Kapitel 39

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Johannes' POV


Hannes konnte das Bild nicht vergessen.

Normalerweise war es nichts Besonderes, doch dieses Mal störte es ihn. Sehr sogar. Was hatten sie miteinander gesprochen, dass sie sich so umarmen mussten? So eng und so lang. Nachdem Mark ihn beim Starren ertappt hatte, mied er den Kontakt, wollte darüber nicht sprechen und eigentlich auch nicht nachdenken.

Nun bereitete Anna mit Nati das Abendessen zu, während Nitti in seinem Zimmer war, genauso wie Emil, und er selber am Esstisch saß und so tat, als würde er etwas Wichtiges am Handy schreiben. Dabei beobachtete er Mark, dem immer wieder die Augen zufielen, der aber wohl nicht schlafen wollte, und Anna, die seit der Umarmung mit Mark so ein Lächeln auf den Lippen trug. Die Art von Lächeln, welches er selber seit dem Kuss mit Mark nicht mehr auf ihr Gesicht zaubern konnte. Und das gefiel ihm nicht.

Natürlich könnte er sie einfach fragen, doch etwas hielt ihn davon ab. Ob es richtig war oder nicht, wusste er nicht. Und das machte ihn nervös.

Anna griff ihm um die Schulter. "Was treibst du so Interessantes?" Schnell drehte er das Handy und sah sie an, versuchte in ihren Augen zu lesen. "Hab nur mit den Jungs geschrieben wegen der Tour." antwortete er. Er lügte sie nie an. Nie. Warum jetzt? Sein Blick fuhr über ihr Gesicht, blieb an den Augen hängen. Sie waren warm und aufmerksam. Nichts deutete darauf hin, dass etwas anders war...nur dieses Lächeln. Warum lächelte sie so nach einer Umarmung mit Mark? Sie küsste ihn auf sein Haar und ging wieder zu Nati.

Was war nur mit ihm los?

Seinen Blick riss er von ihr weg und sah wieder zu Mark, der nun wohl doch eingeschlafen war. Dessen Kopf hing etwas seitlich und der Arm herab. Er sollte sich endlich erholen. Moment. Hannes stutzte. Sah er da Schweißperlen auf der Stirn? Sofort ärgerte er sich wegen seiner Gedanken und lief zum Sofa, fasste Mark an die Stirn. Dieser öffnete die Augen und blickte ihn verwirrt an. "Ist was passiert?" nuschelte er verschlafen. Hannes beruhigte sich im selben Augenblick, da er keine Anzeichen von Fieber fand. "Tut mir leid." murmelte er nur. Nun stand auch Anna bei ihm. "Was ist los mit ihm? Geht's ihm schlecht?" fragte sie ihm eine Spur zu ängstlich. Mark sah sie fragend an und schüttelte den Kopf. "Mir geht's gut."

Anna musste nun lachen und setzte sich zu Mark an's Sofa. "Dann schlaf'nur schön weiter, das wird dir gut tun." Doch der dachte wohl nicht mehr daran, meinte nur "Bin eigentlich nicht mehr müde." und wollte sich aufrichten, doch Anna drückte ihn sanft wieder zurück auf die Kissen. "Nix da. Augen zu und schlafen. Wir sagen dir bescheid, wenn das Essen fertig ist." Dieser seufzte, lachte kurz auf und schüttelte den Kopf. "Ihr seid unmöglich."

Hannes stand nur daneben und beobachtete die Szene. Wieso waren sie sich plötzlich so nah? Anna sah zu ihm hoch und erhob sich. Wieder erhellte dieses Lächeln ihr Gesicht und das machte ihn unruhig. Auch Mark schmunzelte, als er ihr hinterher sah, wie sie wieder zu Nati ging und sich noch einmal kurz zu ihnen umwandte. "Tolle Frau." kam von ihm und riss Hannes aus seinen Gedanken.

Er murmelte ein "Ja.", musste aber hier raus, kurz durchatmen, zur Ruhe kommen. Was war hier los? Und was war mit ihm los?

Als er im Gang stand, war er nun doch unschlüssig. Sollte er nach draußen gehen, etwas spazieren gehen? Hier zu bleiben war momentan eigentlich keine Option. Wo sollte er auch hin? Jedes Zimmer war belegt, und in seinem Schlafzimmer könnte jederzeit Anna hereinkommen. Und er musste definitiv alleine sein...und denken.

Plötzlich spürte er eine Hand auf seiner Schulter und drehte sich erschrocken um. "Was ist mit dir, Hannes?" Er sah in das betrübte Gesicht von Mark, der sofort einen Schritt zurückwich, als sein Blick ihn traf. "Was ist passiert?" Seine Stimme war zaghaft und vorsichtig, fast, als hätte er Angst, etwas falsches zu sagen. "Willst du mit mir reden?"

Hannes musste schlucken. Musterte ihn wieder. Sie waren sich die Tage nah gekommen, sehr nah. Und trotzdem...eigentlich wollte er nicht mit ihm sprechen. Nicht darüber. Also schüttelte er den Kopf und wollte sich wieder der Eingangstür zuwenden, als er am Arm festgehalten wurde. "Lauf nicht davon, Hannes."

Wieder drehte er den Kopf zu seinem Freund. Er konnte Unsicherheit erkennen, aber auch diese tiefe Verbundenheit, die zwischen ihnen herrschte. Ihm kam ein Gedanke. Aber war das in Ordnung? Konnte er das tun, ohne, dass irgendwas zerstört wurde? Er wandte sich ihm nun vollends zu und senkte den Kopf.

Als er wieder nach oben sah, lächelte Mark ihn liebevoll an. Das war die Entscheidung. Er musste es tun.

Er räusperte sich, hatte einen dicken Kloß im Hals. "Darf ich dich küssen?" Er hatte kaum einen Ton herausgebracht, hatte immenses Herzklopfen, allerdings konnte er an Mark's überraschtem Blick erkennen, dass dieser ihn verstanden hatte. Schon wollte Hannes doch aus der Wohnung rennen, da nach dieser Frage eine unangenehme Stille entstanden war, doch das "Joa, ok." von Mark löste diese Spannung wieder.

Unsicher sahen sie sich an und Mark biss sich auf die Lippe, allerdings zog ein leichtes Grinsen über sein Gesicht. Hannes verfluchte die Frage nun doch irgendwie, doch etwas in ihm wollte das genau jetzt. Also machte er einen Schritt auf seinen Freund zu, lächelte nun auch und fuhr mit einer Hand zärtlich die Wange des anderen nach. Mark bewegte sich nicht vom Fleck, neigte seinen Kopf etwas zur Seite. Zaghaft kam Hannes ihm nun immer näher, schon spürte er den warmen Atem auf seiner Haut.

Mit geschlossenen Augen suchte er mit seinen Lippen die von Mark und sachte trafen sie aufeinander, bewegten sich leicht und schmiegten sich an. Der Bart kitzelte und seine Erinnerung hatte ihn nicht getrogen. Mark's Lippen waren so unsagbar weich und zart.

Als sie sich wieder voneinander lösten sahen sie sich an und mussten lachen. Sofort nahm Hannes seinen Freund in den Arm, war ihm so dankbar dafür. Sein ganzer Druck fiel von ihm ab, und er war nur noch glücklich.

Er wollte gerade mit Mark wieder zurück in die Wohnstube gehen, als er sie im Türrahmen stehen sah. Mit traurigem Blick lief sie schnell an ihnen vorbei, öffnete eine Tür und knallte diese hinter sich wieder ins Schloss.

Mark hatte sich schneller aus der Schockstarre gelöst, murmelte ein "Geh' ihr hinterher!" und schob ihn auch schon in Richtung seines Schlafzimmers. Mit zitternden Händen drückte Hannes die Tür auf und sah Anna neben einem geöffneten Koffer schnell Kleidungsstücke aus dem Schrank hineinwerfen.

"Was machst du da?" hauchte er entsetzt.

Mit tränenverhangenen Augen sah sie ihn an. "Nach was sieht das aus? Ich verlasse dich."


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