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Letztendlich schaffte ich es dann doch noch irgendwie ihren Fehler zu finden. Es war ein simpler Übertragungsfehler gewesen.
Miss York schien das unangenehm zu sein.

"Danke."
meinte sie, während sie ihn korrigierte.

"Wettschulden sind doch Ehrenschulden oder etwa nicht?",
fragte ich sie und sie grinste mich dafür an.

Im gleichen Atemzug fragte ich mich, ob das wohl alle so sahen. Oder genauer: ob die Bubis von vorhin, die von ihr verarscht wurden, es so sahen.

Unschlüssig stand Miss York vor mir und meinte, nun wieder etwas verlegener:
"Ich will nicht unhöflich sein, danke für das Spiel, aber ich möchte jetzt nach Hause. Ich hab morgen früh Unterricht."

Sie sah niedlich aus wie sie so da stand und ich versank in ihren besonderen Augen.

"Äh ja natürlich",
gab ich somit etwas neben mir stehend von mir.
"Ich hatte auch vor zu gehen, ich begleite sie noch zur Tür."

Leon und Cassy hatten kein Interesse ebenfalls schon zu gehen und im Gegensatz zu Miss York und mir tranken die beiden mittlerweile auch ordentlich. Mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit wusste ich, wie der Abend für die beiden enden würde.

Ich öffnete Miss York die Tür und ließ sie in die kühle Nachtluft treten. Es war arschkalt und ich ärgerte mich nicht mit dem Auto gefahren und nun auf den ÖPNV angewiesen zu sein.

"Na dann...",
meine Miss York und stieß beim Sprechen kleine Wolken aus.

Mir wiederstrebte es sie jetzt im Dunkeln so spät allein irgendwohin hingehen zu lassen.

"Wo wohnen sie Miss York?"

Mit geröteten Wangen winkte sie ab.

"Nicht weit von hier."

"Dann begleite ich sie.",
legte ich fest.

"Das ist wirklich nicht nötig.",
versuchte sie wiederum abzuwiegeln.

"Sie haben vorhin vier Proleten abgezogen, die darüber alles andere als froh sein sollten. Es ist dunkel, es ist kalt und einsam. Ich werde sie mit Sicherheit nicht alleine gehen lassen.",
stellte ich klar, mit einer Stimme, die keinen Widerspruch duldete.

"Nach rechts oder links?",
fragte ich und sie setzte sich in Bewegung.

"Na hoffentlich sieht uns keiner.",
murmelte sie so leise, dass ich mir sicher war, dass es nicht für mich bestimmt war.

"Wieso? Ich hab gedacht ich bin attraktiv.",
fobbte ich sie.

Sie wurde rot.

"Ich habe nichts gegenteiliges behauptet, aber ich habe kein Interesse Klatschthema Nummer Eins zu sein. Es reicht, wenn sie das alleine sind."

"Ach bin ich das?"

Sie schnaubte.

"Als ob sie das nicht wüssten."

Damit hatte sie Recht. Mir kam da so einiges zu Ohren, das meiste war aber frei erfunden.

"Wie bei den meisten Dingen, Miss York, stimmt davon nicht einmal die Hälfte."

Gespielt schockiert griff sie sich ans Herz.

"Das heißt, dass sie noch nicht die Hälfte des Wirtschaftskurs gevögelt haben, über dreißig sind und keine drei Katzen zu Hause haben?"

"Ich bin unter dreißig, habe ihnen schon einmal gesagt, dass ich nicht mit Studentinnen schlafe und nein - um das klar zu stellen - schwul bin ich auch nicht und es sind keine drei Katzen, sondern nur ein Kater. Struppi."

Sie lachte vergnügt auf.

"Struppi?"

"Ja Struppi. Was dagegen?"

"Nein, gar nicht, ich mag alle Tiere, auch Katzen die typische Hundenamen haben."

"Wenn sie ihn sehen würden, würden sie verstehen, warum er Struppi heißt."

Ich kramte in meiner Manteltasche nach meinem Handy und entsperrte es um ihr ein Bild von Struppi zu zeigen.

Als sie es sah lachte sie wieder auf und wie schon so oft an dem Abend dachte ich, dass dieses unglaubliche Geräusch zu ihren Augen passte. Nie hatte ich darüber nachgedacht ob es soetwas gibt, aber bei ihr war es so: ihr Lachen passte zu ihren Augen.

Wir bogen in eine Straße mit ziemlich hohen Häusern ein. Die Gegend... ging so. Es war nicht die schlechteste, aber auch nicht die beste. Viele Studenten lebten hier.

Aber ich wollte sie immer noch nicht verabschieden, also öffnete ich ihr die Haustür, die nicht verschlossen war.

Ich brummte unzufrieden.

"Was ist?",
fragte sie und blieb am Aufgang des Treppenhauses stehen.

"Es wäre besser, wenn die Tür verschlossen wäre. So kann ja jeder hier einfach rein."

"Zum Beispiel Wirtschaftsprofessoren?"

Gut, dass sie mich daran erinnerte. Das durfte ich nicht vergessen.

"Gerade Wirtschaftsprofessoren.",
gab ich trotzdem schelmisch zurück und entlockte ihr damit wieder ein Lachen.

"Ich bringe sie noch zur Tür, keine Angst: das ist kein Trick um in ihre Wohnung zu kommen, ich habe nur keine Lust morgen früh zu erfahren, dass sich ein Eindringling an ihnen im Treppenhaus vergangen hat."

"Welcher Eindringling, der Wirtschaftsprofessor?"

"Der definitiv nicht. Der hat mehr Taktgefühl."

Miss York murmelte irgendetwas was sich ziemlich ähnlich wie ein 'Leider' angehört hatte.

Aber sie war nun einmal eine Studentin und würde hoffentlich bald für mich arbeiten. Dann hätte ich sie wenigstens so in meiner Nähe. Denn das war es, was ich wollte, wurde mir klar, nachdem ich sie verabschiedet hatte. Ihre Nähe.
Der Abschied fiel mir nämlich alles andere als leicht und ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, nicht darüber nachgedacht zu haben, sie einfach zu packen und sie gegen ihre Tür gepresst zu nehmen.

Just One More Night StandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt