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• M I L E S •

So schlimm wie Anfangs vermutet, ist das Abendessen mit meiner Psychologin und ihrer Familie gar nicht.
Schon von Anfang an versucht Misses O'Brien mir die Anspannung zu nehmen. Ich weiß ja, dass sie Schweigepflicht hat, aber trotzdem freut es mich, dass sie kein Wort über unsere Bekanntschaft verliert.
In der Praxis ist sie auch immer sehr nett, aber hier wirkt sie ebenso herzlich, vor allem im Umgang mit Emma.
Auch ihr Mann ist freundlich, wenn auch nicht wirklich sympathisch. Man muss ihn nur ansehen und erkennt, dass er sich einbildet, sein Esszimmerstuhl sei ein verdammter Thron.
Bei diesen Genen wundert mich, was Jacksons Verhalten angeht, gar nichts mehr. Zumindest in die negative Richtung. Denn, dass er vorhin nach mir gesehen hat, hat mich ziemlich gewundert.
Irgendwie mag ich es, dass sich unsere Unterarme beim Essen manchmal berühren. Meistens ignoriere ich es ganz gut, aber einmal werfe ich ihm einen überprüfenden Blick zu und erkenne sein leichtes Grinsen. Das bringt mich zum Schmunzeln.
Außerhalb der Schule und weg von seinen Freunden ist er irgendwie anders. Nicht so bestimmerisch, rechthaberisch und... böse.
Er ist süß.
Er hat mir sogar was von seiner Cola angeboten.

Der Stolz in seinem Blick, als ich es angenommen habe, weil ich wusste, dass er damit seine Eltern provozieren will, hat Bände gesprochen.
Nach dem Hauptgang teilt eine Köchin uns mit, dass das Dessert bereitsteht und Mister O'Brien meint, dass sie es servieren können und dann Feierabend machen.
Obwohl ich weiß, dass sich Schokolade und Zucker mit meinem Hauttyp nicht gut vertragen und meine Akne, gegen die ich bisher erfolgreich kämpfe, triggert, muss ich einfach zuschlagen. Das ist so lecker!
Ich bin total im Bann des Schokoladengusses, als ich plötzlich ein Kichern höre und fragend zu Emma sehe. „Was'n?"
Nun beginnt auch Misses O'Brien zu schmunzeln und Jackson neben mir lacht leicht.
„Warte", meint er grinsend.
Ehe ich mich versehe, habe ich auch schon seinen Daumen am Mundwinkel, wo er Schokolade wegstreicht.
Meine Augen werden ganz groß, mein Mund klappt auf.
Gott, es ist so kitschig, aber es kommt mir gerade echt so vor, als läge ein Schleier über uns, als liefe romantische Musik im Hintergrund, als er sich grinsend die Schokolade von Daumen leckt und seine grünen Augen mich dabei amüsiert anfunkeln.
Der Moment ist aber ganz schnell vorbei, als er mir zusätzlich einen Klapser auf den Kopf gibt. „Nicht mal richtig Essen kannst du", er schüttelt missbilligend den Kopf, aber grinst dabei.
Beleidigt reibe ich die Stelle, die er geschlagen hat, und brumme ein: „Fiesling" in seine Richtung.
„Süß, wie er jetzt anfängt zu schmollen", grinst er und kickt mit dem Knie unter dem Tisch an meinen Oberschenkel, lässt es dann dort angedockt.

„Seid ihr in der Schule eigentlich befreundet?", fragt Misses O'Brien neugierig.
Ich sehe zurück in meine Schokoladenschüssel, damit sie meine roten Wangen nicht erkennt.
Bis auf meine Familie ist sie die Einzige, die weiß, was mit mir los ist. Also weiß sie auch, dass ich gerade so verlegen werde, weil ich Jackson verdammt heiß finde. Und das ist nicht gut.
„Joa, wir haben ihn adoptiert", meint Jackson mit einem Schulterzucken, um die Frage seiner Mum zu beantworten.
Emma kichert leicht über die Wortwahl und ich hebe den Blick wieder, um Jackson anzulächeln. Er hat den Blick zwar nur auf seiner Mum, aber das ist mir egal. Er ist auch so anlächelnswert.
„Emma, Schatz, nimm dir doch Jacksons Nachtisch, wenn er seinen nicht isst", erklingt die dunkel Stimme zu meiner rechten.
Jacksons Vater könnte ihn ruhig mal fragen, ob er sein Mouse vielleicht einfach später essen will. So ein Depp.
„Willst du das noch?", fragt Emma Jackson.
Er ist heute ungewöhnlich abweisend zu ihr, seit seine Eltern da sind. Diese Familie ist ja noch seltsamer als meine.
„Ich wollte es Miles geben." Jackson sieht seine Schwester dabei nicht mal an und stellt seine kleine Glasschüssel mit der Schokolade zu mir, aber mit einem Geräusch, das signalisiert, dass er angespannt ist.
Auch sein Dad scheint nicht gerade vor Freude zu triefen, er mahlt mit den Zähnen.
„Äh..." ich bin ein bisschen überfordert. „Danke, Jacks" Ich sehe ihn unsicher an, weil er mir ein bisschen Angst macht, wenn er so drauf ist.
Bei ihm kann man nie wissen! Dann nehme ich seine Mouse aber und reiche sie Emma rüber. „Hier, Mäuschen. Ich muss auf meine Linie achten." Durch ein Lächeln und ein Zwinkern an sie versuche ich wenigstens ihre Laune wieder zu heben.
Kichernd nimmt sie den Nachtisch. „Danke, Miles. Aber du bist doch gar nicht dick."
Ich muss leicht schmunzeln. „Ne bin ich nicht, aber bei mir setzt sowas total schnell an. Ich will nicht umsonst jahrelang trainiert haben, um einen Sixpack zu bekommen und das dann durch ein bisschen Schokolade wieder verlieren."
Emma kichert und wird ein bisschen rot. „Du hast einen Sixpack? Zeig mal."
Wow. Also in diese Richtung sollte das nicht gehen.
„Jeder halbwegs sportliche Typ hat Muskelansätze, mach keine große Sache draus. Du wirst den nackten Oberkörper eines Mannes erst sehen, wenn du einen Ehering am Finger hast, und das untenrum kannst du dir gleich komplett abschminken, wenn du nicht willst, dass ich es abreiße." Jackson sieht seine Schwester streng an, die daraufhin Beschwerden vor sich hinbrabbelt, aber dazu nichts mehr sagt.

Real me [BoyxBoy] + Cupid42hearts Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt