Kapitel 15

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Johannes' POV



Esteban war wieder zurück in sein Hotel gefahren, während Natalie und er das Abendessen zubereiteten. Bei jedem Handgriff ließ sie ihn jedoch spüren, wie verärgert sie immer noch war.

"Muss ich jetzt Angst haben, dass du mich erdolchst? Oder kommst du mal wieder runter." meinte Hannes zu ihr, als sie wieder einmal mit dem Messer in der Hand herumfuchtelte, mit welchem sie eigentlich Karotten stifteln wollte.

"Es war einfach Scheiße von euch. Und jetzt geht's ihm schlecht." Wie die letzte Stunde auch sah sie immer wieder zu Mark hinüber, der auf dem Sofa lag und schlief.

Johannes konnte sie ja verstehen, da mit dem Gespräch auch das letzte bisschen Entspannung aus seinem Gesicht gewichen war, an welchem er sich noch auf ihrem Ausflug erfreut hatte. Nun wirkte er trotz Schlaf sehr erschöpft und auch krank.

"Esteban will auch nur das Beste für ihn. Natürlich ist es zu früh, eigentlich wäre er noch im Krankenhaus und nicht hier. Aber die Zeit drängt auch, wenn irgendwas von dem, was er sich dieses Jahr vorgenommen hat, auch stattfinden soll." versuchte er das Gespräch von vorhin zu verteidigen.

Natalie sah ihn ungläubig an. "Das sagst gerade du! Die ganze Zeit hälst du Händchen mit ihm, damit ihm ja nichts passiert und dann drückst du ihm mit eine rein, als hätte das nicht auch noch in zwei Tagen gereicht." Sie machte eine Pause, drehte sich wieder zu der Arbeitsplatte und schnippelte weiter. "Ich bin nicht blind."

Hannes verstand nicht. "Was willst du damit sagen?" Er kochte gerade Kartoffeln ab.

"Nichts." murmelte Nati, hackte jedoch auf den Karotten herum, als würde sie diese an seiner Statt ermorden wollen.

"Jetzt tu nicht so, raus damit. Warum motzt du mich so an? Und was meinst du mit 'ich bin nicht blind'?" Hannes stand nun hinter ihr und er spürte, dass ihr das unangenehm war. Doch er wollte wissen, warum sie plötzlich so zickig ihm gegenüber war.

"Deine Kartoffeln..." fing Natalie an, doch Hannes unterbrach sie. "...kochen auch, ohne dass ich sie anstarre." Er verschränkte die Arme. "Also, ich höre."

"Es ist nichts." Sie drehte sich nun doch zu ihm um, immer noch mit dem Messer in der Hand.

Hannes nahm es ihr ab, legte es auf die Arbeitsplatte. "Ich hab Angst vor dir, wenn du das in der Hand hast." Er sah zu ihr runter. "Und? Sagst du jetzt was los ist?"

"Ach." Sie sah nach unten. "Es geht mich ja auch nichts an."

Hannes musste lachen. "Du kannst dich versuchen herauszuwinden, wie du willst, aus der Geschichte kommst du nicht mehr raus. Also, ich warte immer noch."

"Mann, Nitti hat halt so nen Spruch gelassen, aus Spaß. Und ich weiß halt nicht, ob es wirklich Spaß ist. Ich will dir auch bestimmt nichts unterstellen." Natalie wand sich wie ein Aal. So niedlich Hannes das auch fand, er wollte, dass sie endlich zur Sache kam.

"Ok, also frage ich jetzt 'was für einen Spruch hat er denn gelassen'. Du siehst, ich spiele mit."

"Mann, er hat mir halt erzählt, wie du Mark beigebracht hattest, dass du ihn mit hierher nimmst, und...halt...man, dass du halt seine...ach, Mensch...seine...Hand gehalten hast...als hättest du ihm...man, als hättest du ihm...nen Antrag machen wollen."

Hannes musste lachen und irgendwie stimmte es ja, dass er Mark's Hand gehalten hatte. Eigentlich immer, wenn sie im Krankenhaus waren, wenn er so nachdachte. Aber sie waren Freunde. Und es war eine schlimme Zeit mit ungewissem Ausgang gewesen.

"Also, wenn's dich beruhigt, ich habe ihm keinen Antrag gemacht." Immer noch musste er schmunzeln.

Nati sah hoch zu ihm. "Aber du magst ihn?" Sie legte ihren Kopf schief und Hannes runzelte die Stirn. "Natürlich mag ich ihn, sehr sogar. Er ist ein Freund." Hannes wusste, worauf sie hinaus wollte, aber das war ja Unsinn, also setzte er ein "Du weißt, dass Anna meine Freundin ist und Emil mein Sohn?" hinterher.

Sie wandte sich wieder um und ihren Karotten zu, murmelte nur ein "Das heißt gar nichts." und das Gespräch war für sie beendet.

Doch für Hannes ergab das alles immer noch keinen Sinn. "Und deswegen bist du so sauer auf mich?"

Natalie drehte sich wieder um, ihr Gesichtsausdruck war diesmal jedoch sehr ernst. "Mark vertraut dir. Im Moment mehr als jedem Anderen. Ich will nicht, dass du ihm weh tust...weil da vielleicht doch mehr Gefühle mitspielen."

Damit wandte sie sich endgültig um.

Natürlich waren Mark und er sich nah gekommen und er hatte es beim Ausflug auch genossen, diesen guten Freund im Arm zu halten, ihm Sicherheit und vielleicht auch Geborgenheit zu geben. Wie Natalie nur darauf kam, dass da mehr sein könnte? Nur wegen einem Spruch von Nitti? Hannes musste innerlich mit dem Kopf schütteln.

Er beschloss, es so stehen zu lassen, ging zu seinen Kartoffeln, die nun fertig gegart waren, begann nach dem Abseihen mit dem Pellen. Ohne ein Wort miteinander zu wechseln, bereiteten sie gemeinsam den Auflauf zu, den Hannes nach einer guten halben Stunde in den Ofen schob.

Als die Küche aufgeräumt war, hörten sie einen Schlüssel drehen und Nitti kam zurück. Von Jacke und Schuhen befreit trat er in die große Wohnküche und zu ihnen, allerdings nicht, bevor er einen kritischen Blick auf Mark geworfen hatte.

"Er sieht gar nicht gut aus." murmelte er und zu ihnen: "Hab noch mit Kim telefoniert. Eigentlich wollten wir ja in Thailand das Video für die neue Single drehen, müssen wir ja auch verschieben. Aber er kann seine Termine so umstellen, dass wir auch spontan fliegen könnten."

Es war gut, wie Daniel versuchte, Mark's Angelegenheiten im Hintergrund zu regeln, nichts zu vergessen. Gerne tauschte Hannes sich mit ihm darüber aus.

Dabei sah er auch wieder zu Mark. Irgendwie bekam er nun doch ein mulmiges Gefühl, weil er so arg angeschlagen wirkte. Also ging er zu ihm hin und setzte sich an die Seite, doch dieser bemerkte ihn überhaupt nicht. Ein leichter Schweißfilm hatte sich auf seinem Gesicht gebildet, jedoch sah er mit den leicht roten Wangen nicht ganz so blass aus.

Er strich ihm sachte über den nackten Arm und erschrak. Dieser strahlte eine extreme Wärme aus. Schnell griff er ihm an die Stirn, was seine Befürchtung bestätigte. Er glühte, musste hohes Fieber haben.

"Was ist mit ihm?" Natalie stand schon bei ihm und starrte ihn an. Auch Nitti war dazugekommen.

Als hätte Mark gespürt, dass sie bei ihm waren, öffnete er seine Augen und sah sie mit glasigem Blick verwirrt an. "Ist etwas passiert?"

Hannes schüttelte den Kopf, musste seine aufkommende Angst runterschlucken. Er strich ihm über seine Hand. "Du hast Fieber, ich muss den Doc holen."


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