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Devlin und ich rannten durch das Schloss. Er hatte mir alles erzählt, von den versteinerten Schülern bis hin zu der verschwundenen Ginny Weasley. Wir mussten in die Kammer kommen. Und es blieb uns keine Zeit mehr. Es gab keine Spur von Potter und Weasley und mich beschlich das Gefühl, dass die beiden schon einige Schritte näher an des Rätsels Lösung waren, als Devlin und ich.

"Lockhardt ist nicht aufzufinden", brummte Dev und klang nicht mal ansatzweise außer Atem. So eine Kondition musste man haben. Ich keuchte und blieb vor der Mädchentoilette stehen. Devlin beäugte mich kritisch.

"Ich glaube Ronald und Harry wären ohne ihn besser dran", erwiderte ich und stemmte meine Hand gegen die schwere Tür. Wie immer lief ein kleines Rinnsal unter der Tür in den Gang. Myrte war mal wieder auf Hochtouren.

"Sag mal, du musst doch jetzt wohl nicht für kleine Mädchen", meldete sich Dev wieder zu Wort und ich starrte ihn ungläubig an.

"Ja klar. Deshalb stehe ich hier. Ich muss ganz dringend pullern und ich steh da voll drauf, wenn Myrte mich dabei beobachtet", erwiderte ich kühl und stieß dann die Tür auf. "Hier geht's zur Kammer, du Vollidiot."

"Wie redest du eigentlich mit mir?", empörte sich Dev und ich rollte mit den Augen. Alles beim Alten.

"Kannst mir ja zehn Punkte dafür abziehen", stichelte ich und wich zeitgleich einer fliegenden Klopapierrolle aus.

"Das ist mein Zimmer! Ihr denkt wohl alle: Komm wir begaffen Myrte. Die kann sich ja nicht wehren... Weil sie tot ist!", schrie Myrte und heulte dabei wie ein Schlosshund. Devlin brummte vor sich hin, sie solle die Klappe halten. Myrtes durchsichtiger Körper schnellte zu ihm herum und sie heulte noch stärker. "Oh nein! Wirf doch ein Buch nach mir. Der Kopf bringt die meisten Punkte oder-", kreischte sie, jetzt völlig in Rage und ich stellte mich zwischen die beiden.

"Myrte! Wir brauchen deine Hilfe", rief ich und erwartete eine Dusche, doch die kam nicht. Naja, noch nicht. Bei Myrte konnte man sich nie so sicher sein. Sie rümpfte die Nase und betrachtete mich eingehend. Dann weiteten sich ihre Augen und sie hörte tatsächlich auf zu flennen.

"Ich kenne dich", sagte sie und dabei klingelten mir tatsächlich einmal nicht die Ohren. Devlin seufzte neben mir.

"Natürlich, das ist Professor Grey", antwortete er entnervt und rollte mit den Augen. Myrte warf ihre triefenden Zöpfe zurück und schob ihre Brille auf der Nase hoch.

"Na, ein ganz Schlauer!", schrie sie. "Das ist nicht Professor Grey, das ist Alexandria de Vincent, Tom Riddles Perle!" Jetzt war ich noch glücklicher darüber, dass ich Dev alles erzählt hatte. Tom Riddles Perle, bei Merlin. Ich hätte sie ein zweites Mal töten können.

"Myrte", meinte ich zum gefühlt hundertsten Mal. Sie richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf mich. Ich atmete tief ein und ignorierte das Gurgeln der Klospülung in ihrer liebsten Toilette. "Hast du zwei Jungs gesehen? Gryffindors im zweiten Jahr? Der eine von ihnen ist Harry P-", sagte ich eindringlich, doch Myrte unterbrach mich mit einem herzzerreißenden Seufzer. Ein verliebtes Lächeln erschien auf ihrem fahlen Gesicht und sie legte die Hände gefaltet unter ihr Kinn. Summend schwebte sie hin und her und seufzte wieder. Devlin warf mir einen Blick zu und machte mit seinem Zeigefinger kreisende Bewegungen an seiner Schläfe.

"Die ist nicht ganz dicht", flüsterte er und ich funkelte ihn böse an.

"Sie ist tot", zischte ich zurück und schaute wieder zu Myrte. "Myrte."
Sie hielt inne und ließ die Arme theatralisch sinken.

"Der gutaussehende Harry Potter, ja der war hier. Zusammen mit seinem trotteligen Freund und diesem Lehrer mit der blonden Tolle und dem Zahnpastalächeln. Sie sind da durch die Waschbecken gesprungen", antwortete sie und schwebte dann davon.

"Danke", brummte Devlin und wir liefen zu den Waschbecken. Wenigstens wussten wir jetzt, dass Harry, Ron und Lockhardt in der Kammer waren.

"Öffne dich", forderte ich in Parsel und das Waschbecken klappte auf. Unter Ätzen und Stöhnen tat sich ein dunkles Loch vor uns auf.

"Alles klar, ich geh zuerst", sagte Devlin und wollte sich an mir vorbeischieben, doch ich packte ihn am Ärmel. Nur über meine Leiche.

"Ich kenne diesen Ort. Ich gehe vor", stellte ich klar und schwang ein Bein über den Rand. Ehe ich springen konnte, rief Myrte meinen Namen. Ich verlor beinahe das Gleichgewicht als ich mich zu ihr umwandte.

"Danke, Alexandria", meinte sie ernst und ich zog meine Augenbrauen zusammen. Dev sah genauso verwirrt aus, wie ich mich fühlte.

"Wofür?"

"Dafür, dass du mich warnen wolltest", erwiderte sie und lächelte matt. "Danke. Auch wenn es mir nicht geholfen hat." Und damit stürzte sie sich in eine Toilette, das Wasser spritzte und ich schüttelte kurz meinen Kopf.

"Du hast sie gewarnt, Lexie? Man spielt nicht mit der Zeit", tadelte mich Devlin und ich zeigte ihm den Finger. Er lachte angespannt auf, packte meine Hand und drückte mir einen Kuss auf die Handfläche. "Wir stehen das durch." Wir schauten uns tief in die Augen. Ich nickte stumm, weil sich plötzlich Tränen in meinen Augen sammelten. Wir schafften das schon. Wortlos stieß ich mich ab und sauste die Bahn hinunter. Unten angekommen trat ich zur Seite und wartete auf Dev.

"Lumos", sagte ich bestimmt und mein Zauberstab strahlte ein helles Licht aus. Hier war alles vollkommen beim Alten. Noch immer war es kalt, nass, modrig und schleimig. Dev kam neben mir auf, vollführte den gleichen Zauber und schaute sich angewidert um.

"Nett hier", lautete sein Kommentar dazu. "Wirklich einladend."
Wir gingen vorwärts und ich bemerkte, dass die Wände seltsam instabil wirkten. Felsbrocken lagen vor uns und mich überkam ein schlechtes Gefühl. Ich wollte meine Befürchtungen gerade äußern, da trat Devlin auf etwas. Das Knacken hallte von den Wänden nieder und ich betrachtete das schillernde Etwas auf dem Boden näher. Schlangenhaut.

"Bei Merlin, bloß nicht", flüsterte ich und lief los. Devlin musste ich nichts erklären, an seinem Schweigen erkannte ich, dass er verstanden hatte. Die Kinder waren wirlich in ernster Gefahr.

Und dann sahen wir es. Ronald Weasley saß vor einer eingestürzten Felswand und hatte Lockhardt hinterm Ohr gepackt.

"Wer bin ich? Was bin ich? Ein Autogramm, Bursche?", plapperte Lockhardt und wir kamen vor den beiden zum Stehen.

"Ich schwöre, Professor, ich habe sein Gehirn nicht gegrillt. Das war er selber!"

Our Time - Eine Harry Potter/ Tom Riddle Fanfiction Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt