"Ich sehe definitiv nicht aus wie eine Braut und du nicht wie der Brautigam. Außerdem ist niemand von unseren Familien oder Freunden anwesend!", versuchte ich mich zu beschweren.
"Du trägst ein weißes Kleid und ich ein Hemd. Außerdem sind Leano und Alex schon als unsere Trauzeugen auf dem Weg. Und Alex hat geschworen nichts an Matteo oder irgendwen sonst zu verraten."
"Aber so war das alles nicht geplant!"
"Willst du mich jetzt nicht mehr heiraten?", fragte Luca verwirrt.
"Natürlich will ich dich noch heiraten, aber ich kann deine Angst vor meinen Brüdern nicht nachvollziehen!"
"Du hast nur keine Angst vor ihnen, weil du mit denen verwandt bist, aber sobald du es nicht bist, sind die drei wirklich nur mit Vorsicht zu genießen."
"Du übertreibst maßlos."
"Aura, du hast definitiv keine Ahnung!", redete plötzlich Alex dazwischen.
"Danke, das du da bist", grinste Luca meinen besten Freund an. Leano tauchte ebenfalls neben Alex auf.
"Dann lasst uns rein gehen", meinte er grinsend, "Aurora, du weißt gar nicht, auf was du dich mit diesem Idioten einlässt. Letzte Chance, es dir anders zu überlegen!"
"Sie ist 29. Was soll sie sich da noch anders überlegen. Sie findet mit dem Alter nie wieder einen anderen Mann", scherzte Alex. Entrüstet schnappte ich nach Luft, ließ mich aber von Luca ins Rathaus ziehen, der mir ins Ohr flüsterte, ich sollte mich nicht aufregen.
Es ging alles so schnell und es war definitiv nur ein schneller Weg, um legal verheiratet zu sein. Für mich fühlte es sich nicht wie eine wirkliche Eheschließung an, das würde es auch nie. Erst wenn wir vor Gott getraut werden würden, würde ich mich wirklich wie Lucas Ehefrau fühlen. Aber wenn es ihn Beruhigte und er nicht mehr der Auffassung war, das meine Brüder ihn ermorden würden, dann machte ich diese Blitztrauung gerne mit.
Deutlich erleichterter verließ Luca gemeinsam mit mir das Rathaus wieder. Ich konnte deutlich sehen, wie ihm eine gewaltige Last von seinen Schultern abfiel.
"Jetzt könnt ihr so viel Sex haben, wie ihr wollt!", schrie Alex uns förmlich ins Gesicht.
"Bist du wohl ruhig!", rief ich entsetzt.
"Ach, als ob ihr nicht mit einander geschlafen hättet. Ansonsten hätte Luca auch nicht so eine Panik. Ich bin mit Matteo zusammen. Ich weiß, wie er zu vorehelichen Sex steht. Zumindest wenn es dabei um seine Schwester geht! Also tu nicht so. Ihr habt nach der Verlobungsfeier miteinander geschlafen und jetzt will Luca nicht sterben. Also heiratet er dich so überhetzt in einem schäbigen Rathaus, damit es in den Augen deiner Familie keine Sünde war", meinte Alex Augen verdrehend.
"Und sogar wenn es so war, dann hältst du trotzdem die Klappe über den heutigen Tag", knurrte Luca meinen besten Freund wütend an.
"Ich habe nie gesagt, das ich Matteo etwas erzählen würde", antwortete Alex grinsend, "Aura liebt dich zu sehr, als das ich es über mich bringen könnte, für deinen grauenhaften Unfall mit Todesfolge verantwortlich zu sein. Also beruhig dich wieder. Aber versuch mich nie wieder einzuschüchtern. Nur weil ich schwul bin, heißt das nicht, das ich dich nicht trotzdem vernichten könnte."
"Denkst du das wirklich?!", fragte Luca herausfordernd und zog dabei eine Augenbraue nach oben.
"Wenn ihr dann mit eurem Schwanzvergleich fertig seid, können wir dann endlich fahren?", fragte Leano entnervt. Kichernd folgte ich dem besten Freund meines Ehemannes. Eingehakt bei ihm ließen wir die beiden Männer, die sich mit Blicken töteten einfach stehen.
"Ich habe dich vorgewarnt. Du hättest ihn nicht heiraten sollen. Jetzt siehst du, was für ein Kind er immer noch ist", schüttelte Leano gespielt verständnislos den Kopf.
"Oh bitte! Rette mich aus dieser Ehe, Leano!", weinte ich gespielt an seiner Schulter. Lachend schüttelte dieser weiterhin seinen Kopf.
"Du bist gar nicht so herzlos, wie alle immer behauptet haben", meinte Leano plötzlich ernst.
"Du warst auch noch nie mein Feind", antwortete ich Schulter zuckend. Leano gab mir keine Antwort mehr auf meine Aussage. Wir wussten beide, das ich keinen Scherz gemacht hatte. Er wollte mich nicht zum Feind haben, und das würde wahrscheinlich auch nie passieren, also hatte er nichts zu befürchten. Er half mir in den Wagen einzusteigen und schloss die Tür hinter mir. Nicht mal eine Minute später stieg mein Ehemann auf der Fahrerseite ein.
"Und hast du dich mit Alex wieder vertragen?", fragte ich lachend.
"Er ist ein Idiot", brummte Luca wütend.
"Nein", kicherte ich, "Er ist ein guter Schauspieler. Die Menschen haben weniger Angst vor einem aufgedrehten, exzentrischen Homosexuellen. Dadurch unterschätzen ihn alle, sowie du es getan hast. Das ist seine Waffe."
"Das ist keine Maske. Er ist einfach nur ein Volltrottel, der denkt er hätte Macht."
"Aber er hat Macht. Das Kartell in Amerika läuft so gut, weil er es mit einer eisernen Faust regiert. Seine Eltern tun nichts mehr. Er hat schon vor Jahren übernommen. Und er hat so viel Macht in Amerika, weil seine Feinde ihn unterschätzt haben und er sie zerstört hat. Du hast eine eiskalte Fassade für das Kartell, aber Alex hat es umgedreht. Er hat eine liebevolle, kindische Fassade für das Kartell. Er ist tief im inneren eigentlich so eiskalt, wie du es äußerlich bist. Und das macht ihn viel gefährlicher als jeden von uns."
"Willst du mir sagen, er hat keinen wunden Punkt. Nichts durch das man ihn zum Fall bringen kann? Sei nicht albern, cara mia. Jeder hat so einen Punkt."
"Das habe ich nicht gesagt. Er hat auch diesen Punkt. Ava ist dieser Punkt", antwortete ich neutral, "Die Familie ist von jedem der wunde Punkt."
"Und du."
"Jetzt bist du derjenige, der albern ist", lachte ich.
"Nein", meinte Luca ernst, "Als du weg warst, hat er mir gesagt, wenn ich dich in irgendeiner Weise verletzte, wird er mir noch viel schlimmere Dinge antun, als sich deine Brüder nur ausdenken könnten. Er liebt dich, genauso sehr, wie er Ava liebt und er würde alles für dich tun. Du bist auch sein wunder Punkt, du bist seine Familie."
Verblüfft sah ich ihn an. Mir ging es genauso, wenn es um Alex ging. Ich würde für ihn töten oder sogar selbst sterben, aber ich hätte nie erwartet, dass es Alex genauso mit mir erging.
"Du weißt gar nicht, unter wie viel Schutz du eigentlich wirklich stehst. Vier mächtige Familien, die alles für dich tun würden. Ich weiß nicht, ob dich das nicht in mehr Gefahr bringt, als das es dich schützen würde."
"Wie meinst du das?", fragte ich meinen Mann verwirrt.
"Wenn man dich umbringt, wie viele Menschen werden dann verletzt und werden vielleicht sogar zusammenbrechen? Du hast mehr Macht, als du eigentlich denkst und genau diese Macht, macht dich verwundbar. Nicht wegen deines wunden Punktes, sondern weil du ein wunder Punkt von so vielen anderen Menschen bist."
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I will fear no evil
RomanceAurora Fontana, die Tochter des gefürchteten Drogenbosses Giovanni Fontana. Ein Leben im goldenen Käfig, aus dem sie nie ausbrechen konnte, aber es auch nicht wollte. Bis sie von Anhängern der verfeindeten Moretti Familie entführt wird und plötzlich...