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"Halte nach mir Ausschau und du wirst ein Teil meines Erbes", las ich leise und starrte auf den Anhänger in meiner Hand. Eine kleine Schlange aus Keramik lag in meinen Händen und ihre Augen waren aus Smaragden gefertigt. Gedankenverloren starrte ich aus dem Fenster des leeren Aufenthaltsraums und beobachtete die dicken Regentropfen, die an den Scheiben herunter liefen. Ich stand erneut vor einem Rätsel. Die Schlange als Symbol für den Erben Slytherins, das hatte ich mir schon gedacht. Sie passte auch in das biblische Beispiel, da der Teufel dort als Schlange auftrat. Und Riddle hatte in der Tat etwas Teuflisches an sich.
Was mich wunderte war, dass er mir so bereitwillig half, seine Geheimnisse zu erfahren. Spielte er nur mit mir?
Aber er konnte nicht wissen, dass ich über den Erben und die Geschehnisse im Schloss Bescheid wusste. Niemand kannte meine eigentliche Herkunft.
Und Abgesehen von meinem Misstrauen Riddle gegenüber, war es schier unmöglich in diesem Schloss das richtige Abbild einer Schlange zu finden. Es war als Hauswappen der Slytherins quasi überall. Überall.

"Du siehst müde aus", sagte Mulciber und setzte sich zu mir. Er schwänzte also auch Kräuterkunde. Madame Penswick war steinalt und konnte selbst an guten Tagen nicht unterscheiden, ob ihre Klasse vollständig war oder nicht. Eigentlich war sie mehr Belastung als Hilfe, aber Schulleiter Dippet sperrte sich vehement gegen eine Neubesetzung der Stelle. Und so, wie sollte es auch anders sein, kamen an guten Tagen vielleicht die Hälfte aller Schüler zu ihren Stunden. Mit Konsequenzen hatten sie schließlich nicht so fürchten.

"Danke", brummte ich und klappte die Schatulle vor mir zu. Mulciber grinste schief und legte die Beine auf den Stuhl neben ihm.

"Ich hatte das nicht als Beleidigung gemeint, Alex. Es ist mir nur aufgefallen. Du solltest weniger lernen und mehr Spaß haben", erklärte er sich und ich beäugte ihn skeptisch. Ich kannte Mulciber, er führte sicher etwas im Schilde. Und spätestens als ich Lestrange durch die Tür treten sah, war ich mir sicher.

"Also gut, was willst du?", fragte ich Mulciber und der fasste sich theatralisch an die Brust. Ganz so, als sei er von einer Kugel verwundet worden. Ich wandte mich Letsrange zu, der noch schnell versuchte hinter einer Säule in Deckung zu gehen. "Ich habe dich gesehen. Beweg deinen Hintern hierher. Ihr habt mir noch was zu erklären." Lestrange stieß einen Seufzer aus und ließ sich dann grinsend auf einen Stuhl plumpsen.

"Wir haben da so eine Idee", setzte er an und wurde sofort von Mulciber unterbrochen.

"Genau, wir haben es satt, ständig im Schloss zu bleiben", ergänzte er und Lestrange griff den Faden erneut auf.

"Das Schuljahr geht langsam zu Ende und unser letzter Besuch in Hogsmeade ist auch schön ewig her." Lestrange zog das vorletzte Wort nahezu schleppend in die Länge. Ich hob skeptisch eine Augenbraue.

"Der letzte Besuch war vor zwei Wochen", entgegnete ich kühl.

"Sage ich doch! Ewig." Ich drehte mich auf meinem Stuhl um, damit ich die beiden besser sehen konnte. Sie trugen lange Mäntel, die Winteruniform, die jetzt im Frühling anfing zu warm zu sein.

"Also kommst du nun mit nach Hogsmeade?", fragte Mulciber und schob bettelnd die Unterlippe vor. "Bitte, bitte?" Ich grinste und schaute mich nach ungewollten Zuhörern um. In Slytherin war man vor denen nämlich niemals sicher, das hatte Devlin mir einmal erzählt. Devlin. Ich schob den Gedanken an ihn fort, verpackte ihn in einem Karton im letzten, hintersten Winkel meines Gehirns. Wer weiß? Wenn ich wieder da wäre, vielleicht hätte er sich dann schon nach etwas anderen umgesehen? Und wer konnte es ihm verübeln. Ich war einfach weg, verschwunden. Ohne Sang und Klang.
Ich zwang mich zurück in die Gegenwart. Gegenwart, klang zwar irgendwie falsch, aber egal. Ich hatte Fragen.

"Wie wollt ihr ungesehen nach Hogsmeade kommen?", hakte ich nach und Lestrange nickte aufgeregt. Und ich bekam plötzlich Schiss.

"Tom hat da so seine Wege", antwortete er und ich schluckte. Toms Wege kannte ich nur zu gut.

"Liegt jemand geknebelt in einer Ecke?", fragte ich und wollte die Antwort eigentlich gar nicht hören.

"Nicht so ganz, aber nah dran. Respekt. Jenna ist da nie draufgekommen", meinte nun Mulciber und ich seufzte.

"Ja, weil Jenna Stroh im Kopf hat", sagte nun wieder Lestrange und ich erhob mich. Ich packte meine Sachen zusammen und warf den Jungs einen Blick über die Schulter zu.

"Ich hole nur eben ein wenig Geld." Und damit war es vollbracht, ich baute Scheiße. Das erste Mal in meinem Leben so richtig und auch so richtig absichtlich.
Was war ich doch langweilig? Ich hatte tatsächlich darüber nachgedacht, Dumbledore zu informieren. Wie erbärmlich.
Als ich angezogen zu den Jungs kam, grinsten sie von einem Ohr bis zum anderen. Ich schaute sie strafend an und wurde mit einem Lachen entlohnt.

"Wehe wir werden erwischt", brummte ich und folgte den beiden durch das Schloss, den Weg hinab ins Dorf und in ein kleines Haus, das es in meiner Zeit nicht gab. Es war verbunden mit dem Eberkopf. Es wirkte wie ein kleiner Pub für Schüler. Das Licht war schummerig und die Musik laut. Es gefiel mir auf Anhieb.

"Da seid ihr ja. Wie lange braucht man dafür, ein Mädchen zu holen?", stöhnte Riddle hinter uns auf und ich stach ihm mit dem Zeigefinger in die Brust.

"Ich bin mehr als nur ein Mädchen, Kollege", stellte ich klar und er ergriff meine Hand. Er führte sie an seine Lippen und hauchte mir einen Kuss auf die Fingerknöchel. Wow, hatte ich eine Tonne Raupen gegessen oder warum war mein Bauch voll mit Schmetterlingen?

"Wo du Recht hast... Denn ich würde nicht mit jedem Mädchen tanzen wollen", sagte Riddle und zog mich auf die Tanzfläche. "Ich wusste, dass du besonders bist. Vom ersten Tag an wusste ich es", flüsterte er und wiegte uns im Takt. Der Pub war voll mit anderen Schülern, doch ich ignorierte sie. Ich war auf Riddle fixiert.

"Ja?"

Er senkte den Kopf und hielt vor meinen Lippen inne. Mein Herz schlug schneller und mein Blut begann zu kochen. Würde er mich küssen?

Our Time - Eine Harry Potter/ Tom Riddle Fanfiction Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt