Verratti x Draxler

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03.12.2018

"Marcoo, können wir da nicht nochmal drüber reden?", quengelte ich. Demonstrativ drehte er sich weg und sagte kalt "Nein. Für mich ist das ganze beschlossene Sache. Mach was du willst, meine Meinung kennst du. Die Entscheidung liegt bei dir, du bist ganz frei." Ich verdrehte die Augen. "Nein bin ich nicht. Wenn ich unsere Beziehung nicht verlieren will, habe ich nur eine Möglichkeit." Er zuckte mit den Schultern. "Wie gesagt, es liegt bei dir." Ich stand genervt auf. Wie kindlich konnte man sich bitte verhalten? "Wehe du haust jetzt ab", kam es zischend von ihm. Er hatte sich drohend, mit einem wütenden Blick zu mir umgedreht. Ich sah ihn genauso sauer an. "Doch, genau das werde ich tun", zischte ich zurück. "Das wagst du nicht", kam es bedrohlich von ihm. Ich wurde immer wütender. "Und wie ich das wage." Damit drehte ich mich um und verließ das Wohnzimmer. 

Ich war gerade unglaublich sauer auf ihn. Wie konnte man nur so wenig Verständnis zeigen? Wie konnte man so wenig Rücksicht nehmen? Wie könnte man so ignorant sein? Und wie um alles in der Welt bin ich mit jemandem zusammen gekommen, der nicht Mal im Ansatz auf meine Bedürfnisse eingeht? Ich hatte eigentlich nur ein Thema angebracht, aber er hatte direkt auf Durchzug geschaltet. Er hatte mich nicht Mal ausreden lassen. Er war unglaublich abweisend und ignorant geworden in den letzten zehn Minuten. Warum hatte ich von diesen Charaktereigenschaften vorher noch nichts mitbekommen? Ich war an der Tür angekommen. Ich hatte sie bereits geöffnet, zögerte jedoch nochmal. "Wenn du jetzt gehst, dann war es das", hörte ich Marco sauer aus dem Wohnzimmer schreien. Trotzig ging ich durch die Tür und schlug sie extra laut zu. Möglicherweise hatte ich unsere Beziehung damit beendet, aber das hatte er eben auch mehr oder weniger getan. 

Ich lief die Auffahrt runter und stieg in mein Auto. Wütend wie ich war, fuhr ich viel zu schnell los und wurde auch nicht unbedingt langsamer. Ich war mir relativ sicher, dass eine oder andere Mal über rot gefahren zu sein und ich wurde bestimmt auch geblitzt. Das war mir gerade aber herzlich egal. Ich musste mich jetzt einfach ab reagieren und dafür war der Berufsverkehr der Pariser Innenstadt definitiv nicht gemacht. Als ich endlich am Trainingsgelände angekommen war, holte ich mir, ohne große Umschweife, Gewichte und ging mit diesen in den Kraftraum. Ich musste mich jetzt einfach auspowern. Sonst würde ich wahrscheinlich irgendwen oder irgendwas schlagen und das wollte ich eigentlich verhindern. 

Ich fing an ein Gewicht nach dem anderen zu stemmen. Ich war schon längst über meiner normalen Zeit, die ich mir für die einzelnen Übungen nahm. Ich hatte auch schon wesentlich mehr Gewicht auf der Stange, welche ich seit geraumer Zeit stemmte, als normal. Wahrscheinlich würde ich gleich völlig fertig sein, aber das war mir gerade sowas von egal. Irgendwann beschloss ich, dass ich genug Gewichte gestemmt hatte und ging immer noch relativ wütend auf den Platz. Dort begann ich eine Runde nach der anderen zu laufen. Ich lief mich in einen Trab rein, sodass ich nicht merkte, wie es immer später wurde. Ich merkte nicht, wie es dunkel wurde. Ich merkte nicht, wie sehr meine Muskeln schmerzten und jede Bewegung verhindern wollten. Ich merkte nicht, wie erschöpft ich war, wie müde meine Muskeln waren. Ich lief einfach immer weiter. Mein Kopf war leer. Ich dachte über absolut nichts nach. Ich lief einfach nur eine Runde nach der anderen. Ich konnte alles ausblenden, meine Wut auf Marco und sein Unverständnis, den Fakt, dass ich nicht wusste, ob wir noch zusammen waren. Einfach alles. 

Schließlich beendete ich meine, zugegebenermaßen etwas lange, Laufeinheit. Ich ging zurück in den Kraftraum und legte mich auf eine der Hantelbänke. Meine Beine protestierten bei jedem noch so kleinem Schritt, jeder Bewegung. Ich legte meine Finger um die Stange und begann sie anzuheben. Meine Arme zitterten. Ich drücke die durch und stemmte die Stange mit den Gewichten so in die Höhe. Ich zwang meine Arme dazu, die Stange langsam runter zu lassen. Ich wollte den Schmerz fühlen, welcher sich bereits in allen meinen Muskelregionen ausgebreitet hatte. Anstatt die Stange in die Halterung zu legen und meinen Armen so ein kurze Pause zu gönnen, ließ ich die Stange weiter runter. Ich hielt sie ein paar Zentimeter über meiner Brust fest und drückte sie dann wieder hoch. 

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