Lestrange. Wie Bellatrix Lestrange? Ich musterte den großgewachsenen, blonden jungen Mann, der überrascht zwischen mir und Riddle hin und her schaute.
"Setz dich", sagte ich und ignorierte Riddles scharfen Blick. Lestrange zögerte einen Moment, hob dann eine Hand und lehnte die Aufforderung ab.
"Bei Merlin, jetzt setz dich endlich", knurrte Riddle plötzlich und Lestrange nahm neben mir Platz. Skeptisch blickte ich ihn an. Voldemort hatte ihn unter Kontrolle. Es war anscheinend eine sehr kranke Art der Freundschaft. Was Riddle sagte, war Gesetz. Deshalb war ich in Slytherin auch bekannt wie ein bunter Hund. Niemand interessierte sich mehr für meine Herkunft. Ich war das Mädchen, dass sich Riddle entgegenstellte.
"Also, worüber habt ihr geredet?", fragte Lestrange und klopfte mit den Handflächen auf den Tisch.
"Gnome", antwortete ich schlicht und ein weiterer Junge setzte sich auf einen Platz Riddle gegenüber.
"Gnome?", wiederholte der und fuhr sich über seine wilden, brünetten Haare. Er winkte kurz und stellte sich als Mulciber vor. "Wann kommt denn endlich das Frühstück?" Ich zuckte mit den Schultern und überblickte ratlos den leeren Tisch. Neugierig blickte ich mich um. Die anderen Häuser hatten auch noch nichts zu Essen. "Egal. Zurück zu den Gnomen", meinte Mulciber nun.
"Herrgott, es ging nicht um Gnome", stöhnte Riddle auf und ich verkniff mir ein Lächeln. Wenn man vergaß, wer diese Zauberer hier waren, was sie noch Schreckliches tun würden, dann konnte man Spaß mit ihnen haben. Es war als überkäme mich ein Schwall Eiswasser.
Meine Gliedmaßen fühlten sich taub an, als ich etwas wichtiges realisierte.
Ich durfte nicht vergessen, wer hier mit mir an einem Tisch saß.
Ich durfte dem Gefühl der Geselligkeit nicht nachgeben. Tausende vor mir waren auf Riddle... Nein, Voldemort reingefallen. Mir durfte das nicht passieren.
Meine Aufgabe war es nicht Freunde zu finden, ich musste weiter nach dem Erben Slytherins suchen und ihn ausfindig machen. Ich war hier um Leben zu retten.
Und ich realisierte noch etwa anderes in genau diesem einen Moment. Distanz, ich musste zwar Distanz zu Riddle... Voldemort halten, aber nur im Geheimen. Denn er war meine offene Tür. Er war die Schlüsselfigur des Stücks. Ohne ihn würde ich nichts herausfinden können. Ich brauchte sein Vertrauen."Ms de Vincent. Wie ich sehe, haben sie sich bereits eingelebt", klang plötzlich Dippets Stimme neben mir an. Ich schaute auf und bemerkte die frisierten Haare und manikürten Fingernägel. Wenn er vielleicht etwas mehr auf seine Schüler als auf sein Äußeres geachtet hätte, dann wäre uns der ganze Scheiß erspart geblieben. So oder so durfte ich daran nichts ändern. Gott bewahre, ich könne aktiv in den Verlauf der Geschichte eingreifen.
"Ja, vielen Dank, Professor", erwiderte ich und ein Magen begann zu knurren. Amüsiert blickte ich auf und schaute in Mulcibers grinsendes Gesicht. "Sagen Sie, wie sieht es mit dem Essen aus?", hakte ich nach und Dippet schaute mich verwirrt an. Skeptisch erwiderte ich seinen Blick und ignorierte das genervte Seufzen Riddles neben mir.
"Ich werde das Frühstück mit einer Rede beginnen! So wird es feierlicher", erklärte Dippet, als sei ich dämlich und verstünde den tieferen Sinn dahinter nicht. Die Jungs um mich herum stöhnten entnervt.
"Vielleicht sollten Sie das bald tun, denn einige Schüler sind bereits zurück in ihre Schlafräume gegangen, um dort zu essen", warf Riddle ein und Dippet nahm seinen Hut vom Kopf, kratzte sich seine entstehende Halbglatze und klatschte dann in die Hände.
"Na gut. Dann eben ein anderes Mal", meinte er und rief:" Das Frühstück ist eröffnet." Und einfach so erschienen zahlreiche Mahlzeiten auf den goldenen Tellern. Mulciber stürzte sich sofort auf einen Berg von Bacon und schaufelte ihn sich auf den Teller. Gerade wollte ich ihn fragen, wieso Dippet darauf verstand Ansprachen vor jedem Essen zu halten, als sich Jenna Mason neben den selig seufzenden Mulciber setzte.
"Hallo, Juuungs", flötete sie und fuhr sich durch ihr dunkles Haar. Es war mit einem grünen Haarreifen aus dem Gesicht genommen.
Die männlichen Kollegen an diesem Tisch brummten nur, doch ich zwang mich zu einem Lächeln. Anscheinend hatte ich nicht viel Auswahl was weibliche Freundschaften anging."Alexandria, richtig?", fragte sie schnippisch und ich schürzte die Lippen. Nett.
"Genau richtig. Sag mal, was ist deine erste Stunde?", hakte ich nach und heuchelte tatsächlich recht überzeugend mein Interesse. Jenna schien sich über die Aufmerksamkeit zu freuen und schob mir ihren Stundenplan unter. "Verwandlungen. Dann sehen wir uns da."
"Wir können auch zusammen hingehen. Obwohl ich am liebsten gar nicht hingehen würde", seufzte Jenna und ich runzelte die Stirn. Ich würde alles für eine Stunde Verwandlung bei Dumbledore geben. Alles.
"Wenn du uns wieder Hauspunkte kostest, ersäufe ich dich im Klo. Hast du verstanden?", sagte Riddle plötzlich und Jennas Gesicht versteinerte sich. "Dumbledore hat eh schon ein Auge auf uns. Also geh gefälligst zum Unterricht." Jenna zwang sich merklich zu einem Lächeln, das wahrscheinlich niedlich aussehen sollte. Kleine Information am Rande, das war es nicht. Es sah gekünstelt und falsch aus.
"Wieso sitzen wir nicht nebeneinander, Tom? Dann kannst du mich vor diesem Langweiler beschützen", meinte sie und aus mir platzte es einfach heraus.
"Langweiler? Dumbledore?" Alle Augen am Tisch starrten mich an. Zunehmend unruhiger werdend, nahm ich einen Schluck Saft aus meinem Becher und grinste dann frech. "Ihr seid aber alle herrlich darauf reingefallen", spottete ich und die anderen lachten. Einzig Riddle musterte mich weiterhin scharf.
"Du hattest noch nie eine Stunde bei ihm. Woher weißt du ob er langweilig ist?", fragte er skeptisch und ich wandte mich ihm zu.
"Ich habe Ohren, Riddle. Und ich tendiere dazu meinen Ohren zu glauben, wenn sie häufig die selbe Meinung vernehmen", meinte ich und achtete darauf, dass mich meine Nervosität nicht verriet. Er starrte mich noch einen Moment lang an, dann grinste auch er.
"Gut, denn Lügen haben bekanntlich kurze Beine."
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Our Time - Eine Harry Potter/ Tom Riddle Fanfiction
Hayran KurguDie Kammer des Schreckens wurde geöffnet. Erneut. Alexandria Grey findet sich als neue Hauslehrerin der Gryffindors und Lehrerin für Verteidigung gegen die dunklen Künste in der magischen Welt von Hogwarts wieder. Zwischen Auseinandersetzungen mit i...