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• M I L E S •

Heute freue ich mich mehr auf die Pause als sonst, da ich leider in den ersten beiden Stunden einen Kurs nur zusammen mit Jackson habe, was bedeutet, dass ich Logan erst danach sehen werde.
Es stellt sich mal wieder als nicht sehr intelligent von mir heraus, so spät gekommen zu sein, da ich nun in der ersten Reihe sitzen muss, neben irgendeinem Mädchen, das mir bisher gar nicht so aufgefallen ist.
Ich lächele sie nur kurz an, sie mich ebenfalls und dann startet der Unterricht.
Die ganze Zeit über spüre ich Blicke in meinem Rücken, als würde man versuchen, mich durch diesen zu erstechen. Es fühlt sich auch so an, als würde das funktionieren.
Wirtschaft ist auch noch ein so langweiliges Fach, dass ich mich nicht mal durch den Unterricht davon ablenken kann, totgestarrt zu werden.
Das ist echt unangenehm.
Ich unterhalte mich hin und wieder etwas mit meiner Nachbarin -Lisa- weil uns beiden langweilig ist. Leider führt das aber dazu, dass der Lehrer irgendwann die Schnauze voll von unserem Getuschel hat und uns auseinander setzt.
Ich soll mit Sam Platz tauschen.
Ich räume also meine Sachen zusammen, stehe auf und sehe mich nach Sam um.
Er erhebt sich gerade von dem Platz neben Jackson und kommt mit grimmiger Miene zu mir.
Als er sich hinsetzt, tut er es so, dass er mich dabei nicht gerade sanft wegstößt.
Ich ignoriere es einfach und mache mich auf den Weg zu meinem Lieblingsmenschen.
Die Ironie in diesem Satz hat ja fast schon ein Eigenleben...

Ich kann Jackson nur in seine kühlen Augen starren, als ich mich zu ihm bewege, und bemerke daher nur aus dem Augenwinkel, wie Caleb mir durch eine kleine Fußbewegung seinen Rucksack in den Weg schiebt.
Alles, was diese Aktion bewirkt, ist, dass ich ins Stolpern gerade, versuche mich irgendwo abzufangen und alles greife, was ich zu greifen bekomme.

Jetzt hinterher weiß ich, es wäre besser gewesen, einfach vollends auf die Fresse zu fliegen und dabei alle Zähne zu verlieren.
Den Grund dafür begreife ich auch erst so richtig, als auch schon ein Raunen durch die Klasse geht und unauffällig Fotos gemacht werden wie ich bei Jackson auf dem Schoß sitze, mich an ihn klammere und er vor Überraschung ebenfalls die Arme um mich geschlungen hat.
Aus großen Augen sehen wir uns an, sind einfach nur bewegungsunfähig.
Dann geht alles ganz schnell, ich will aufspringen, schlage mir dabei aber das Knie an, lande doch irgendwie auf dem Boden und mit dem Gesicht da, vorher mein Hintern war.
In seinem Schoß.
Das Raunen wird lauter.
Etwas in mir will mein Gesicht einfach dort lassen, wo es ist, ich würde am liebsten in Jacksons Hose kriechen und nie mehr rauskommen, damit ich die Welt nicht mehr sehen muss, aber ich weiß, das ist leider unmöglich und würde alles nur noch schlimmer machen, also stehe ich schnellstmöglich auf, wobei ich aber so geschickt bin und mich direkt auf seiner Leiste abstütze, sodass er keucht und das nicht vor Schmerzen...
Ein überprüfender Blick auf seinen Schoß verrät mir, dass seine Hose ungewöhnlich ausgebeult ist.
Ungläubig sehe ich ihn seine Augen.
„Würden sie sich dann nach diesem Zirkus endlich setzten?!", fordert der Lehrer ungeduldig.
Ich schlucke, traue mich nicht, mich zu bewegen, weiß, dass etwas in Jacks vorgeht.
Ehe ich mich versehe, halte ich mir auch schon meine schmerzende Unterlippe, auf der er mit seiner geballten Faust geschlagen hat, höre die Worte.
"Fass mich nie wieder an, du drecks Schwuchtel!" in meinem Kopf wiederhallen und sehe nur noch Jacksons Rücken, als er aus der Tür stürmt und sie hinter sich zuknallt.
Peinlich ist gar kein Wort, um zu beschreiben, was hier gerade passiert ist.

Wieso immer ich?!
Womit habe ich mir dieses Karma aufgeladen?!
Die gesamte Unterrichtsstunde wird nur noch getuschelt und das natürlich über mich. Es wird spekuliert, ob ich wirklich schwul bin und mich an Jackson ranmache. Leute erfinden Gerüchte und ich weiß, wahrscheinlich weiß schon ganz New York City davon, bevor ich das überhaupt alles erstmal begreifen kann.
Zu Stundenende flüchte ich genau mit dem Läuten aus dem Raum. Ich will einfach nur noch weg. Ich weiß, es gibt nur eine Person, die mich jetzt aufmuntern kann und steuere daher Logans Spind an.
Die Flure sind noch leer, weil sie die Lehrer nie an die Schulglocke halten, was ich im Übrigen auch hasse, ich meine, wozu ist die denn da, wenn nicht, um die Schüler von ihrem Leid zu erlösen? 
Dass mein Lehrer mir hinterher gerufen hat, habe ich auch ignoriert.
Ich gehe schnell zu Logans Spind, werde aber leiser, als ich seine Stimme höre, die sich direkt um das Eck herum befindet.
„Hör zu, Jackson ist mein bester Freund. Er ist mir echt verdammt wichtig. Ich will das nicht aufs Spiel setzen, egal, wie sehr ich dich mag."
Die Antwort der Peron ist zu leise, um die Stimme zu hören und somit feststellen zu können, mit wem Logan da spricht, während er so leidend klingt.
Ich weiß, ich sollte es nicht tun, aber ich verlangsame meine Schritte, verstecke mich hinter der Ecke und... belausche meinen Freund.
Ich meine, ich habe ja bemerkt, wie schlecht es ihm geht. Und da er ja nicht mit mir darüber reden will, bekomme ich vielleicht so Antworten darauf, wie ich ihm helfen kann.
„Wir hatten die letzten Tage schon genügend Stress. Weißt du eigentlich, was das mit mir gemacht hat, als er plötzlich vor meiner Tür stand und mich umarmt hat als hätten wir uns Jahre nicht gesehen? Er war total verzweifelt. Scheiße, Emma, ich musste mich so zusammen reißen, nicht einfach loszuheulen. Ich kann und will Jacks nicht verlieren. Es tut mir leid, dass ich dich dafür verletzen muss, aber er ist mein bester Freund und du bist..."
„Was?" Ihre Stimme klingt scharf, so wie ich es ihr niemals zugetraut hätte. „Was bin ich?", drängt sie ihn.
„... Seine kleine Schwester."
Ich höre ihr Schnauben, bemerke, wie verletzt es klingt.
„Mag ja sein, aber für dich bin ich mehr."

Da ich dem allen nicht wirklich glauben kann, luge ich um die Ecke herum, sehe wie Logans Körpersprache von seinem Leid zeugt und wie die kleine Emma den Kopf schüttelt.
„Ich bin so enttäuscht von dir, Logan. Du spuckst so große Töne, aber wenn es darauf ankommt, tust du, was du immer tust. Du versteckst dich hinter Jack. Wie kannst du mit ihm befreundet sein und trotzdem so eine Angst vor ihm haben?"
Logan wirkt so, als würde er mit jedem ihrer Worte kleiner werden.
„Ich habe keine Angst vor ihm, sondern davor, ihn zu verlieren. Du verstehst das noch nicht, du bist grade mal solange am Leben wie er schon mein bester Freund ist..."
Ich höre es schon schallen, bevor ich sehe, wie Emma Logan eine saftige Backpfeife verpasst.
„Dass ich erst 15 bin, hat dich auch nicht davon abgehalten, mich zu küssen", zischt sie.
Logan schaut traurig auf den Boden und murmelt: „Es tut mir leid, Em."
Sie schnaubt. „Spar dir das. Aber eins sage ich dir, ich werde Jack nicht anlügen, falls er mich darauf ansprechen sollte... Die Schläge, die er dir dafür verpassen wird, hast du verdient."

Als ich sehe, wie sie losstapft, gehe ich schnell ein paar Schritte zurück und tue so, als würde ich gerade erst ankommen.
„Oh hei Em."
Sie lächelt mich traurig an, ihre Augen mit Tränen gefüllt, die sie wohl vor Logan hat verbergen wollen. „Hi Miles."
„Alles okay? Kann ich dir irgendwie helfen?", hake ich besorgt nach.
Ich weiß zwar nicht genau, was das alles zu bedeuten hat, ich weiß nur, dass es Emma sehr schlecht geht gerade.
Sie aber lächelt tapfer, selbst, als ihr eine Träne über die Wange fließt. „Alles super, hab nur ne Wimper im Auge. Ich gehe mal im Spiegel schauen, wie ich die rausbekomme. War schön, dich gesehen zu haben." Dann rennt sie auch schon den Flur entlang und verschwindet in einer Toilette.
Mit einem unguten Gefühl gehe ich nun um die Ecke.
Langsam füllen sich die Flure, aber das ist mir egal.
Ich gehe zu Logan. Er lehnt kraftlos an der Wand, deckt mit beiden Händen sein Gesicht zu. Der Arme.
„Logan", hauche ich leise, lege dabei meine Hand auf seine Schulter.
Er schüttelt bloß den Kopf, dieser kippt nach vorne auf meine Schulter.
Ehe ich mich versehe, weint er auch schon an meinen Hals. Überfordert lege ich die Arme um ihn.
Die Gänge werden immer voller und ein paar werfen uns schon blöde Blicke zu, also schiebe ich Logan in den Klassenraum, der uns am nächsten ist und sich gerade geleert hat. Nur der Lehrer ist noch da, aber nachdem ich ihn bittend ansehe, ist er weg.
Sobald wir alleine sind, schluchzt Logan sogar leise und krallt sich in meinem Shirt fest.
„Schon gut.", flüstere ich, streiche über seinen Hinterkopf. „Alles wird gut. Ich bin für dich da. Ich lass dich nicht los"
Ich weiß ja nicht genau, was los ist, daher weiß ich auch nicht, wie ich ihn trösten kann.
Trotzdem sind all diese Sätze, die ich gerade zu ihm sage nicht nur leere Floskeln. Ich meine das ernst und ehrlich.
Es dauert etwa fünf Minuten, in denen ich schon befürchte, Logan dehydriert, wenn er weiter weint, bis er sich still an mich presst und seine Tränen an meinem Shirt abwischt.
„Willst du darüber reden?", flüstere ich, um etwas produktiver zu tun, als nur als Schluchzkissen zu dienen.
Er schüttelt sofort den Kopf. „Du würdest mich hassen. Alle würden das."
„Keiner könnte das", widerspreche ich.
Logan hebt den Kopf langsam und bevor er sich die Tränen wegwischen kann, mache ich es.
„Ich verspreche dir, hoch und heilig..." Dabei sehe ich ihm eindringlich in die Augen und säubere ihn von den Spuren seines Leid. „...dass ich dich niemals hassen werde. Du bist ein toller Mensch, Logan, egal, was dich glauben lässt, dass du es nicht bist. Wir müssen nicht darüber reden, wenn du nicht willst. Aber du sollst wissen, dass ich jederzeit für dich da bin, wenn du es brauchst."
Meine Worte bringen ihn dazu, nochmal eine kleine Krokodilsträne zu vergießen, die ich aber sofort wegwische.
Er antwortet durch ein schlichtes „Danke" und ich weiß, wenn er bereit dazu ist, wird er sich bei mir melden.
Bis dahin bleibt aber genügend Platz für Spekulationen...

©Cupid42hearts

Real me [BoyxBoy] + Cupid42hearts Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt