Kapitel 17

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Wo eine Träne ist,da sind auch mehr.Sie laufen meine Wangen hinab und tropfen sachte auf den kalten Boden.Eine nasse Linie zieht sich über mein Gesicht.

Dann höre ich ihn.Sein lautes Trampeln hat ihn verraten.Mit  halb zugekniffenen Augen schaue ich ihm entgegen.Sein Messer blitzt auf,als die Sonnenstrahlen darauf leuchten.Sein Gesichtsausdruck ist unverändert.Angst blüht in mir auf.Langsam versuche ich mich aufzurichten.Schmerz durchfährt meinen Rücken,doch ich stehe trotzdem auf.Dann bleibe ich stehen.Auch er ist stehen geblieben.Unsere Blicke treffen sich und lange Zeit stehen wir nur so da und starren uns an.Warten das der andere den ersten Schritt wagt.Doch niemand rührt sich.Ich hole tief Luft.

Dann fange ich an."D...du musst das nicht machen,Jo.",kurz halte ich inne.Das erste Mal seid Jahren spreche ich meinen Bruder wieder mit seinem Namen an."Ich kann dich verstehen...weißt du.Ich weiß,dass es dich quält.Lass es ruhen...",ich blicke tief in seine Augen.Versuche das Gute in ihm nach außen zu kehren.Will das mein richtiger Bruder zurück kehrt.

"Nein.Du verstehst nichts.Absolut garnichts.",seine Stimme ist kalt und gefühlslos.Ein Schauer läuft über meinen Rücken,doch ich spreche weiter."Nein,Jo.Du bist derjenige der nicht versteht.Das du unsere Eltern ermordet hast...",-"ICH HABE SIE NICHT ERMORDET!",die Stimme meines Bruders ist grell und schmerzerfüllt.Dann lässt er seinen Kopf geknickt nach unten hängen und fährt fort."Ich habe sie nicht ermordet.Ich habe ihnen nur das gegeben,was sie mir antuen wollten.",gequält sieht er mich an."Sie haben auf mir rumgehackt,Nora.Bei jedem bisschen.Unser Vater hat mich immer geschlagen,wenn du nicht da warst.Generell haben sie dich verschont.Ich habe sie belauscht.Ihnen hinterher spioniert.Ich habe gehört,wie sie über mich sprachen.Mich beseitigen wollten.Ich war immer das schwarze Schaf in der Familie.Das Unerwünschte.Sie hätten alles dafür gegeben mich loszuwerden.Alles,Nora.",Schweigen.Geschockt sehe ich ihn an.Sollte ich ihm glauben?Sagte er wirklich die Wahrheit?

"Tag für Tag.Woche für Woche.Ich habe es immer ausgehalten.Habe tapfer die Zähne zusammen gebissen.Doch irgendwann ist ein Mensch gebrochen,Nora.Irgendwann kann auch dein eingener Körper nicht mehr.Ja...irgendwann ist man zerbrochen.Wie eine Glasplatte die in viele Einzelteile zerspringt,wenn sie hinunter fällt.Das war auch ich.Und und...und dann...",seine Stimme versagt und er sackt zusammen.Wie ein Häufchen Elend sitzt er vor mir auf dem kalten Felsen.Das Wasser rauscht um uns herum.Der Wind ist still."Bitte verzeih' mir.Nachdem ich sie getötet hatte,war ich über mich selbst geschockt.Doch anstatt alles besser zu machen,habe ich dir das angetan,was unser Vater mir angetan hat.Ich wurde zum Psycho.Habe mich selbst verachtet und doch alles schlimmer gemacht...",ein Schluchzen entfährt ihm.

Was dann...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt