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Brandon

Mein erster Schlag.
Die Knöchel an meiner Hand treten weiß hervor und bilden einen starken Kontrast zu den blauen, gut sichtbaren Adern an meiner Handrückseite.

Der zweite Schlag gegen den Boxsack und der beruhigende Schmerz breitet sich in meiner Hand aus und wandert meinen Arm nach oben.

Ein dritter, vierter und fünfter Schlag und schon gewinne ich an Schnelligkeit und Rhythmus.

Immer schneller und härter schlagen meine Hände auf den Boxsack ein, bis meine Fingerknöchel stark gerötet sind.

Um mich herum höre ich das angestrengte Stöhnen und die Schritte anderer Leute.
Dann blende ich alles wieder aus und schlage noch härter auf den Boxsack ein.

Wenn er mir helfen könnte, alles zu vergessen, würde ich wahrscheinlich nie aufhören.
Was habe ich mir nur dabei gedacht, Scarlett einfach mitzunehmen und ihr meine tiefsten Geheimnisse zu erzählen??

Und das Schlimmste ist: Ich habe in ihren Armen geheult wie ein Baby!

Seufzend höre ich auf, lasse mich auf einer Bank im Fitnessstudio nieder und beobachte die restlichen Besucher beim Trainieren.

Der Raum ist erfüllt von dem Geruch von Schweiß, was mich aber nicht daran hindert zu bleiben.
Ich muss seit ein paar Jahren täglich mit verschwitzten, stinkenden und pubertierenden jungen Männern trainieren.
Also würde ich sagen, ich bin abgehärtet.

Ich selbst muss außerdem genauso schlimm nach Schweiß stinken wie alle hier.
Je nachdem trainiere ich hier schon, seit ich Scarlett zu Hause abgesetzt habe und das ist locker einige Stunden her.

Früher hat es mich hierhin nie verschlagen. 
Ich hatte mein Training und mehr brauchte ich nicht.
Seit aber der ganze Stress und Scarlett auf mich einschlagen zu drohen, bin ich hier öfter, als mir lieb ist.

"Du auch hier?", der verführerische Duft von Rosen steigt mir in die Nase und wenig später sitzt Rachel neben mir.
Nicht, dass ich ihren Geruch mag. Nur durch die ganze Anstrengung muss der beißende Geruch ihres normalen Parfums abgeklungen sein.

"Was von 'Es ist aus' hast du nicht verstanden?" Knurre ich und starre sie wütend an.
Erst heute Morgen ist sie mir um den Hals gefallen und jetzt muss sie mich schon wieder mit ihrer Anwesenheit stören?

"Ich weiß, dass du das nicht ernst gemeint hast", flötet sie und setzt sich dann rittlings auf meinen Schoß.
Ich würde sie liebend gerne von meinem Schoß stoßen, aber ich bin nicht der gewalttätige Typ gegenüber Frauen.

"Doch, mit jeder Faser! Verpiss dich, Rachel!" Meine Stimme erhöhe ich so sehr, dass sich die ersten Trainierenden neugierig zu uns umdrehen.

Leider liebt dieses Biest, das mal meines war, das Publikum.
Leidenschaftliche, gierige Küsse beginnt sie auf meinem Hals zu verteilen, doch nun reicht es mir endgültig.

Mit der Aussage, dass ich mal wieder eine andere an mich ranlassen sollte, meinte ich nicht Rachel im Fitnessstudio.

Wütend hebe ich sie hoch und lasse sie neben mir auf der Bank nieder.
Dann stehe ich auf, damit sie sich nicht wieder auf mich setzen kann, ohne noch einmal zurückzublicken.

So schnell es nur geht verschwinde ich aus dem Trainingsraum in die Umkleide und schnappe mir meine Tasche.
Gibt es keinen Ort mehr außer Scarletts Café, an dem ich sicher bin vor Nervensägen?
Ja, Scarlett ist auch eine.
Aber mit ihr halte ich es aus dem Grund aus, weil sie nie freiwillig ohne driftigen Grund auf mich zukommen würde.

Nachdem ich mich nicht mal umgezogen und einfach meine Tasche genommen habe, flüchte ich mich fast aus dem Fitnessstudio in das teure, rote Geburtstagsgeschenk meines Vaters und fahre davon.

Während der gesamten Fahrt kommen auf einmal wieder die Erinnerungen von Scarlett hier hoch.

Wie sie mit ihrem unglaublich heißen Bikini nur bedeckt von einem Strandkleid neben mir saß und meine Hand beruhigend auf ihrem nackten Oberschenkel ruhte.

Dann ihre Beichte von der emotionalen Trennung ihrer Eltern.
Ich muss zugeben, dass meine Geschichte zwar dramatischer wirkte, aber egal wie schlimm oder eben nicht eine Erinnerung ist, sie kann trotzdem genau gleich schmerzhaft empfunden werden.
Scarlett verlor Vater, Freund und beste Freundin auf einmal und ich nur meine Schwester, wenn man es so sieht.

Ja, meine Schwester starb, aber trotzdem besteht bei ihr eine genauso geringe Chance, dass sie ihren Freund und ihre beste Freundin jemals wiedersehen wird.

Um mich abzulenken schalte ich das Radio ein und drehe die Lautstärke auf.
Dann fahre ich weiter, wobei ich mich mehrmals erwische, wie ich mit dem Gedanken kämpfe, einen kleinen Umweg zu ihrem Haus zu machen.

Wie hat dieses süße Biest es geschafft, sich so in meinem Kopf festzusetzen??

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Das war's mal wieder für's erste:-)

Meinungen zu unserer 'lieben' Rachel?

Brandon&Scarlett - All I want Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt