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Ich umklammerte den hölzernen Rand des kleinen Ruderbootes, auf dem ich zusammen mit Dumbledore saß. Wir fuhren wie von selbst auf den Großen See hinaus. Nervös trommelte ich mit den Fingern auf dem Holz herum. Als das Boot schließlich stoppte, fühlte ich mich, als sei ich Fischfutter.

"Also, Lexie. Da wären wir. Denk daran, du hast Zeit bis Myrte stirbt. Danach geschah nichts weiter. Versuch nicht sie zu retten", begann Dumbledore und ich seufzte.

"Ich weiß, die Zeit darf nicht weiter beeinflusst werden, als sie eh schon wird. Ich habe verstanden. Über eine Sache sollten wir vielleicht noch reden", sagte ich und biss mir auf die Lippe. Es gab da tatsächlich einen Grund zu Beunruhigung. Als könne Dumbledore meine Gedanken lesen, lächelte er.

"Mein damaliges Ich wird Bescheid wissen. Niemand in Hogwarts wird deine Anwesenheit anzweifeln. Du kamst aus einer Zaubererfamilie, die lange im Ausland war und dich nun nach Hogwarts schickt. Selbstverständlich wird dich der Sprechende Hut nach Slytherin einordnen. Mach dir keine Sorgen. Alles ist geregelt", versuchte er mich zu beruhigen, doch ich schüttelte mit dem Kopf. Ich wusste, dass Dumbledore irgendwie Kontakt zu seinem... früheren Ich aufgenommen hatte, aber der Sprechende Hut, log nie. Ich war eine Gryffindor. Durch und durch. Ich gehörte nicht nach Slytherin. Und das sagte ich Dumbledore.

"Lexie, wenn ich mich recht entsinne, hat der Sprechende Hut damals zwischen beiden Häusern geschwankt. Sag ihm, dass du nach Slytherin willst", meinte er und machte eine wegwerfende Handbewegung, ganz so als verstehe er meine Sorgen nicht.
Ich schluckte schwer. Daran hatte ich auch schon gedacht. Ich konnte Parsel sprechen, eine Fähigkeit, die seit Jahrhunderten auf die weiblichen Mitglieder meiner Familie übertragen und von allen totgeschwiegen wurde. Niemand wollte mit dieser Gabe in Verbindung gebracht werden. Jetzt könnte sie mein größter Vorteil sein. Trotzdem hatte ich Zweifel.

"Sieben Jahre Gryffindor haben mich geprägt. Wie kann der Hut das nicht spüren?", hakte ich nach und Dumbledore rückte näher. Misstrauisch blickte ich ihn an.

"Wir haben dieses Gespräch bereits geführt, Lexie. Oft. Komm zurück, wenn du etwas weißt und hüte dich vor Riddle. Er entspricht deinem Typ Mann", sagte er, lächelte breit und schubste mich aus dem Boot. Mein Schrei ging in Gurgeln unter und ich prallte schon bald mit dem Rücken an den steinernen Rand des Portals. Ich tippte es mit meinem Zauberstab an und dachte fest an das Jahr 1942. Dann geriet ich in einen Strudel und fand mich komplett trocken vor den Toren Hogwarts wieder. Ich folgte den anderen Schülern in die Eingangshalle und wurde von einem großen Lehrer mit kastanienbraunem Haar und Bart gerufen. Und er kam mir bekannt vor.

"Alexandria de Vincent?", fragte er und trat näher. Ich hielt den Atem an. Es war Dumbledore. Ein fünfzig Jahre jüngerer Dumbledore. Und er kannte meinen Decknamen. Meine Mutter kam aus der altehrwürdigen Zaubererfamilie de Vincent, hatte aber in die ebenso alte Famile Grey eingeheiratet. Wir hatten uns entschieden unter dem Mädchennamen meiner Mutter in die Vergangenheit zu reisen. So konnte ich ohne Probleme über Familienmitglieder sprechen, weil ich mich natürlich auskannte.

"Professor Dumbledore. Es freut mich ungemein Sie zu sehen", rief ich und verlor etwas der Nervosität, als er lächelte. Es war so vertraut, dass ich mich nur sicher fühlen konnte.

"Kommen Sie, Alexandria. Die Hutzeremonie für die Erstklässler beginnt gleich und Sie werden danach zugeordnet. Die ganze Schule redet bereits über Sie. Alle sind ganz gespannt auf die neue Schülerin", erzählte er mir und schritt beschwingt voran. Verdutzt folgte ich ihm.

"Woher wissen die Schüler denn von mir?", fragte ich etwas schwer von Begriff. Dumbledore zwinkerte mir zu.

"Nun, sagen wir, dass ich so frei war, die Schüler bereits zu informieren. Sie müssen also nichts erklären. Ich dachte, so fällt es Ihnen leichter", meinte er und ich nickte aufgeregt. Das machte es wirklich leichter für mich. Ich musste mich nicht mit lästigen Fragen herum schlagen. So hoffte ich zu mindest.

"Danke, Professor. Ich muss gestehen, dass ich ein wenig aufgeregt bin", gestand ich ihm und er tätschelte mir die Schulter.

"Habe ich Sie in der Zukunft denn nicht beruhigt, Alexandria?", hakte er er nach und musterte mich freundlich. Ich lachte kurz auf. Da stellte er genau die richtige Frage.

"Sie stießen mich ohne Vorwarnung aus dem Boot", erwiderte ich trocken und Dumbledore zog überrascht die Augenbrauen hoch. Ich musste unwillkürlich grinsen.

"Das hört sich tatsächlich nach mir an", sinnierte er und legte sanft eine Hand auf mein Kreuz. Er führte mich zu einer Seitentür der Großen Halle. Mein Herz begann schneller zu schlagen. Dumbledore beugte sich zu mir hinab. "Professor Dippet ist ganz gespannt, was Sie angeht. Nur zu, er beißt nicht." Ah, der jetzige Schulleiter. Man munkelte selbst in meiner Zeit, dass er nicht besonders überragend gewesen sein soll. Besonders im direkten Vergleich mit der Größe Dumbledores.

Er schubste mich durch die Tür und da aufgeregte Gemurmel der Schüler versiegte abrupt. Alles sah genau so aus, wie immer. Die Uniformen waren die gleichen, die Tische waren gleich angeordnet und die Geister flogen durch den Raum. Einzig die Lehrer waren mir unbekannt und mein Aussehen, wie ich feststellte, als ich in einen Spiegel guckte, war ebenfalls verändert. Ich sah aus wie sechzehn. Ich hatte kindlichere Gesichtszüge und leicht gerötete Wangen. Verdutzt riss ich mich von diesem Anblick los. Es war seltsam und irgendwie beängstigend, mich so zu sehen. Es führte einem die Vergänglichkeit allen Lebens vor Augen.

"Alexandria de Vincent! Kommen, Sie. Kommen, Sie!", rief Dippet, der einen azurblauen Umgang trug. Widerstrebend trat ich vor und schüttelte ihm die Hand. Ich war nervöser, als zu meiner echten Hutzeremonie. Ich musste unbedingt nach Slytherin. "Ah, ein fester Händedruck. Das gefällt mir. Setzen Sie sich." Mit gespielter Sicherheit nahm ich Platz und mir wurde sofort der alte Sprechende Hut aufgesetzt. Er rutschte mir so tief ins Gesicht, dass ich nichts mehr sehen konnte. Und natürlich hörte ich seine Stimme in meinen Ohren.

"Ah! Na sowas. Kein Erstklässler. Du hast viel Wissen, sehr viel Wissen. Wie kann das nur sein? Es scheint, als wärst du vollkommen ausgebildet...", hörte ich ihn sagen. Mir wurde übel. "Oh ich sehe es deutlich. Du bist mutig und loyal. Gryffindor scheint der beste Platz für dich zu sein, wenn da nicht diese andere Seite an dir wäre. Du bist ehrgeizig und kannst skrupellos sein. Und du sprichst Parsel. Was mache ich nur mit dir? Gryffindor. Ich denke es wird Gry-"

"Nein!", dachte ich. "Slytherin! Ich will nach Slytherin. Bloß nicht Gryffindor. Slytherin. Mein Herz schlägt für Slytherin!" Der Sprechende Hut blieb für einen Moment still.

"Ich glaube, der letzte Satz war eine Lüge. Dein Herz schlägt für Gryffindor. Doch wenn du dir so sicher bist..." Erleichtert atmete ich aus. "SLYTHERIN!"

Our Time - Eine Harry Potter/ Tom Riddle Fanfiction Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt