"Sie wollten mich sprechen, Professor?", fragte Harry kleinlaut und trat schüchtern auf mich zu.
"Setzen Sie sich, Potter", verlangte ich und deutete auf eine gemütliche Sitzgruppe. Überrascht und auch ein wenig misstrauisch schaute er zwischen mir und den Sesseln hin und her. Ich lächelte kurz. Natürlich wunderte er sich, warum er nicht vor meinem Schreibtisch Platz nehmen musste. "Kommen Sie schon. Die Polster beißen nicht." Hastig setzte er sich und knetete nervös seine Oberschenkel. Ich kam zu ihm und schob ihm einen Teller Kekse sowie eine Tasse Tee hin.
"Warum bin ich hier, Professor?", fragte Harry und ich nickte. Natürlich wollte er das wissen. Er war sicher ganz krank vor Sorge gegen etwas verstoßen zu haben.
"Es ist nicht das erste Mal, dass ich Sie mit Lockhart gesehen habe, Harry. An dem Tag, als das Foto für den Tagespropheten geschossen wurde, war ich ebenfalls bei Flourish & Blotts. Schon damals ist mir aufgefallen, dass er Sie bedrängt. Sagen Sie mir, ist es schlimmer geworden?" Harry schaute mich aus großen, grünen Augen an und griff geistesabwesend nach einem Gebäckstück.
"Er... Es gibt kein Entrinnen, wenn er mich einmal entdeckt hat. Dabei will ich das gar nicht, Professor! Der ganze Trubel ist mir unangenehm", gab er nuschelnd zu und kaute seinen Keks. "Aber ich komm schon klar."
Ich nahm eine Schluck Tee und nickte bedächtig."Aber da ist noch etwas, nicht wahr?", hakte ich nach und Harry starrte nervös auf den angebissenen Keks in seiner Hand. "Harry?"
Er schaute auf und rückte seine Brille zurecht."Ich...", stammelte er und ich lächelte ihm aufmunternd zu.
"Sprechen Sie frei. Nichts wird Ihnen zur Last fallen", versicherte ich ihm und Harry schien ernsthaft über meine Worte nachzudenken.
"Heute Nachmittag hatten wir Unterricht bei Lockhart. Wir haben zuerst einen Test über Lockhart geschrieben und dann hat er eine Kiste mit Wichteln geöffnet. Wenn Hermine nicht gewesen wäre, wären die Viecher immer noch im Klassenraum", erzählte er mir und ich runzelte die Stirn.
"Er ist mit den Wichteln nicht klargekommen?", fragte ich nach und er nickte eifrig. Anscheinend fasste er langsam Vertrauen zu mir.
"Aber das Schlimmste daran ist, dass wir nichts lernen. Er erzählt von seinen Büchern und Abenteuern, aber lehrt uns nichts", meinte er und setzte sich aufgebracht auf. Beschwichtigend hob ich die Hände und schlug die Beine übereinander.
"Wie wäre es, wenn wir uns in der nächsten Stunde mit Wichteln beschäftigen?", schlug ich vor und Harry nickte aufgeregt. Sein dunkles und dichtes Haar rutschte ein wenig beiseite und seine blitzförmige Narbe zeigte sich. Kurz hielt ich den Atem an. In unserer Welt war er eine Berühmtheit. Für mich war er allerdings mehr als das. Seine Narbe war ein Symbol für das Ende der Unterdrückung und den Beginn einer friedlichen Welt.
"Professor? Dürfte ich gehen? Wood hat für heute das Quidditchfeld", sagte Harry und ich blickte aus den Gedanken gerissen auf.
"Aber natürlich. Viel Spaß", sagte ich schnell und stand ebenfalls auf. Harry winkte kurz und ging zur Tür. Doch bevor er den Raum verließ, drehte er sich noch einmal um.
"Ähm, Professor? Darf ich zu Ihnen kommen, wenn Lockhart...", setzte er an und ich nickte.
"Aber natürlich. Professor Snape und ich sind jederzeit für Sie da", meinte ich und lächelte matt. Ich bezweifelte, dass Harry jemals bei Devlin um Hilfe bitten würde. Dennoch war die Option da.
"Snape?", fragte er überrascht. Ich schaute ihn jetzt streng an. Es war kein Geheimnis, dass Potter und seine Freunde Probleme mit Slytherin und Severus Snape hatten. Trotzdem rechtfertige es nicht, dass sie sich Dev respektlos gegenüber verhielten.
"Ja, Mr. Potter. Professor Snape ist ebenfalls jederzeit für Sie da, was Gilderoy Lockhart angeht", sagte ich bestimmt und deutete dann auf die Tür. "Und jetzt verschwinden Sie schon zum Quidditchfeld."
Am nächsten Tag begrüßte ich meine Klasse zur ersten Stunde. Ich wartete, bis sich das aufgeregte Gemurmel gelegt hatte und schrieb dann mit meinem Zauberstab die Worte Petrificus Totalus und Rictusempra in die Luft. "Kann mir jemand sagen, wozu diese beiden Zauber gut sind?", fragte ich und schaute in die Runde.
Hermine Granger schien beinahe von ihrem Stuhl zu kippen, so angestrengt meldete sie sich. "Ja, Miss Granger?"
Sie lächelte und strich sich ihre zotteligen Haare zurück."Das eine bewirkt eine Lähmung des ganzen Körpers und das zweite ist ein Kitzelfluch", beantwortete sie meine Frage selbstbewusst. Ich musste lächeln. Man sah, dass sie ihr Leben der Schule widmete.
"Korrekt, Miss Granger. 10 Punkte für Gryffindor", sagte ich und deutete dann auf eine steinerne Truhe vor den Tischen. "Hier drinnen befinden sich Wesen, die Sie alle bereits kennen", begann ich und schaute in verdutzte Gesichter. "Wichtel, liebe Leute. Hat Ihnen Profesor Lockhart etwas über diese Kreaturen erzählt?"
Die Klasse schüttelte stumm mit dem Kopf, bevor sie anfing angestrengt zu murmeln. Ich seufzte und klatschte zweimal laut in die Hände.
"Der englische Wichtel ist vorwiegend in Cornwall heimisch. Er ist von Natur aus boshaft und lebt diesen Ckarakterzug mit Streichen aller Art aus. Wichtel sind stahlblau, werden etwa zwanzig Zentimeter groß und können fliegen. Und sie beißen mit Vorliebe zu. Passen Sie also auf Ihre Finger auf. Wenn ich diese Wichtel jetzt gleich freilasse, dann entscheiden Sie sich für einen der beiden Zaubersprüche und führen ihn ruhig und bestimmt aus."
Neville Longbottom wurde bleich. Er schluckte schwer und schaute sich nervös um."Wieso... wieso müssen wir ruhig sein, Professor Grey?", fragte er mich mit piepsiger Stimme und ich lächelte ihm ermutigend zu. Ich hatte das Gefühl, dass unter Nevilles schüchterner Hülle ein großer Zauberer schlummerte. Er musste nur hervorgebracht werden.
"Wichtel ergötzen sich an Ihrem Ärger über sie, Mr. Longbottom. Wenn Sie jetzt also unbeeindruckt tun, ermutigen Sie sie nicht mehr", erklärte ich und Hermine Granger blätterte aufgeregt in Lockharts Büchern.
"Ich kann nichts über Wichtel finden", murmelte sie gestresst und ich rollte innerlich mit den Augen. Natürlich nicht, Gilderoy Lockhart hatte schließlich keine Ahnung von seinem Handwerk. "Lockharts Romane bringen Ihnen in meinem Unterricht nichts. Sie können die Bücher gerne in Ihren Schlafräumen lassen. Denn diese Romane sind eben nur eines: Romane. Als Lehrbücher sind sie nicht geeignet", sagte ich bestimmt und einige Jungs der Klasse begannen zu kichern, während sich die Mädchen verdutzt anschauten. "Und jetzt halten Sie ihre Zauberstäbe bereit. Vergessen Sie die Sprüche nicht. Los geht's." Mit diesen Worten öffnete ich die Tür des Käfigs.
![](https://img.wattpad.com/cover/189004515-288-k555960.jpg)
DU LIEST GERADE
Our Time - Eine Harry Potter/ Tom Riddle Fanfiction
Fiksi PenggemarDie Kammer des Schreckens wurde geöffnet. Erneut. Alexandria Grey findet sich als neue Hauslehrerin der Gryffindors und Lehrerin für Verteidigung gegen die dunklen Künste in der magischen Welt von Hogwarts wieder. Zwischen Auseinandersetzungen mit i...