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Myrte. Wie die Maulende Myrte? Dies hier war, nun ja, ihre Toilette. Sie war in Ravenclaw, trug eine Brille und wurde von einer Olive gehänselt. Das musste sie sein. Sanft klopfte ich an die verschlossene Kabine und hörte ein lautes Wimmern.

"Myrte?", fragte ich vorsichtig. Jenna trat neben mich und zog eine Grimasse. "Myrte? Mein Name ist Alexandria. Die anderen sind weg. Komm doch raus."
Wieder hörte ich nur ein gequältes Schluchzen.

"Was willst du von der? Lass uns gehen. Die Pause ist gleich rum", raunte Jenna mir zu und die Klotür würde aufgerissen. Vor mir stand Myrte. Die Maulende Myrte. Lebendig. Sie sah genauso aus, wie ich sie kannte. Nur weniger... durchsichtig. Schwarze Zöpfe, eine Brille und eine Schuluniform. Und wie immer heulte sie. Gerade hatte sie allerdings allen Grund dazu. Eine Neuheit. Sonst dramatisierte sie doch immer alles.

"Ich hab dich gehört, Mason", kreischte sie und ich machte überrascht einen Schritt zurück. "Gehen wir alle auf Myrte los! Die blinde Myrte!" Oh Gott. Ging das wieder los. Hatte ich mich wohl getäuscht, als ich angenommen hatte, dass Myrte im Leben gesetzter gewesen war. Anscheinend konnte man nicht alles auf den Tod schieben.

"Myrte, beruhige dich", versuchte ich, doch Myrte wäre nicht Myrte, wenn sie runterkommen würde. Sie stürzte an uns vorbei, auf zu den Waschbecken und drehte flennend alle Wasserhähne auf. Ihre Tränen tropften in die Becken, die sich immer weiter füllten. Sie hatte anscheinend den Ablauf gestoppt.
Anscheinend hatte sie schon zu Lebzeiten einen Hang für Überschwemmungen gehabt.

"Olive Hornby wird dafür büßen. Irgendwann wird sie zahlen", wimmerte sie und ich trat auf sie zu. Dabei achtete ich darauf, in keine der Pfützen zu treten.

"Wie sehr hasst sie dich?", fragte ich. Ich musste alle Möglichkeiten beachten. Vielleicht war Myrte kein zufälliges Opfer gewesen. Wenn Riddle nicht der Erbe Slytherins war, wer konnte es dann sein. Denn ich zweifelte so langsam an Riddles Schuld. Warum war nie jemand darauf gekommen, dass er der Erbe war? Vielleicht genau aus dem Grund, dass er es nicht war. Ich wusste nicht mehr, was ich denken sollte.

"Sie will mich leiden sehen", schrie Myrte. Jenna guckte auf ihre Armbanduhr und stupste mich an. Wir mussten los. Mist.

"Möchte sie deinen Tod?"

"Was?", rief Jenna aus. "Bist du völlig durchgeknallt?" Ich ignorierte sie. Ich wartete auf Myrte. Die richtete ihre Brille und warf ihre Zöpfe zurück.

"Wie bitte? Nein! Dann könnte sie mich ja nicht mehr quälen. Und damit wird sie nie aufhören", jammerte Myrte und Jenna zerrte an mir.

"Komm schon. Lass die Verrückte", sagte Jenna herablassend und ich presste die Lippen zusammen, als ich aus der Toilette gezogen wurde. Ich musste mich zwingen Myrte nicht zu warnen. Dennoch, ich konnte nicht anders.

"Myrte?", rief ich. "Pass auf dich auf."

Nach Verwandlung mit Dumbledore musste ich mir ein seliges Lächeln unterdrücken. Es war als ginge ich auf Wolken. Der Mann war in meiner Zeit nicht umsonst einer der größten Zauberer überhaupt. Sein Unterricht übertraf alle jemals dagewesenen. Trotzdem ging mir Myrte nicht aus dem Kopf. Zugegeben, sie war etwas seltsam. Verdiente sie deshalb den Tod oder Mobbing? Nein.
Ob ich Olive Hornby wirklich böse sein konnte, wo doch die Pubertät bei den Viertklässlern so einiges anstellte, fragte ich mich ebenfalls. In deren Köpfen wurde gerade renoviert. Wegen Umbauten geschlossen, hätte eigentlich auf der Stirn der Mädchen stehen sollen. Hormone nahmen Einbahnstraßen ins nirgendwo und die Gefühle fuhren durch eine Achterbahn aus Synapsen nach der anderen.
Es fiel mir schwer, nicht wieder in das Schulleben gezogen zu werden und einen klaren Kopf zu behalten. Schon nach wenigen Stunden ertappte ich mich dabei wie ich meinen eigentlichen Auftrag vergaß und hinten anstellte. Für etwas so Banales wie Hausaufgaben. Merlin.
Ich musste mit Dumbledore reden. Er war der einzige Lehrer, der mir in dieser Situation helfen konnte. Mit dem ich überhaupt reden konnte. Denn egal wie sehr ich mich auch anstrengte, so langsam legten sich Einsamkeit und Heimweh um mein Herz. Und diese Gefühle waren alles andere als hilfreich. Sie hinderten mich daran die Dinge objektiv zu betrachten und führten dazu, dass ich selbst in Riddle das Gute sehen wollte.
Da konnte ich allerdings lange warten, wie es mir schien.

"Du wiedersetzt dich mir, Lex", raunte mir Riddle zu und versperrte mir den Gang zum Hof. Eine Gänsehaut überzog prickelnd meinen Körper, als er erneut diesen eigensinnigen Spitznamen für mich verwendete.

"Freier Wille, Arschloch", zischte ich und trat einen Schritt nach Links. Er tat es mir gleich. Seufzend stemmte ich die Hände in die Hüften. "Lass mich durch." Riddles Gesicht zierte nun ein Halblächeln. Und dabei sah er so verwegen aus, dass ich nicht umhin kam, ihn attraktiv zu finden. Verdammt.

"Was kann ich tun, um dich wohlgesinnt zu stimmen?", fragte er überaschenderweise und mir bleib beinahe die Luft weg. Zeigte er gerade tatsächlich Reue? Oder wollte er mich nur rumkriegen? Manche Männer waren wie Raubtiere. Wenn eine Frau sich zierte, begannen sie mit der Jagd. Und wenn ich eine flinke Gazelle war, dann war Tom ein Löwe. Ein gewaltig großer Löwe.

"Das Atmen einstellen", erwiderte ich und Toms Hand zuckte an seiner Seite. Für einen Moment erwartete ich, dass er mich schlagen würde. Doch das tat er nicht. Er lachte. Und es war ein ehrliches Lachen. Wohlklingend aus dem Bauch heraus. Verdutzt starrte ich ihn an. Wie sollte ich jemals aus diesem Zauberer schlau werden?

"Wie kommt es, dass ich nach nicht mal 24 Stunden das Bedürfnis habe, dich zu überzeugen?", fragte Riddle und ich zog die Augenbrauen zusammen. Es war als fehle mir die eine oder andere Information.

"Wovon überzeugen?", hakte ich ruppig nach. Dass er ein brutales Arschloch war, stand ja schon fest. Tom strich sich seine Haare aus dem Gesicht und grinste.

"Ich werde dich davon überzeugen, dass ich der Mann bin, den du dir immer gewünscht hast", stellte er klar und ein nervöses Lachen kroch meinen Hals empor und stahl sich nach draußen. Riddles Blick wurde ernst. "Es ist mein Ernst, Lex. Sprich einen Wunsch aus und ich werde ihn erfüllen."

Our Time - Eine Harry Potter/ Tom Riddle Fanfiction Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt