Kapitel 2

613 30 23
                                    

Mark's POV


Er vernahm ein gleichmäßiges, ziemlich hohes Piepen, das langsam in sein Bewusstsein drang. Das Atmen tat weh und er hörte sich Stöhnen. Stimmen drangen an sein Ohr, sprachen wirr durcheinander. Er versuchte, die Worte zu verstehen, sich darauf zu konzentrieren, doch das erwies sich als unmöglich. Allerdings glaubte er eine Stimme herauszuhören. War das nicht Hannes? Was machte er hier?

Hier... Wo war hier überhaupt?

Langsam öffnete er die Augen, blinzelte, weil es so gleißend hell war und er sofort Kopfschmerzen verspürte. Dennoch wollte er endlich wissen, wer und was hier war. Doch es dauerte noch eine ganze Weile, bis seine Augen offen blieben und er wirklich etwas sehen konnte.

"Hallo Mark." Diese Stimme würde er unter Tausenden erkennen, so markant und kraftvoll, so außergewöhnlich klang sie. Johannes Strate lächelte ihn an und fuhr ihm sanft mit der Hand über seine Wange. "Gott sei Dank." Er wirkte müde und angespannt, das konnte Mark trotz des freundlichen Gesichtsausdruckes sehen. Was war los mit ihm?

"Hannes." Seine Stimme gehorchte ihm nicht, klang rau und heiser. "Was ist mit dir?"

Der Angesprochene lachte kurz auf. "Du bist endlich wach, das ist gut."

Wach? Ja, er hatte geschlafen, lag in einem Bett. Er versuchte, sich umzusehen, doch ausser, dass er in einem hellen Zimmer lag, konnte er nichts erkennen, da ohne Brille alles unscharf war.

"Wo sind wir hier?" Es kam ihm nicht bekannt vor. Nur das ernste Gesicht von Johannes erfreute ihn. Es war schön, ihn zu sehen. Aber warum schien er so traurig?

Hannes drückte seine Hand. "Du bist im Krankenhaus." sprach er leise. "Du...Ihr hattet einen Unfall." Er strich mit dem Daumen über seinen Handrücken und sah nach unten.

Aha...Mark versuchte, in seinem Kopf etwas zu finden, was zu den Worten von seinem Freund passen könnte. Warum war er im Krankenhaus? Was für ein Unfall? Er konnte sich an keine Situation erinnern, die in irgendeiner Form gefährlich gewesen wäre. Er war nach Hamburg gefahren, um seine Freunde von Majo Majo zu treffen. Allein. Nein, Max war dazugestoßen. Und ja...da war was. Aber kein Unfall. Sie waren in seinem Auto gefahren und redeten über...Lena. Es hatte sich allerdings irgendwie mehr wie ein Streit angefühlt, als ein Gespräch. Er und...Max!

Schlagartig wurde ihm schlecht. "Ist was mit Max?" Es war nur ein Hauchen, mehr brachte er nicht zustande. Sein Herz klopfte bis zum Hals, er musste zu ihm, musste sehen, dass es ihm gut ging. Verzweifelt versuchte er sich aufzurichten, was unter den Schmerzen im Brustkorb kaum möglich war. Doch drückte ihn Johannes wieder sachte zurück in die Kissen.

"Beruhig' dich. Du darfst dich nicht aufregen." Johannes' Hände blieben an seinen Armen liegen und er schluckte schwer. "Es wird alles gut."

Warum sprach er nicht? Warum erlöste er ihn nicht endlich und sagte ihm, dass es Max gut ginge?

"Hannes, sprich mit mir..." Er fühlte, wie sein Körper anfing zu zittern, hatte Angst vor den Worten, aber er musste sie hören, er brauchte Klarheit.

Die Tür wurde aufgestoßen und ein Mann trat ein, gefolgt von einer kleineren Frau, beide in Weiß gekleidet.

"Das ist schön, dass Sie aufgewacht sind, Herr Cwiertnia." Er bedeutete Johannes auf die Seite zu gehen und beugte sich zu ihm hinunter. "Wie fühlen Sie sich?"

Während Mark nur nicken konnte, da ihm die Gedanken an Max nicht los ließen, schob der Arzt, welcher er wohl war, seine Bettdecke und das Krankenhaushemd, das er trug, beiseite. Er tastete ihn entlang eines Verbandes ab, der quer unter seinem rechten Rippenbogen geklebt war, und schien zufrieden. Kurz hörte er ihn ab, während er tief atmen sollte, was mit den Schmerzen eher schlecht gelang, deckte ihn dann wieder zu.

"Sie haben sehr viel Glück gehabt." wandte er sich ihm zu. "Wir mussten Sie notoperieren. Ein gebrochener Rippenbogen hatte zu schweren inneren Blutungen geführt und wir waren nicht sicher, ob Sie es überleben. Aber Sie sind zäh. Das ist gut." Er stellte an dem Rädchen einer Infusion herum, von der Mark erst jetzt registrierte, dass er auch an zwei Beutel hing, und wollte gehen, doch Mark hielt ihn am Ärmel zurück.

"Was ist mit Max...Max Giesinger?"

Der Arzt drehte sich noch einmal um, kam zurück an sein Bett, sah ihn freundlich lächelnd an. "Sie wissen, dass ich Ihnen keine Informationen geben darf. Schweigepflicht. Aber ich kann Ihnen sagen, dass seine Mutter da ist. Vielleicht können Sie mit ihr Kontakt aufnehmen." Er tätschelte ihn am Arm, wurde dann aber ernst. "Die Herren von der Polizei wollen ebenso benachrichtigt werden, wenn Sie vernehmungsfähig sind. Die sollen noch ein wenig Geduld haben. Jetzt werden Sie erstmal wieder richtig wach und morgen sehen wir weiter." Er sah zu Johannes. "Sie können bleiben, wenn Sie wollen. Melden Sie sich bitte, sollte sich irgendetwas verändern." Damit ging er endgültig hinaus, gefolgt von der kleinen Schwester.

Max war hier, was bedeutete, dass er lebte.

Erleichtert sah er zu Johannes, der wieder an sein Bett trat und seine Hand nahm. "Wir haben so Angst gehabt. Um dich." murmelte er, lächelte dabei. "Du bist wirklich zäh." Wieder strich er über seinen Handrücken. "Ich werde nachher allen von der freudigen Nachricht berichten. Sie waren alle da bei dir. Wir haben uns abgewechselt. Daniel ist auch in Hamburg, der schläft gerade bei mir."

Mark war überrascht. Wie lange er wohl schon im Krankenhaus war? Doch Hannes kam ihm mit seiner Antwort zuvor. "Du hast fast eine Woche geschlafen, warst bis vor zwei Tagen noch auf der Intensivstation. Es tut so gut, dich wiederzuhaben."

Mark lächelte, fühlte sich glücklich bezüglich der Liebe, die ihm von seinen Nächsten entgegengebracht wurde, auch, wenn ihm diese Art der Nähe eigentlich unangenehm war.

"Schön, dass du da bist." Mehr konnte er nicht sagen, aber er war sich sicher, dass Hannes wusste, wie er es meinte. Aber jetzt brauchte er doch Gewissheit. "Sagst du mir nun, wie es Max geht?"

Die Kreise, die Johannes mit dem Daumen über seinen Handrücken zog, wurden stärker. Tief atmete er durch ehe er anfing. "Er hat etliche Brüche." Seine sonst so kräftige Stimme klang leise. "Der LKW ist direkt auf seine Seite..." Er sah Mark zögernd an. "Er liegt im Koma."


FateWo Geschichten leben. Entdecke jetzt