehe es mehr so, dass ich für die Menschen ohne andere Hoffnung kämpfe. Dabei interessiert es mich nicht, durch wen sie die Verletzungen erhalten haben, nur wie ich sie verarzten kann. Ich weiß, du hast Angst um mich und genau diese Angst habe ich täglich, um dich und genau aus diesem Grund habe ich meiner Familie noch nichts davon gesagt, dass wir verheiratet sind. Sie würde das nicht als spontane Aktion verstehen, sondern als Verrat. Weil ich sie nicht gefragt habe, ob es in Ordnung ist. Weil ich sie nicht eingeladen habe. Und weil ich sie nicht, die Sekunde nachdem ich das Rathaus verlassen, angerufen habe."

"Denkst du nicht, sie wären glücklich für dich. Sie wissen doch ganz genau, wie sehr du gelitten hast, als wir getrennt waren. Lass uns sie gemeinsam anrufen und es ihnen sagen", schlug Luca sanft vor. Sofort holte er das Haustelefon und setzte sich neben uns. Nach nur zwei Piepten hatten wir Edo schon in der Leitung.


"Luca, alles in Ordnung? Geht es meiner Schwester gut?", hörte ich meinen besorgten Bruder aus dem Lautsprecher dröhnen.

"Ja, ihr geht es gut. Sie sitzt neben mir und wir müssen dir, Giovanni, Diego und Matteo etwas erzählen."

"Ich hole sie her", brummte mein Bruder wesentlich entspannter, "Also was ist los? Wir sind alle hier."

Nervös sah ich zu Luca. Wie würden sie reagieren?!

"Wir sind jetzt vor dem Gesetz Mann und Frau. Wir haben ganz spontan im Rathaus geheiratet", berichtete Luca, mit einem breiten Grinsen im Gesicht.

"Das wusste ich schon", grummelte Edo, "Aber schön, das ihr es nach zwei Tagen auch endlich dem Rest der Familie sagt."

Ich hätte es ahnen müssen. Edo wusste immer über alles bescheid.

"Du-", noch bevor ich etwas sagen konnte, wurde ich von meinem ältesten Bruder unterbrochen.

"Alex, der morgens heimlich das Haus verlässt. Dann die Nachricht, das einer meiner Männer dich und Luca im Auto vor dem Rathaus gesehen hat. Und ganz ehrlich du dachtest doch nicht wirklich, das ich keine Spitzel im Rathaus sitzen haben würde", antwortete Edo gelangweilt, "Aber ich wollte euch die Zeit geben, es selbst zu sagen, damit es nicht zum Streit kommt, wenn ich es Vater, Matteo und Diego erzähle."

I will fear no evilWo Geschichten leben. Entdecke jetzt