Vierzig

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Chloé

Die ganze Nacht machte ich kaum ein Auge zu. Erst um halb sieben fiel ich vor lauter Müdigkeit in einen unruhigen Schlaf. Ich konnte mich kaum daran erinnern wann ich das letzte Mal so beschissen geschlafen hatte. Denn immer wieder musste ich an den gestrigen Abend denken, daran was Sarah mir an den Kopf geworfen hatte. Aber auch an die Situation mit Mason. So sehr ich es versuchte, ich konnte es einfach nicht verdrängen. Den Abend hatte ich mir echt anders vorgestellt. Als ich in mein Bett gestiegen bin war ich wieder ziemlich nüchtern und alleine, ich wälzte mich von einer Seite auf die andere. Selbst als ich meinen Fernseher anmachte, konnte ich nicht entspannen- auch nicht bei einer Folge Friends. Frustriert schaltete ich aus. Auch wenn mir klar war, dass Sarah gestern Abend ziemlich betrunken war und ihr das nur so rausgerutscht ist traf es mich ziemlich. Vor allem weil es der Wahrheit entsprach. Sie sprach das aus, was sie sich nüchtern nicht getraut hatte zu sagen oder einfach aus ihrer Wut heraus. Und ich verschloss die Augen vor dieser Wahrheit. Jen und Mason hatten was miteinander, das spürte ich. Außerdem sah man es ihnen an, wie sie sich gegenüber verhielten. Vor allem Jenna konnte ja kaum die Finger und Augen von ihm nehmen, aber Mason schien das zu gefallen und störte sich nicht daran. Ich wollte ihm nicht unterstellen, dass dort Gefühle im Spiel waren und das ganze nicht nur eine lockere Affäre war. Einfach nur für den Spaß, weil es sich anbietet. Auch wenn ich das nicht genau wusste, hoffte ich es. Weil ich nicht wusste, ob ich es ertragen könnte die beiden zusammen zu sehen wie auf den vorherigen Parties. Wenn das der Fall sein sollte, musste ich auswandern. Zu schmerzhaft wäre die Vorstellung, er könnte jemand anderes lieben. Wenn Mason wirklich was für sie empfand hätte er mich dann gestern geküsst? Was sollte dieser Kuss eigentlich? Als ob er testen wollte, ob wirklich echte Gefühle für mich im Spiel waren oder so. Ich war nicht sauer deswegen, nur verdammt verwirrt. Egal wie lange ich darüber nachdachte, ich kam zu keinem sinnvollen Entschluss. Es war mir immer noch ein Rätsel. Natürlich war der Kuss unglaublich gut und bedeutete mir auch was. Doch ich hatte Angst, dass er mir mehr bedeutete als er sollte. Außerdem war ich noch verunsicherter als davor. Wie auch immer ich es drehte und wendete, ich kam zu keinem Entschluss. 
Aber was mir mindestens genauso viel Unmut bereitete war das Gespräch mit Sarah gestern. Wir stritten uns so gut wie nie, vor allem nicht so krass. Und nicht weil einer Mist gebaut hatte, wenn dann nur weil wir verschiedener Meinungen sind. Aber irgendwann ist ja immer das erste Mal. Und die Schuld lag ganz bei mir. Erst jetzt kamen mir Zweifel, ob es wirklich richtig war Brad die ganze Sache zu stecken. Nicht unbedingt, weil ich es getan hatte sondern aus den Gründen warum ich es getan hatte. Auch wenn ich mir einredete, dass ich Sarah nur vor ihren Emotionen und schmerzhaften Erinnerungen bewahren wollte, wusste ich nicht ob das wirklich so der Fall war. Oder besser gesagt ob es der Hauptgrund war. Wahrscheinlich hatte sie sogar Recht und ich wollte nur das Glück anderer zerstören, ich konnte es den beiden einfach nicht gönnen. Ich hatte wirklich lange über ihre Worte nachgedacht und wahrscheinlich hatte sie Recht. Meine Absichten waren gut, das hatte ich mir zumindest eingeredet. Doch jetzt wurde mir klar, dass ich nicht im Recht war, Brad das zu erzählen. Ich hätte es einfach Sarah überlassen sollen, ihr Zeit geben sollen und mich raushalten. Doch ich konnte es nun mal nicht ungeschehen machen und es war jetzt so passiert. Zwar sollte ich ihre Beziehung nicht sabotieren, dennoch kam ich nicht damit klar wie glücklich die beiden waren. Auch wenn sie sowas nie öffentlich oder zu mir gesagt hätten, merkte ich es beiden an. Dafür kannte ich sie zu gut, dass sie es vor mir verheimlichen konnten. Vielleicht war das auch einer der Punkte, diese Geheimniskrämerei. Weil ich es selber nicht hin bekam. Deswegen musste ich mit Sarah reden, heute noch. Es musste nicht heute früh sein, ich wollte ihr wenigstens etwas Zeit geben. Aber wir hatten einiges zu klären, einige Karten mussten auf den Tisch gelegt werden. Natürlich hatte ich eine Heidenangst davor, weil ich sie so noch nie erlebt hatte. Dennoch war es das einzige was ich bei dieser Situation tun konnte, damit ich nicht sie auch noch verlor.

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