Kapitel 6.9

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Gerade als ich das Tor des Seniorenstiftes durchschritt, kam mir ein wütender Matt entgegen. Ohne mich auch nur einen Blick zu würdigen stampfte er an mir vorbei.

Ich wusste nicht wer mir mehr Leid tat, Lilith die ihn anlügen und die ganzen Geheimnisse alleine tragen musste oder er der sich nicht einmal vorstellen konnte was um ihn herum geschah. Wie vorhin lugte ich durch das Küchenfenster und sah Lilith die wie ein begossener Pudel dort saß und einfach ins Leere starrte. Ein Blick auf die Uhr verriet mir das Emma jede Sekunde hier aufkreuzen dürfte, also machte ich mich auf den Weg zum Friedhof. Dort konnte ich von einem Baum aus in ihr Zimmer schauen und die Szene mit Strychnin verfolgen, ehe ich in die Stadt zum Spektakel ging. Es tat mir seelisch weh ihr nicht helfen zu können, aber ich durfte an so einem wichtigen Punkt der Geschichte nichts durcheinander bringen. Ich sah Emma kommen und später wieder gehen. Dann sah ich meine Freundin die erschrocken in ihrem Zimmer stand und zuschaute wie sich der Giftspritzler materialisierte.

Der kleine dicke Dämon sah echt witzig aus, doch Lilith war das gerade einfach nur zu viel, dass konnte ich selbst von hier erkennen.
Während sie mit ihm diskutierte kletterte ich von meinem Aussichtspunkt und machte mich auf den Weg in die Stadt.

Nur noch circa eine Stunde bis es Mitternacht war, dann würde diese Geschichte fürs erste ihr Ende erreichen. Ob ich wenn das Buch endete automatisch herausgeschmissen wurde oder müsste ich dann für immer hier bleiben? Ich verschob die Gedanken auf später, jetzt musste ich erst einmal durch die ganzen Menschenmassen hindurch zur Schulaufführung gelangen.
Staunend lief ich an den Ständen und Aufführungen vorbei und nahm hier und dort ein paar Kleinigkeiten mit. Meine Tasche, die ich vorher noch schnell geholt hatte fest an mich gedrückt. Für mich gab es jetzt zwei Möglichkeiten: entweder ich würde Lilith und Matt hinterherlaufen oder direkt ins Kindermoor zu Belial gehen. Nach gefühlt ewiger Überlegung entschied ich mich jetzt schon ins Moor zu gehen. Später mit den anderen war die Chance entdeckt zu werden größer.

Geschickt kletterte ich über den Zaun als gerade kein Wachposten da war und schaltete meine Taschenlampe an. Unruhig ließ ich den Lichtpegel über den Boden wandern während ich immer tiefer ins Dunkel des Moores hineinschritt.

Erleichtert atmete ich aus als ich die kleine Lichtung sah auf der Belial gemütlich auf einem Baumstamm saß. Seine Geißel noch gefesselt neben sich liegend. Es würde sicher nicht mehr lange dauern bis er ihn auf seine Position hängte. Am liebsten hätte ich ihn davon abgehalten, das was er tat war einfach nur grausam, aber wieder konnte ich nur Mäuschen spielen und zuschauen. Als er mich bemerkte kam er freudig auf mich zu.

"Na schau an wer da ist! Du wolltest das große Spektakel hier wohl nicht verpassen. Darf ich vorstellen Joseph Parker, Liliths Vater", begrüßte er mich mit einer großen Geste.

Traurig lächelte ich Joseph an und nickte ihm zu, ehe ich mich an den Erzdämon wandte: "Du weißt das ich hier nicht eingreifen werde und nicht kann, also lass mich bitte hier raus. Ich werde mich dort hinten verstecken und das Geschehen verfolgen."

Er gab mir mit einem gewinnenden Grinsen zu verstehen das er verstanden hatte, doch irgendwie lies mich das Gefühl nicht los das er etwas ausheckte.

Während sich Belial mit Joseph unterhielt (einseitig), wartete ich ungeduldig darauf das es begann.

Dann war es soweit, der Erzdämon machte sich auf den Weg um meine Freunde abzupassen.
Als er daraufhin wieder kam, war er überzeugt dass es vorbei war.
Nur hatte er sich da verrechnet, wie ich wusste und so kam es dass Lilith putzmunter hervortrat und ihren Vater rettete. Jedoch fuhr Belial nicht so fort wie es geschrieben stand, sondern kam auf mein Versteck zu.

Wie erstarrt hockte ich dort und hörte mir an wie er kundgab: "Ach da dir deine Familie und deine Freunde ja so wichtig sind hab ich noch eine Überraschung für dich."
Hinterhältig grinsend zog er mich mit einem Ruck hinter dem Busch hervor und ich stolperte ein paar Meter vorwärts.

Angespannt blickte ich auf und sah das geschockte Gesicht meiner Freundin. Empört warf ich Belial einen Todesblick der Aussagte: "Das hast du jetzt nicht getan!"

Daraufhin spürte ich wie er versuchte in meinen Geist einzudringen. Da die Kontrolle bei mir nicht klappte nutzte er die Verbindung nur um mir mitzuteilen: "Du warst gerade die beste Lösung für das Problem. Hahaha." Seine Lache hallte in meinem Kopf wieder, auch als er sich schon zurückgezogen hatte.

Panisch versuchte ich Lilith zu erklären, dass ich nichts hiermit zu tun hatte. Die Verwirrung nutzte Belial um ihren Vater unter Kontrolle zu bekommen und wollte dann das ich ihr das Amulett abnahm.

Wiederwillig nahm ich es von Lilith entgegen und schaute dabei zu wie es weiterging. Zum Glück lief es dann wie geplant. Matt half ihnen aus dem Schlamassel und ich warf der neuen Banshee das wichtige Schmuckstück zu.

In der Ferne tauchten langsam viele Lichter auf die immer näher kamen.
Als der Erzdämon begriff dass er nicht mehr viel Zeit hatte, unternahm er einen letzten Versuch. Er schnappte sich sein Messer und hielt es mir an die Kehle. Fassungslos blickte ich zu ihm auf.
Das er so weit gehen würde hatte ich nicht kommen sehen. Lilith stand hin- und hergerissen vor uns und schien dasselbe zu denken.
Da ich nicht wollte das sie für mich das Amulett abgab und somit die Geschichte änderte, versuchte ich mein Glück mit einer spontanen Idee.

Hoffnungsvoll umklammerte ich meinen Haustürschlüssel mit der einen und meine Kette mit der anderen Hand, dabei stellte ich mir meinen Zielort bis ins kleinste Detail vor und schrie:

"Ich wünschte ich wäre sofort zu Hause!"

Ein greller Lichtstrahl blitzte auf und keine 2 Sekunden später stand ich, als ich die Augen öffnete, nicht mehr im Kindermoor, sondern vor unserer Haustüre. Es hatte tatsächlich funktioniert! Wenn diese Art immer klappen würde, dann hätte ich endlich einen Rückweg aus den anderen Welten gefunden für den ich nicht sterben musste.

Erleichtert wieder zurück zu sein betrat ich das Haus. Das nächste Mal würde ich noch besser aufpassen müssen die andere Welt nicht aus dem Gleichgewicht zu bringen, dieses Mal war es viel zu knapp ausgegangen.

Die Welten WandlerinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt