8

3.1K 123 12
                                    

Die erste Hürde hatte ich geschafft. Benommen ging ich die Stufen hinab und steuerte beinahe automatisch auf den Gryffindor Tisch zu. Ruckartig durchfuhr es mich. Slytherin. Ich musste nach Slytherin. Ich machte einen Bogen und setzte mich auf einen leeren Platz neben ein fies aussehendes Mädchen. Ich fühlte mich bereits jetzt schrecklich unwohl. Und das obwohl ich eigentlich erwachsen war. In meiner Zeit war ich eine Lehrerin. Traurig eigentlich, dass ich so nervös war.

"Herzlich Willkommen in Slytherin. Der Hut hat ja ewig gebraucht", sagte sie und rollte mit den Augen. "Ich bin Jenna Mason." Ich setzte ein falsches Lächeln auf.

"Alexandria de Vincent", stellte ich mich vor. Jenna begann mich mit Fragen zu bombardieren, denen ich nun merklich genervt antwortete. Ich war in Slytherin. Meine wenige Geduld musste ich hier nicht verbergen. Niemanden würde es wundern, sollte ich die Fassung verlieren. Dieses Haus war schließlich nicht für Sanftmut bekannt. "Zwischen welchen Häusern hat er eigentlich geschwankt?", fragte sie nun und ich hätte beinahe das Gesicht verzogen. Sag jetzt bloß nicht Gryffindor, bloß nicht. Doch ich sollte nicht zu meiner Antwort kommen.

"Mason. Es reicht", sagte der Junge gegenüber von mir und ich schaute überrascht auf. Er lächelte mir charmant zu und streckte die Hand aus. Ich schlug ein. Er sah makellos aus. Sein Gesicht hatte keine einzige Unebenheit. Alles an ihm war so unnatürlich perfekt, dass ich zweimal hinsehen musste, um es zu glauben. Verglichen mit Devs rauer Schönheit, wirkte dieser junge Mann wie gemalt. Als wäre er einfach auf einer Leinwand entworfen und zum Leben erweckt worden. Alle beide waren sie überdurchschnittlich attraktiv und doch so unterschiedlich, dass ich mich fragte, wie ich in meinem Leben auf zwei so gutaussehende Menschen stoßen konnte.
Und er war genau der Typ Mann, der mir gefiel. Ich war Frau genug, das zuzugeben. Er hatte helle Haut, ohne blass auszusehen, dunkles und volles Haar und leuchtende Augen. Auch wenn seine grün waren und ich normalerweise blaue Augen unglaublich anziehend fand, zogen sie mich in ihren Bann. "Sie ist so schrecklich aufdringlich", sagte er und seine Stimme klang unglaublich melodisch. Ich blinzelte und zwang mich, auf den Boden der Tatsachen zurückzukommen. Um mich zu verknallen, war ich nicht hier.

"Das ist mir auch schon aufgefallen", erwiderte ich und bemühte mich um einen arroganten Tonfall. Er schmunzelte und mein Blick fiel auf das silberne Vertrauensschülerabzeichen an seinem Revers. Irgendetwas klingelte da in meinem Kopf, aber ich kam nicht darauf. Die verdammte Lampe wollte in meinem Kopf einfach nicht angehen.

"Aber ihre Frage stelle ich mir auch. Wo wollte der Hut dich einordnen?" Ich zog die Augenbrauen zusammen. Wollte der mich verarschen? Ich blieb still und hielt seinem stählernen Blick stand. Sein Lächeln wurde merklich steifer. Wenn ich mich nicht täuschte, hielten die anderen Schüler in dem inne, was sie gerade taten und beobachteten uns gespannt. "Wenn du in Hogwarts überleben willst, solltest du tun, was ich dir sage", drohte er mir und senkte dabei nicht einmal die Stimme. In meinem Kopf klingelten die Alarmglocken. Ich beugte mich vor und stemmte dabei die Hände auf den Tisch.

"Dann plane ich wohl besser meine Beerdigung, denn ich werde dir sicher nicht gehorchen", erwiderte ich trocken und deutete auf den Tisch. "Wann kommt das Essen?"

Zwei Stunden später saß ich im Gemeinschaftsraum der Slytherins und versuchte mich an die Umgebung zu gewöhnen. Die Töne des Hauses waren überall, silberne Applikationen und grüne Polster. Und auch wenn er sehr dem Raum der Gryffindors äußerst ähnlich sah, kam ich nicht umhin, mich unwohl zu fühlen. Meine Auseinandersetzung mit dem Vertrauensschüler hatte die Runde gemacht. Anscheinend hatte ich gegen ein ungeschriebenes Gesetz verstoßen. Man legte sich nicht mit ihm an, was für mich bedeutete, dass er ein ganz heißer Kandidat für den Titel Erbe Slytherins war. Ich blieb noch lange auf und schaute ab und an von meinem Lehrwerk für Kräuterkunde auf. Aus meiner Schulzeit war nicht allzu viel hängen geblieben, was dieses Fach betraf. Außerdem war es eine vortreffliche Möglichkeit unauffällig die anderen Schüler zu beobachten. Doch mit jeder verstreichenden Stunde, gingen mehr und mehr Slytherins zu Bett und schon bald saß ich alleine mit dem Vertrauensschüler im Gemeinschaftsraum. Er starrte mich unverhohlenen an und ich klappte genervt das Buch hin. Der Junge stand auf und setzte sich auf einen Sessel mir gegenüber. Er schlug die Beine übereinander und legte die Unterarme auf den Lehnen ab. Tatsächlich saß er wie ein Maffiaboss da.

"Magst du Tiere?", fragte er plötzlich und ich verzog überrascht das Gesicht. Eine solche Frage hatte ich nicht erwartet. Ich hatte mit Interesse nach meiner Herkunft gerechnet, mit Fragen nach meinem Charakter. Aber nicht mit so etwas. Misstrauisch beäugte ich ihn.

"Nicht alle", antwortete ich vage und der Junge grinste hämisch. Er tippte mit seinen Fingern auf das Leder und das dumpfe Geräusch hallte in dem verlassenen Raum nieder.
Dum.
Dum.
Dum.
Mein Herzschlag wurde schneller und ich tastete nach meinem Zauberstab. Ich wusste, das Voldemort in diesem Haus war. Nur weil ich ihn nicht sehen konnte, hieß es nicht, dass er nicht hier war.

"Das Wappentier von Slytherin ist eine Schlange. Magst du sie?", stellte der Junge erneut eine Frage, die noch seltsamer als die letzte klang. Ich beugte mich nun ebenfalls vor.

"Nicht besonders", sagte ich wahrheitsgemäß und er grinste nun schadenfroh.

"Zu schade", meinte er, zückte seinen Zauberstab und raunte:" Serpensortia."
Sofort schoss eine Schlange hervor, eine Königskobra und landete mit einem Klatschen auf dem steinernen Boden. Beruhigt atmete ich auf. Es war nur eine Schlange. Zwar eine giftige, aggressive Schlange, aber nur eine Schlange. "Du hättest mich nicht verärgern sollen", drohte der Typ nun und strich sich seim dunkles Haar zurück. Ich lächelte müde. Vielleicht sollte ich einfach ins Bett gehen.
"Noch lachst du", zischte er und tat dann etwas, das mich wirklich überraschte. Er sprach Parsel:" Greif sie an, beiß sie. Bedroh sie... mach ihr Angst."
Ich starrte ihn mit großen Augen an. Denn ich wusste nun, wen ich vor mir hatte. War ich dämlich. Ich hätte längst eins und zwei zusammen zählen müssen. Vor mir stand kein geringerer als Tom Riddle.

Our Time - Eine Harry Potter/ Tom Riddle Fanfiction Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt