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"Du musst kommen Öykü!" Danach legte sie auf. Erschrocken sah ich zu Tamer. „Deine Eltern sind da", diese Worte wiederholen sich ständig, was anderes nahm ich nicht wahr.
Tamer sah mich besorgt an, er hatte öfters nach mir gerufen. „Meine Eltern sind da." Ich wusste nicht wie ich mich überwinden konnte diese unrealistische Worte zu prägen.
Sie hatten mich alleine gelassen. Seit meiner Kindheit war ich alleine gestellt. Wieso waren sie jetzt da?!
„Öykü."

Schmerzvoll sah ich in seine Augen. Denn die Wunde wurde aufgerissen. Obwohl ich sie sehr vermisste. Das Vermissen ließ meine Wunde schmerzen. Es war so schmerzhaft als reinigte jemand meine offene blutende Wunde mit Salz.

„Wir müssen nicht dorthin."
Ich legte meinen Kopf auf seine Schulter.
„Ich muss. Aber alleine.", sagte ich und stand auf.

„Öykü!" Meine Worte machten ihn wahnsinnig. Seine schönen Augen zeigten mir wie wütend er war.

„Was für alleine?! Nein!" Als ihn weiter in die Augen schaute atmete er tief ein und aus.

„Du bist nicht alleine, ben varim (Du hast mich)"

Ich stand auf „Dann lass uns losfahren" Es tat meiner Seele gut zu wissen, dass er mich nicht alleine lassen wollte. Er wusste so viel über mich, allein dass er wusste wie alleine ich überhaupt war, dass meine Eltern mich nie geliebt haben.
Tamer war einer der wenigen Menschen da er genau das gleiche erlebt hatte.
Vielleicht sogar schlimmer, weswegen er jeden Schmerz, jede Aussichtslosigkeit nachvollziehen konnte. Er hielt fest meine Hand, die er danach küsste.

Vor dem Haus meines Onkels stiegen wir aus. Meine Schritte waren so langsam. Ich spürte wie Tamer seien Hände in meinen verschränkte. Vom Haus hörte man  schon lautes Gebrülle.
Es war die Stimme meines Vaters. Tamer drückte auf die Klingel.
Mein Herz schlug immer schneller.

„Öykü!" Die Tür wurde von Esna geöffnet.

Hinter ihr standen alle. Meine Eltern, mein Onkel, meine Tante, Ömer und Elyesa.
Die Stimme meiner Mutter im Hintergrund ließ mich zu mich kommen. Aus meiner Starre erwachen. Jetzt hieß es zu kämpfen.

„Öykü, was hast du gemacht, wer ist dieser Mann?" Die Stimme meiner Mutter kam gedämpft, da sie weinte.

Mein Vater stellte sich vor ihr und sah uns böse an.
„Schande über so eine Tochter!", brüllte er. Er wollte auf mich los, doch Tamer stelle sich vor mich.

„Sakin!" (Wehe) hallte seine Stimme im Raum.

„Baba sie wollten mich verheiraten! Mich hergeben an einen wildfremden Mann! Yenge wusste, dass ich ihn liebe!", schrie ich. Meine Tränen liefen meiner Wange entlang. Meine Mutter sah mich schockierend an. „Aber ihr seid verantwortlich dafür, dass ich bei ihm wohne!", schrie ich weinend. „Ihr seid die Schuldigen!", Mein Vater sah mich verständnislos an. „Ne diyorsun Öyküm, kizim!" (Was sagst du meine Öykü, meine Tochter) Meine Mutter wollte mich anfassen, doch ich ging ein Schritt zurück. Ich tat ihr so mit weh.
„Ihr habt mich hier alleine gelassen! Wärt ihr nicht Weg, wären wir bei uns Zuhause! Aber wann waren wir denn eine Familie?! Ich habe euch nie gereicht!"
Ich kotzte all mein Gift aus. Ich vergiftete mein Umfeld, doch mir war es egal. Jahrelang hatte ich es zugelassen, dass dieses Gift in mir blieb.
Mein Vater sah mich nur emotionslos an.
„Wenn du es wagen solltest, mit diesem Mann aus der Türschwelle zu verschwinden, dann bist du wie Özgür für mich gestorben!", brüllte er. Ich sah ihn mit großen Augen. Das erste mal nach Jahren erwähnte er Özgürs Namen.
Özgür war mein älterer Bruder. Sechs Jahre älter als ich. Wo ich zwölf Jahre war, war er schon längst ausgezogen. Ich erinnerte mich schwer an ihm. Er hatte sich nie wohl gefunden Zuhause. Oft hatte er sich mit meinem Papa gestritten und mit achtzehn zog er aus. Er hinterließ keine Nachricht, keine Spur von ihm oder über ihm.
Manchmal musste die Liebe des Liebenden getestet werden. Ob die Liebe oder der Stolz auf der Waage siegt.
Bei meinem Vater war es immer sein prächtiger Stolz. Sein Stolz war immer über alles als seine Liebe.

„Von nun an hast du keine Kinder mehr, hast beide verloren.", sagte ich standhaft. Ich merkte wie alle im Hintergrund riefen, dass ich es falsch machte.
Sogar Esna sah mich traurig an. Ich wusste nicht ob es gespielt war oder echt.
Ömer sah mich traurig an, doch viel konnte er nicht sagen. Er war nicht in dem Standpunkt, dass er mir die Stirn bieten konnte, oder mir sagen konnte was richtig und was falsch war.

„Lass uns gehen.", sagte ich zu Tamer. Er sah mich prüfend an. Als ich mich umdrehte merkte ich nur mit wie sie alle zu meinem Vater liefen. Ich sah nicht mal nach hinten. Ich traute mich nicht. Ich wollte keine Schwäche zeigen.
Hand in Hand lief ich mit Tamer aus dem Haus.
Im Auto fing ich an zu Weinen, ließ all meinen Hass und Zorn raus.

„Ab heute habe ich keine Familie mehr.", sagte ich. Tamer sah mich schockierend an. „Du hast mich, wir sind Familie. Öyküm du bist meine Familie." Er küsste mich auf die Stirn, und so verweilten wir einen Augenblick.

„Lass uns heiraten Tamer, sofort.", sagte ich.

ROSENKRIEGWo Geschichten leben. Entdecke jetzt