Erschöpft trug ich die Unmengen an Einkaufstaschen in das Haus meiner Familie. Ich hatte zwar ein paar Kleidungsstücke bei Luca. Aber nichts davon war passend, um mit Luca heute Abend auszugehen.
"Du bist ja auch mal wieder Zuhause!", rief Matteo überrascht, der sich gerade auf meinem Bett breit machte.
"Ich habe heute wirklich keinen Nerv, für deinen Hass gegen Luca."
"Ich muss gestehen, dass ich mittlerweile sogar gut mit ihm zurecht komme. Er wurde in die Sache mit Marco und seinem Vater bloß mit reingezogen. Dann hat er aber dir weh getan und unsere Familie in Gefahr gebracht, auch wenn sich herausgestellt hat, dass das eigentlich sein Vater war. Aber er hat mehrfach bewiesen, dass er es ernst mit dir meint und das man ihm vertrauen kann. Er beschützt dich, wenn wir es nicht können", erklärte Matteo verständlich, "Also ja, ich komme mit ihm zurecht!"
Komplett überwältigt, mit der kurzen Rede meines kleinen Bruders starrte ich ihn an.
"Hast du gerade etwas nettes über Luca gesagt?!", fragte ich ihn verdattert. Mit meinem weit geöffnetem Mund sah ich wahrscheinlich aus wie ein Karpfen.
"Erzähls ihm nicht weiter", grummelte mein kleiner Bruder, "Der denkt sowieso schon, er wäre der Größte."
Mein Lächeln verkneifend sprang ich zu meinem Bruder aufs Bett und drückte ihm unzählige Küsse auf das gesamte Gesicht. Das war alles, was ich mir jemals gewünscht hatte, dass meine Brüder meinen Freund akzeptieren und jetzt tat es auch der letzte, von den dreien.
"Hör auf damit!", knurrte Matteo entnervt. Angewidert kletterte er von meinem Bett herunter. Kurz bevor er an der Tür war, drehte er sich noch einmal zu mir um, "Und ich hoffe du weißt, dass ihr bald heiraten müsst. Denn dieses Zusammenleben von euch geht gar nicht."
Sofort verschwand mein Lächeln.
"Willst du, dass ich dir nochmal die Nase breche?", fragte ich herausfordernd.
"Ist ja schon gut", mit erhobenen Händen verließ er mein Zimmer und ließ die Tür einfach offen stehen. Entnervt verdrehte ich die Augen, während ich die Tür schloss.
*
Pünktlich um sechs saß ich im Restaurant. Ein Kellner führte mich an den reservierten Tisch, der etwas geschützter in der hintersten Ecke des schnuckligen Restaurants war. Es wunderte mich, denn normalerweise war Luca immer überpünktlich und schon eine Viertelstunde vor dem eigentlichen Termin da. Ich versuchte mir nicht all zu viele Gedanken zu machen, aber als er nach zwanzig Minuten immer noch nicht da war, rief ich ihn an.
"Luca? Wo bist du?", fragte ich nervös, als er endlich ans Telefon ging.
"Aurora, hier ist nicht Luca. Ich bins Diego."
"Oh, tut mir leid. Ich dachte, ich hätte Luca angerufen."
Ich war schon dabei aufzulegen, als Diego mich aufhielt.
"Nein, nein. Du hast schon die richtige Nummer angerufen", flüsterte Diego.
"Was ist los?", meine Panik wurde immer stärker. Das unwohle Gefühl in meiner Magengrube ballte sich zusammen unangenehmen Knoten zusammen.
"Ehm also-"
Noch bevor er etwas sagen konnte, wurde ihm das Telefon anscheinend abgenommen.
"Hey cara mia, tut mir leid, dass ich zu spät bin. Ich habe die Uhr nicht im Blick gehabt. Mach dir keine Sorgen. Es ist alles gut. Ich muss allerdings noch etwas mit Edo bereden. Tut mir leid, dass ich dich versetzen muss. Bitte fahr in unsere Wohnung. Ich komme später", hört ich Luca.
Auch wenn er mir versicherte, dass alles in Ordnung wäre. Ich wusste ganz genau, dass es nicht stimmte. Irgendwas war nicht in Ordnung. Diego wollte es mir sagen, aber Luca anscheinend nicht. Was lief hier gerade ab und wieso wollte Luca nicht, dass ich Bescheid wusste?
Ich hörte nicht auf Luca. Anstatt direkt zu uns in die Wohnung zu fahren, bestellte ic mir etwas zu Essen. Wir hatten nichts mehr an Essen Zuhause und ich war doch schon mal hier. Wenn Luca etwas wichtigeres hatte, dann war das in Ordnung. Aber solange er mir nicht sagte, was wirklich los war und warum er mich versetzte, konnte ich den Abend auch noch ein bisschen für mich selbst genießen.
Erst um halb neun kam ich wieder in unserer Wohnung an. Diese lag in einer tiefen Dunkelheit, die mir zeigte, dass Luca immer noch nicht Zuhause war.
Eine Besprechung mit Edo hätte definitiv nicht so lange gedauert! Aber trotzdem war mir klar, dass Luca mich nicht ohne einen wirklich wichtigen Grund versetzt hätte, auch wenn er mich jetzt belog, musste es auch dafür einen Grund geben.
Ich hatte mir geschworen Luca nie wieder zu voreilig zu verurteilen. Ich hätte ihn dadurch vor all den Jahren fast verloren. Ich hatte ihn damals nicht erklären lassen, diesen Fehler würde ich nie wieder machen. Außerdem war er offensichtlich bei meinen Brüdern und nicht bei einer anderen Frau oder etwas ähnliches.
Trotz meiner strapazierten Nerven legte ich mich ins Bett. Aber den Schlaf fand ich nicht. Ich wurde das Gefühl einfach nicht los, dass etwas sehr großes momentan passierte und mir niemand etwas darüber sagte.
Irgendwann spät in der Nacht übermannte mein Körper meine Gedanken und ich viel doch in einen leichten Schlaf. Aus dem ich aber ruckartig erwachte, als dich das Bett neben mir bewegte.
"Ich bin es nur, cara mia. Schlaf weiter", versuchte Luca mich zu beruhigen. Verwirrte sah ich auf die Uhr. Es war halb fünf morgens.
"Wieso kommst du jetzt erst wieder zurück?", wollte ich verschlafen wissen.
"Es hat alles doch viel länger bei Edo gedauert, als gedacht. Wir konnten uns einfach nicht einigen", antwortet er entschuldigend. Liebevoll drückte er mir einen kurzen Kuss auf die Lippen und legte sich dann ganz hin.
"Aber normalerweise unterbrecht ihr doch dann einfach das Meeting und versucht es am nächsten Tag noch mal und macht nicht stundenlang weiter", nuschelte ich in die Dunkelheit hinein.
"Dieses Mal war es so wichtig, dass wir es nicht aufschieben wollten."
Ich hörte Luca an, dass er nicht darüber reden wollte, aber ich musste einfach die Wahrheit erfahren.
"Was war so wichtig?", hakte ich deswegen nach.
"Mach dir keine Sorgen. Es ist jetzt alles geklärt und für dich besteht keinerlei Gefahr."
"Du weichst mir aus, was war so wichtig?!", fragte ich lauter. Energisch setzte ich mich auf und schaltete die Nachttischlampe ein.
Seufzend drehte Luca sich zu mir.
"Ich kann und will nicht darüber reden. Es ist eine Sache zwischen Edo und mir."
"Ganz genau! Es ist eine Sache zwischen meiner Familie und meinem festen Freund. Es hat also etwas mit mir zu tun und geht mich dadurch auch sehr wohl etwas an. Und da Diego dabei war, ist es auch nicht nur eine Sache zwischen Edo und dir. Also rede mit mir", flehte ich Luca an.
"Nein", sagte Luca, mit einer Endgültigkeit in seiner Stimme, die mir zu verstehen gab, dass es keine ander Möglichkeit mehr gab.
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I will fear no evil
RomanceAurora Fontana, die Tochter des gefürchteten Drogenbosses Giovanni Fontana. Ein Leben im goldenen Käfig, aus dem sie nie ausbrechen konnte, aber es auch nicht wollte. Bis sie von Anhängern der verfeindeten Moretti Familie entführt wird und plötzlich...