Kapitel 2 - Let's Party

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Melania hatte uns ein Taxi gerufen, das uns in die City brachte. Am Hackeschen Markt suchten wir uns ein Lokal aus und bildeten eine Basis für moderaten Alkoholgenuss.

Neben Burgern gab es den ersten Cocktail des Abends. Tanja zuppelte an einer sehr rumlastigen Pina Colada, Melania vertrug nix und hatte sich daher einen Virgin Caipi bestellt. Auch wenn ich am nächsten Tag wie ein Zombie aussehen würde: Eine Doctoress macht keine halben Sachen. Wenn schon Cocktail, dann einen richtigen. Her mit dem Zombie!

Während Melania den Inhalt aus ihren Pommes saugte, kam das Gespräch wiederauf meinen unwiderstehlichen Assistenten.

„Und er hat dich wirklich umgerannt?", hakte Tanja nach.

„Hat er. Dann hat er mir aufgeholfen, sich entschuldigt und ist weiter gerannt. Ich habe die Verfolgung aufgenommen. Er hatte einen guten Eindruck gemacht und ich brauchte Unterstützung beruflicher Natur", antwortete ich.

„So nennt man das also", foppte Tanja mich. Wir grinsten. „Was machst du denn jetzt so beruflich? Wir haben ja nur durch Zufall gehört, dass du wieder im Lande bist", fragte sie.

Sollte  ich mit der Sprache herausrücken oder nicht? Es waren meine Freundinnen. Ich entschied mich erstmal bedeckt zu halten und antwortete: „Gelegenheitsjobs, die der branchenüblichen Geheimhaltung unterliegen. Neulich hatte ich einen Job in der Modebranche. Es ging da um neu entwickelte Technik. Dann hatte ich es mal mit einem alkoholisierten Dichter zu tun oder mit einer Rockband. Der letzte Job hatte was mit einer spezielle Rosensorte zu tun. Dafür war ich in der Nähe von Glasgow."

„Und wie kommst du an diese Jobs?", hinterfragte Melania.

„Internet", antwortete ich knapp. Aber es schien den Damen zu genügen.

„Und er ist immer dabei?", griente Tanja.

„Ist er. Er erledigt Dinge, die ich nicht erledigen kann. Er ist zum Beispiel ein brillanter Computercrack. Naja und körperlich ist er mir natürlich weit überlegen. Wenn mal jemand rennen oder klettern muss, tut er das für mich."

„Und er geht auch mit dir aus?" Wieder einmal war es Tanja, die diese Frage stellte.

„Oh ja, das tut er auch."

„Da könnte ich glatt neidisch werden", ließ Melania verlauten und blickte tief in ihr Glas.

Wir klönten noch über dies und das, hechelten das ein oder andere Thema von der Arbeit durch und dann kam die obligatorische Diskussion, in welchem Club wir es versuchen wollten. Mit über 25 Jahren, unserer äußerlichen Verfassung und unseres nicht vorhandenen Bekanntheitsgrades war es gar nicht so einfach, wenn nicht gar unmöglich in einige Clubs rein zu kommen. Deshalb hatten wir uns ein Würfelsystem ausgedacht. Wir würfelten mit drei Würfeln, addierten die Augen und jede Zahl bedeutete einen anderen Club.

„18!", stellte Melania fest.

„The Pearl", stellte ich fest.

„Da kommen wir nie rein!", stellte Tanja fest. Missmutig blickten wir uns an. Aber einen zweiten Versuch gab es erst, wenn wir an der Tür abgewiesen wurden. So war die Regel.

„Chicas. Lasst uns nicht trödeln. Je eher wir abgewiesen werden, desto eher haben wir den zweiten Versuch", trieb ich sie zum Aufbruch an. Wir verließen gegen 23.00 Uhr das Lokal um uns nach Charlottenburg zu begeben.

Wenig später standen wir bibbernd vor der Tür. Natürlich hatte man uns abgewiesen. Während Melania in ihrer bodenlosen Tasche nach den Würfeln kramte und wir sie anfeuerten, bemerkten wir nicht, dass hinter uns eine Limousine anhielt und ein VIP samt Bodyguard aus dem Auto kletterte.

 Er hirschte um uns herum und beobachtete, wie wir mit klammen Fingern würfelten.

„What are you doing there ladies? Looks funny", quasselte er mit Akzent drauf los. Welcher Art der Akzent war, erschloss sich uns nicht auf Anhieb. Erst, als wir wieder in den Stand kamen und ihn ansahen, wurde uns klar, dass es ein schwedischer war. Wir blickten fassungslos in das freundlich lächelnde Gesicht von Marcus Schenkenberg. Mich traf fast der Schlag. War es mein Marcus mit optischem Filter oder war es das gealterte Original? Ich suchte nach einer Brosche oder ähnlichem. Auch eine Smartwatch war nicht zu finden.

„Come on, Ladies. May I invite you all? Then you can explain me, what the hell you are doing there", ließ das vermeintliche Original verlauten.

„Sure." Ich erkannte Melania gar nicht wieder. Wo war die Schüchternheit, als sie sich in den Arm dieses Mannes warf? Tanja und ich blickten uns an, zuckten mit den Schultern und grinsten. "Wahrscheinlich will sie auch so einen, wie du hast", flüsterte Tanja. Dann folgten wir dem Paar vor uns in den Club. Ich war mir immer noch nicht sicher, ob es sich nicht doch vielleicht um meinen Marcus handelte. Wer auch immer es war, er spendierte uns einen Sekt und betrieb - hauptsächlich mit Melania – Smalltalk. Tanja und ich zogen es vor ab und an die Tanzfläche zu frequentieren und unserem Lieblingshobby nachzugehen: Leute beobachten.

Auf dem Weg zum Klo, den ich alleine antrat, so viel zu Frauen gehen immer zu zweit, wurde ich aufgehalten. Ein Typ der aussah wie Christian Jonsson sagte: „Hey!" dann offenbarte er mir durch kurzzeitige Abschaltung des optischen Filters, dass er mein Marcus war. Mein Verstand realisierte diesen Fakt nur langsam. Also war der, der mittlerweile mit Melania flirtete tatsächlich das Original?! Meine Gesichtsentgleisung sprach Bände.

„Genau das hab ich mir auch gedacht. Hoffentlich versagt der Filter nicht. Es gab schon ein paar geringfügige Aussetzer. Ich muss raus hier. Kannst du das ein wenig beschleunigen?", fragte Marcus.

„Ich tue mein Bestes. Aber erst muss ich für kleine Timeladys. Und danach wirst du mich blöd anmachen, was zur Folge hat, dass ich gehen möchte. Die beiden werden mich nicht im Stich lassen."

„So machen wir es."

Gesagt, getan. Nach meinem Geschäft zerrte ich Tanja wieder auf die Tanzfläche. Wenig später wurde ich auf unappetitliche Art und Weise von meinem getarnten Marcus angetanzt und wurde ihn für geraume Zeit nicht los. Als dann noch Handgreiflichkeiten und sprachlicher Schmutz dazu kamen, was meine Laune selbstredend verschlechterte, bat ich meine Mädels den Club zu verlassen. Sie hatten vollstes Verständnis. Wenn Melania sich auch schwerlich von dem Original trennen konnte. Wenigstens tauschten sie Telefonnummern.

An der frischen Luft warteten wir auf ein Taxi. Mein vermeintlicher Stalker belästigte mich weiter. Und wenn ich eines wusste, dann dass es ihm unheimlich Spaß machte. Und mir erst. Vor allem, als Tanja ihm ihre Handtasche über die Rübe zog.



The Doctoress - Torten-Trauma (7)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt