Kapitel 8

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Minutenlang blinzelte ich ihn einfach ungläubig an. Ich konnte es einfach nicht fassen, dass er gerade wegen mir das beliebteste Mädchen unserer Klasse abgewiesen hatte. Jeder normale Mensch hätte sich nicht mit einer Außenseiterin wie mir abgegeben und sich stattdessen seinem Image in der Klasse gewidmet, doch er hatte gerade das genaue Gegenteil gemacht.

Verunsichert was das jetzt zu bedeuten hatte räusperte ich mich kurz. "Alsooo, du willst echt die Pause mit mir verbringen?", fragte ich noch einmal skeptisch nach um sicherzugehen.

Mit seinem typischen Grinsen nickte er als Antwort. "Klaro, du scheinst eh eine viel angenehmere Gesellschaft darzustellen als die da eben."

Wenn er nur wüsste wie sehr mich seine Worte gerade plätteten. So etwas nettes hatte seit Jahren niemand mehr zu mir gesagt.

Schnell schluckte ich das Gefühl der übermächtigen Freude die mich zu überrollen drohte hinunter. Ich sollte besser nicht zu voreilig in Freudentränen ausbrechen, denn noch war dieses Band der Freundschaft sehr dünn.

Diesmal kam das räuspern von ihm, um meine Aufmerksamkeit zu bekommen. "Sag mal wieso bist du eigentlich so alleine? Wir kennen uns zwar noch nicht lange aber man sieht sofort das jeder abstand hält. Wieso?", stellte er mir zaghaft die Frage vor der ich mich am meisten gefürchtet hatte. Seufzend, erklärte ich ihm die ganze Geschichte und machte ihm auch gleich klar was es für ihn bedeuten würde mit mir Zeit zu verbringen. Innerlich wappnete ich mich schon darauf abgewiesen zu werden, doch zu meinem Erstaunen legte er mir zuversichtlich die Hand auf die Schulter. "Na dann hast du ja jetzt mich! Ich würde gerne mit dir befreundet sein."

Beschwingt nickte ich ihm zu, bevor ich mich wieder meinem Essen widmete und mich weiter mit Jona unterhielt.

Den Rest des Schultages hatte ich so gute Laune wie schon ewig nicht mehr in der realen Welt.
Der Unterricht verging wie im Flug, sodass ich Jona noch zu mir einlud.
Ich freute mich wie ein kleines Kind als er zusagte. Beschwingten Schrittes ging ich mit ihm an meiner Seite die Straße entlang. Das Wetter war so schön das ich meine Zeit nicht im stickigen Bus verschwenden wollte.

Die paar Kilometer bis zu unserem Haus konnten wir auch laufen.
Dabei unterhielten wir uns über alles Mögliche, bis wir endlich bei mir ankamen.
Mit einet ausholenden Geste schloss ich die Haustür auf.

"Herzlich willkommen in meinem kleinen Reich. Fühl dich ganz wie zu Hause."

Man konnte die Ironie ganz deutlich in meiner Stimme hören, doch Jona schien von unserem, alles andere als kleinen, Haus fasziniert zu sein.

"Wow! Mei das is ja fast ne Villa. Hier wohnst du? Was is mit deinen Eltern sind die da?"

Begeistert lief er durch den langen Flur und betrachtete die Bilder und Fotos an der Wand und auf den Kommoden. Meine Stimmung hingegen sank in dem Moment wo er meine Eltern erwähnte wieder einen Stück näher an die Null Grad.

"Nein... meine Eltern sind gerade nicht da. Beziehungsweise sind sie nie da. Ich seh sie nur selten, schließlich sind sie zu beschäftigt um sich um ihr einziges Kind zu kümmern. Aber genug von meinen Eltern. Wie siehts bei dir aus? Du hast vorhin deinen Vater erwähnt, was ist mit deiner Mutter? "

Unsicher fuhr Jona sich durch die Haare, bevor er auf meine Frage antwortete.
"Meine Mutter is kurz nach meiner Geburt gestorben... Seitdem kümmert sich mein Vater allein um mich. Wie schon erwähnt is es für uns nie leicht gewesen. Er arbeitet viel und wegen seinem speziellen Job müssen wir dauernt umziehen, aber er ist immer für mich da."

Freundschaftlich legte ich ihm eine Hand auf die Schulter. Es musste schwer sein ohne Mutter aufzuwachsen, doch beneidete ich ihn trotzdem um seine anscheinend innige Beziehung mit seinem Vater.
Der Job seines Vaters interessierte mich jedoch brennend, auch wenn er nicht gerne darüber zu reden schien.
In meinem Zimmer machten wir es uns auf meinem riesen Doppelbett gemütlich.
"Was genau arbeitet dein Vater eigentlich? Deine Andeutungen sind ja sehr kryptisch", tastete ich mich vorsichtig an das Thema heran.

Zögernd schaute er überall hin nur nicht zu mir. "Du wirst mich für verrückt erklären...", flüsterte er kaum hörbar. Kopfschüttelnd legte ich meine Hand auf seine.
"Quatsch, was auch immer es ist, ich werde dich dafür nicht verurteilen."
Unsicher blickte er auf, nur um den Kopf sofort wieder zu senken als sich unsere Augen trafen.
Er schien mit sich zu ringen, schien aber zu dem Schluss zu kommen das ich es erfahren sollte.
Seufzend fing er an zu erzählen:
"Du weißt ja schon das wir ziemlich oft umziehen müssen.... das liegt daran, dass mein Vater so eine Art Archäologe ist. Nun ja, er verfolgt verschiedene Artefakte, Hinweise und Vorkommnisse, untersucht sie und restauriert sie auch hin und wieder..."

Verblüfft legte ich meinen Kopf schief:
"Das klingt doch cool, wo ist da jetzt der Hacken? Ich mein  deiner Reaktion nach zu urteilen war der springende Punkt noch nicht dabei."

Kurz nickte er ehe er fortfuhr:
"Der springende Punkt wie du es nennst ist, dass es sich um angeblich magische, verzauberte oder verfluchte Sachen handelt oder sonstiges übernatürliches..."

Kurz wurde es ganz still zwischen uns. Sein Vater beschäftigte sich also mit übernatürlichen Phänomenen, das konnte meine Chance sein vielleicht mehr über mein Amulett zu erfahren. Zumindest würde Jona mich nicht für verrückter erklären als seinen Vater...
Er schien mein Schweigen falsch zu deuten und wollte gerade aufspringen, als ich mit meiner Frage ansetzte.
"Dein Vater glaubt also an das übernatürliche und untersucht diese Phänomene?"

Ein kurzes nicken war alles was ich als Antwort bekam.
"Er kennt sich also gut in diesem Bereich aus?" Stocherte ich weiter nach.
Wieder ein nicken.
"Okay gut ich glaube dir. Das ist doch mega cool. Denkst du ich könnte ihn demnächst mal treffen?"
Diesmal fuhr sein Kopf ruckartig zu mir herum. "Was?! Du hältst meine Familie nicht für irre? Du willst mich doch verarschen!"

Lachend legte ich ihm beide Hände auf die Schultern und schaute ihm fest in die Augen.
"Nein, ich meine es ernst. Kann ich dir vertrauen? Dann verrate ich dir auch ein Geheimnis."

Unschlüssig starrte er mich an.
"Okay ich glaube dir. Es ist nur ungewöhnlich das du das einfach hinnimmst. Hab halt schon viele schlechte Erfahrungen gemacht. Du kannst mir voll und ganz vertrauen."

Mein Grinsen wurde ein Stück breiter. Vielleicht vertraute ich ihm ein bisschen zu schnell, aber ich hatte das Gefühl das es Schicksal war das ich ihn getroffen hatte.
"Perfekt! Aber erstmal ne Frage: Glaubst du wirklich an Magie? Sei ehrlich."

Nachdenklich wiegte er den Kopf hin und her. "Ich bin nicht 100% überzeugt, aber es sind bei den Untersuchungen meines Vaters schon so viele seltsame Sachen passiert, das ich nicht sagen kann das es nicht existiert. Sagen wirs so, ich bin offen für alles."

Zufrieden nickte ich. Ich denke das ich ihm mein kleines Geheimnis anvertrauen kann. Er würde mich hoffentlich nicht verurteilen und mit etwas Glück konnte er mir helfen herauszufinden wieso ich mit Hilfe der Kette zwischen den Welten reisen konnte.

Die Welten WandlerinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt