Kapitel 6

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Das Fass läuft über


Ein tiefes Grollen entwich der Kehle des weißen Wargs und ich machte zur Sicherheit einen Schritt zurück. Auf dem hässlichen vernarbten Gesicht Azogs bildete sich eine fiese Fratze, als er meine Reaktion sah. Dieser Ausdruck änderte sich aber schnell, als die Flammen um uns höher schlugen.

Den Valar sei Dank ertönte ein weiterer Adlerruf und ich spürte den Luftstoß, den seine mächtigen Schwingen um mich herum verursachte bevor er neben mir landete. Schnell schwang ich mich auf seinen Rücken und er erhob sich. Das wütende Brüllen des weißen Orks schallte mir nach.

Immer höher stieg er und seine mächtigen Schwingen schnitten durch die Luft, wie ein Messer durch Butter.
Als er genug an Höhe gewonnen hatte und Azog unter uns nur noch ein kleiner Punkt in mitten des Feuers war, ließ er sich gleiten.

Nicht lange waren wir in den dunklen Goblinhöhlen gewesen. höchstens einige Stunden, da wir nun eines der wundervollsten Naturschauspiele beobachten konnten. Direkt der aufgehenden Sonne entgegen, flogen wir, sanft von den Adlern getragen, gen Osten. Alles bekam einen goldenen Glanz und all unsere Probleme wurden zu kleinen leuchtenden Punkten auf dem entfernten Boden unter uns.

Leider hielt dieses Gefühl der Glückseligkeit nicht lange an, denn wir landeten bald drauf wieder. Kaum berührte der Adler auf dem ich saß den Boden sprang ich auch schon von seinem Rücken um nach Thorin zu sehen.
Er hatte mich zwar nicht gerade freundlich behandelt, doch ich war dennoch ein Mitglied der Unternehmung und sah es daher als meine Pflicht an, ihm zu helfen.

Ich war die letzte die unser Ziel erreichte und dementsprechend tummelten sich schon einige der Zwerge um ihren Anführer.

"Macht Platz!", rief ich, "Ihr müsst ihm noch Luft zum atmen lassen."
Sofort wichen sie alle ein Stück zurück. Ich lief zu dem am Boden liegenden Thorin und beugte mich über ihn. Gandalf stand besorgt neben mir.

"Kannst du ihm helfen?", fragte er.

"Elrond war mir ein guter Lehrer, doch ich benötige Ruhe und etwas um seine Wunden zu reinigen.", antwortete ich.
Ich konnte gar nicht so schnell gucken, wie mir jeder der Zwerge seinen Wasserbeutel entgegenstreckte und musste schmunzeln. Ich nahm den, der mir am nächsten war und scheuchte die Zwerge für einen Moment davon.

Gandalf unterstützte mich dabei und erklärte ihnen, dass ich eine begabte Heilerin sei. Dann kam er wieder zu mir.

"Du weißt, dass ich keine Wunder vollbringen kann. Herr Elrond wäre deutlich besser hierfür geeignet."
Mit der nötigen vorsicht öffnete ich Thorins Wams. Darunter kamen trotz seiner ledernen Rüstung fast schwarze Prellungen und eine Menge aufgeschürfter Haut zum Vorschein.

Besorgt sah ich zu Gandalf hoch, der hinter mir stand und so den Anderen den Blick auf ihren Anführer nahm.

"Wenn er innere Wunden hat kann ich hier nicht sonderlich viel tun. Ich habe keine Medizin und kaum Kräuter dafür."

"Ich weiß doch zu was du im Stande bist. Ich weiß, dass du es schaffen kannst."
Gandalf hatte großes Vertrauen in meine Fähigkeiten und damit wohl mehr als ich selbst.

"Ich versuchs.", sagte ich mehr zu mir selbst als zu Gandalf. Also blendete ich alles um mich herum aus.

Mit einem Stofffetzen und dem Wasser aus einem der Trinkschläuche begann ich zunächst seine Wunden ein wenig zu reinigen. Dabei kam von ihm keine Regung, was mir einige Sorgen bereitete. Aus meiner Tasche zog ich eine Phiole mit einer roten Flüssigkeit, die ich auf einige weiter Stoffstreifen gab. Die Streifen legte ich vorsichtig auf die dunklen Stellen.

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