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Fibis POV

Gott warum hatte er mich erwischen müssen. Das war mir so unglaublich peinlich.
Irgendetwas in mir sagte, dass ihm bewusst war, von was ich fantasiert hatte.

Es reichte ja nicht, dass er sich in meiner Traumwelt eingenistet hatte, jetzt ertrug ich schon seit zwei Tagen das Getuschel von einigen Mitstudenten. Wer ich war oder wie ich hieß war uninteressant. Ich war nur "das Mädchen was bei dem Morin nicht aufgepasst hatte".
Zum Glück wussten nicht alle die über mich redeten, wie ich aussah.
So senkte ich den Kopf noch tiefer als sonst und vergrub mich in meinem Oversice Pulli.

Heute war Donnerstag und nachdem ich die Kantine zur Mittagspause gemieden und mir nur ein Sandwich am Automaten gezogen hatte, musste ich noch meine letzten zwei Stunden in Wirtschaft absitzen.
Ich war unglaublich müde, denn nach seinem Rüffel hatte ich das Gefühl schlecht zu sein. Und da ich eh nicht gescheit schlafen konnte, hatte ich mich ins Lernen gestürzt.
Meinen Schlafmangel glich ich mit Kaffee und Cola aus, welche ich ebenfalls aus den Automaten in rauen Mengen bezog.
Das Koffein zeigte zwar seine Wirkung, machte mich aber auch zittrig und schreckhaft. Ständig ließ ich irgendetwas fallen oder stieß etwas um. Das wiederum half nicht gerade mich zu verstecken.

Cassie hatte mich darauf angesprochen, dass ich nicht gut aussah. Sie war meine einzige Freundin die ich hier hatte.
Ich hatte sie in der ersten Woche kennengelernt, aber leider hatten wir nur einen Kurs zusammen. Sie hatte ein etwas aufbrausenderes Gemüt, mit dem nicht jeder gut zurecht kam. Aber ich mochte ihre direkte Art.
Was ich ihr jedoch sagen sollte, wusste ich auch nicht so genau.
"Mein Wirtschaftsdozent, ja genau Jules Morin, geht mir nicht aus dem Kopf."!?! - wohl eher nicht.
Also sagte ich ihr, dass ich zur Zeit nur nicht gut schlief. Was ja auch irgendwie stimmte und nicht gelogen war.

Im Vorlesungssaal angekommen zog ich den Kragen von meinem Pullover so weit es ging nach oben und sank so tief es ging in meinen Sitz, nur mit Stift und Block vor mir und hoffte einfach unterzugehen und wie sonst auch von niemandem bemerkt zu werden.
Ja, ich hatte durchaus mit dem Gedanken gespielt, die Stunden sausen zu lassen. Aber das konnte ich nach Morins Worten wohl schlecht bringen und gleichzeitig war da noch ein Teil in mir, den ich ständig versuchte zu ignorieren, der ihn unbedingt sehen wollte.

Eigentlich hätte ich auf irgendeine Art und Weise sauer auf ihn sein sollen, dass ich nur seinetwegen Gesprächsthema war und so.
Aber war ich nicht.
Schließlich war ich ja selbst Schuld. Ich hatte nicht aufgepasst.
Nur gut, dass niemand wusste, warum genau ich so abgelenkt gewesen war.

So saß ich nun da und hoffte, dass die Folter so schnell wie möglich vorüber ging, ohne weitere Schäden zu erleiden.

Ein paar schräge Blicke von den Tussis aus der ersten Reihe erntete ich dennoch.
Als er den Raum betrat, lag aber alle Aufmerksamkeit nur noch auf ihm.
Ich hielt so weit es ging meinen Blick auf die Tafel und die ausgedruckten Präsentationsbögen, die am Anfang der Stunde die Runde gemacht hatten. Doch dann und wann huschte mein Blick zu ihm.
Es war ja auch eine Schande ihn nicht anzusehen.
Aber irgendetwas an ihm schien heute anders. Er war steifer als sonst, noch formeller. Er war für seine Professionalität bekannt, aber das heutige Verhalten hatte damit nichts zu tun. Auch seine Stimme war irgendwie kälter und abwesend. Normalerweise hörte man ihm die Begeisterung über die Themen an, aber heute war davon wenig zu bemerken.

Es sollte mir egal sein und ich sollte mir darüber keine Gedanken machen. Schließlich nicht mein Bier. Ich sollte froh über jede Minute sein, die er mich ignorierte und nicht für neuen Gesprächsstoff sorgte.

Tatsächlich vergingen die beiden Stunden ohne weitere Vorkommnisse und ich war froh, endlich aus dem Raum zu kommen.

Ich war eine der letzten, die die wenigen Stufen im Treppenhaus nach unten nahmen, da ich es nicht leiden konnte, in der Menge hin und her geworfen zu werden. Müde trippelte ich die Stunden hinab und wollte gerade um die Ecke biegen, als ich mit meiner Umhängetasche am Knauf des Geländes hängen blieb und wieder nach hinten gezogen wurde. Natürlich ließ ich es mir dabei nicht nehmen gegen ein Mädel zu prallen, welches mich mit den Worten
"Pass doch auf du Schlampe"
von sich schob.
Weiterhin klischeehaft entleerte sich natürlich auch noch meine Tasche zum Teil und keiner der noch Anwesenden hielt es für nötig, mir zu helfen.
Na vielen Dank auch.
Ich merkte, wie meine Augen leicht wässrig wurden, aber ich drängte es sofort zurück. Das war nun wirklich kein Grund zu weinen. Daran war nur meine Übermüdung und Ungeschicklichkeit schuld.

Mit hängenden Schultern ging ich in die Knie und sammelte die Bücher und meine Federmappe, sowie meinen Schirm ein. Gerade ging ich auf alle Viere um mich nach meiner Colaflasche zu strecken, die davon gerollt war, als sich ein großer blankgeputzter schwarzer Oxford Schuh auf eben diese stellte.

Mein Blick glitt an einem mir nur zu bekannten dunkelblauen Business Anzug nach oben in das dazugehörige sexy Gesicht mit drei-Tage-Bart und dunkelbraunen Augen, die mich fixierten.

Just One More Night StandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt