Wie eine Raubkatze,die ihre Beute fixiert,kommt er auf mich zu.Langsam und beträchtlich.
Meine Knie zittern und ein Schauer läuft meinen Rücken hinunter.Meine Augen schmerzen.In der Ferne kann ich Vögel ausmachen,die verschreckt auffliegen und eins werden mit der nahenden Dunkelheit.
Die Steine unter seinen Sohlen knirschen bei jedem Schritt und lenken mich wieder zurück ins Geschehen.Mit zusammengekniffenen Augen mustere ich ihn und warte.Noch immer ist sein Blick irre und seltsam.Er macht mir Angst.So wie in dem kleinen Raum in unserem Elternhaus,wo er unsere Eltern ermordet hatte und mich gefangen hielt.Mich seine Wutausbrüche ertragen ließ.Ich schüttel mich bei den Gedanken.
Nur noch fünf seiner großen Schritte trennen uns und unsere Schmerzen."Bleib stehen.",sage ich mit zittriger Stimme,doch er ignoriert mich und geht weiter."Jo!Bleib stehen!",schreie ich grell gegen meine Angst an,doch auch das ignoriert er.
Aussichtslos.Meine Angst steigt.Mein Herz rast und mein Puls pulsiert ohrenbetäubend in meinem ganzen Körper.Mir bleibt keine Wahl mehr...
Ich wollte nicht durch ihn sterben.Nicht durch seine wutdurchdriebene Gewalt,die mich eh schon zerstört hatte.Ich wollte ohne seinen Einfluss sterben.Ohne jegliche Angst,noch ein letztes Mal in sein irres Gesicht blicken zu müssen und seinen Zorn zu sehen.Nein,ich wollte kurz bevor ich sterbe,noch ein einziges Mal das Gefühl der Freiheit spüren.Das war schon immer ein Wunsch gewesen.Freiheit.
Ein letzter Blick auf meinen Bruder genügt,um meinen Entschluss endgültig zu versiegeln.Traurig und kraftlos lasse ich meine Schultern sinken.Langsam gehe ich Schritt für Schritt nach hinten.Kicke Steine beiseite.Meine Augen fixieren immer noch meinen Bruder,der wieder angefangen hat,sich grausam zu verrenken und schreckliche Geräusche auszuspucken.Ich will nicht so weiter leben.Entschlossen drehe ich mich um.
Der Abgrund stürzt sich vor mir in die Tiefe.Dunkel und still.Ich schließe meine Augen und atme ein letztes Mal die frische Nachtluft ein,die ich all die Jahre vermisst hatte.All die Jahre...ich konnte sie nun vergessen.Frei sein von allen Schmerzen,Qualen und meiner Trauer.Frei.Spärlich öffne ich meine Augen und sehe hinunter.Frei.Laut hallt das Wort in meinem Kopf hin und her und kurz darauf breiten sich meine Arme aus.
Wind wirbelt meine Haare ein letztes Mal auf und gibt mir den restlichen Kick.Ich gebe mich der Schwerkraft hin und falle.
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Was dann...
Mystery / ThrillerWas,wenn dein eigener Bruder die Eltern umbringt?Was,wenn er dich daruf hin einsperrt?Du mutterseelen allein bist und verzweifelt mit dem Tod spielst?Was,wenn seine Wutanfälle dir Schmerzen bereiten-es keinen Ausweg mehr für dich gibt? Was dann...