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• J A C K S O N •

Die Hälfte der Nacht liege ich wach, während Miles in meinem Arm liegt. Es fühlt sich schon so gewohnt an, so mit ihm in einem Bett zu liegen, dass es schon fast gruselig ist.
Gilt das eigentlich schon als Betrügen?
Miles schlummert friedlich, während ich meinen Gedanken nicht entkomme.
Wenn Miles gestorben wäre, wäre es indirekt meine Schuld gewesen. Eigentlich ist auch das jetzt schon meine Schuld.
Immerhin habe ich mich mit ihm angefreundet und den Kontakt nicht beendet, so wie Jordan es wollte.
Ich konnte es einfach nicht.
Irgendetwas zieht mich einfach zu ihm hin. Außerdem hat er mir gezeigt, was wahre Freundschaft bedeutet und das wirft man nicht einfach in den nächsten Müllcontainer, nur weil es eine andere Person so will. Selbst wenn diese Person Jordan ist.

Wenn ich an die vergangenen Monate denke, weiß ich nicht, ob ich glücklich oder traurig sein soll.
Auf der einen Seite, habe ich Miles kennengelernt und auf der anderen war ich ein richtiges Arschloch, hatte die falschen Freunde, aber ich hatte eine engere und vor allem friedlichere Beziehung zu Jordan.
Miles Wort hallen in meinem Kopf wieder. Wenn Jordan das alles wirklich gesagt hat, dann...
Ja, was dann? Wenn ich mit ihm Schluss mache, wird er Miles die Schuld geben und ihn vielleicht wieder verletzen, aber wenn ich weiterhin mit ihm zusammenbleibe, wird er es wegen der Eifersucht vielleicht nochmal tun.
Verzweifelt stöhne ich kurz auf. Diese Gedanken machen mich echt fertig.

Irgendwann schlafe ich erschöpft vom ganzen Nachdenken auch endlich ein.
Gefühlte Minuten später klingelt der Wecker auch schon und reißt mich, sowohl auch Miles aus dem Schlaf. Ich löse mich von ihm und als er sich aufrichtet, drücke ich ihn wieder runter. "Schlaf weiter. Ich muss zur Schule", flüstere ich und streiche ihm nochmal kurz über den Kopf, bevor ich mir frische Klamotten nehme und aus dem Zimmer ins Bad verschwinde.
Nach einem kurzen Frühstück schnappe ich mir auch schon die Tasche und gehe zur Schule. Jordan werde ich die nächsten Tage definitiv aus dem Weg gehen. Er rastet ja jetzt schon in Schriftform aus, weil ich ihm seit gestern nicht mehr geantwortet habe.
Auf dem Schulhof treffe ich Logan an, der sich sofort über Miles Zustand erkundigt.
"Logan, kann ich nach der Schule mit zu dir? Ich brauche meinen allerbesten Freund zum reden", frage ich ihn und lächle ihn an. Er erwidert es, nickt und legt einen Arm um meine Schulter.
Es tut gut, dass sich unser Verhältnis wieder etwas entspannt hat, aber trotzdem habe ich das Gefühl, dass etwas zwischen uns steht.
Jordan und auch den Affen, oder auch Pavianen, wie Miles jetzt sagen würde, gehe ich heute den ganzen Tag gezielt aus dem Weg und hänge mich an Logan dran.

Nach der Schule schließt Logan die Tür auf und bleibt erstmal stocksteif stehen, sodass ich in ihn hineinlaufe. Leise flucht er vor sich hin und dann erkenne ich auch wieso. Mehrere leere Alkoholflaschen stehen auf der Kommode im Flur und aus dem Wohnzimmer ertönen Geräusche aus dem Fernseher.
Seine Eltern, oder zumindest einer von ihnen ist zu Hause.
"Ignoriere es einfach", meint Logan und geht dann vor mir den Weg in sein Zimmer.
Wir setzen uns gegenüber auf sein Bett.
"Soso, du hast also das Ufer gewechselt. Wie lange geht das schon?", er grinst mich an und zwinkert mir zu. Meine Augen weiten sich, als er das sagt. Nie im Leben hätte ich gedacht, dass er wirklich so locker damit umgeht.
"Was? Dachtest du etwa ich verurteile dich dafür? Man Jacks, du bist doch immer noch der gleiche Oberaffe, wie zuvor", er wuschelt kurz durch meine Haare und muss durch meinen empörten Blick lachen.
"Oberaffe, nicht du auch noch", gespielt verzweifelt lasse ich mich zurück auf sein Bett fallen, weshalb er lachen muss. Doch das vergeht ihm, als ich mich wieder aufrichte und ihn ernst ansehe.
"Reicht dir die Kurzfassung?", frage ich ihn.
"Erzähl mir einfach das, was du erzählen willst. Egal wie lange es dauert, ich höre zu", antwortet er und schaut mich dann aufmerksam an.
"Also, mein Vater hat mich ja aus der Wohnung geschmissen und ich wohne zur Zeit bei Miles. Dann kam das mit Miles. Und jetzt zu meinem Problem. Miles behauptet, dass er Streit mit Jordan hatte und der ihn dann die Treppe runtergeschubst hat. Jordan behauptet, er hatte Streit mit Miles, aber Miles wäre abgerutscht und dann die Treppe runtergefallen. Ich bin so unsicher, wem ich glauben soll. Ich meine, Jordans Geschichte klingt glaubwürdiger, einfach weil ich denke, dass er sowas nicht machen würde, aber mein Herz sagt, dass Miles recht hat, weil Jordan mit dieser kranken Eifersucht einfach zu allem fähig ist und außerdem hat er wohl zu Miles gesagt, dass ich nur seine kleine Schlampe bin."
Nach meine Rede atme ich erstmal tief durch. Es hat gut getan, das alles loszuwerden.
"Ich denke in etwa das selbe über Jordan, wie Miles. Er ist falsch und hinterhältig und nimmt sich einfach das, was er will. Miles hat recht Jacks. Nimm es mir nicht übel, aber ich hab da auch schon so einige blöde Sachen über Jordan gehört, die du vielleicht nicht hören wolltest, oder einfach blind dafür warst. Ich weiß, dass es weh tut, aber ich wollte immer nur, dass du glücklich bist und das warst du nunmal mit ihm. Deshalb habe ich nichts gesagt.
Und ja, ich finde, du solltest auf dein Herz hören", antwortet er und tippt mir kurz an die Stelle, wo mein Herz liegt.

"Logan!", brüllt es plötzlich vom Wohnzimmer aus.
Sofort springt er auf und läuft schnellen Schrittes dorthin. Ich folge ihm, bereit ihm beizustehen, was auch immer jetzt kommen mag.
Sein Erzeuger liegt da auf dem Sofa, eine ältere Frau im Arm, die viel zu wenig an und dafür viel zu viel Make-Up im Gesicht hat. Und nein, dass ist nicht Logan's Mutter.
"Bring Svetlana und mir doch noch eine Flasche Rum", ruft er, obwohl wir direkt neben ihm stehen.
Dafür, dass er so zugeballert ist, redet er wirklich noch deutlich.
"Nein", gibt Logan ernst zurück und verschränkt die Arme.
Gerade noch rechtzeitig, weicht er dem Glas aus, welches kaum ein paar Sekunden später mit einer großen Geschwindigkeit auf ihn zufliegt und dann an der Wand zerschellt. Es hinterlässt einen nassen Fleck.
"Mach jetzt, Balg!", brüllt sein Erzeuger.

Ich würde Logan gerne helfen, doch er hat mir schon vor ein paar Jahren gesagt, dass ich mich zu meinem eigenen Schutz so verhalten soll, als wäre ich unsichtbar. Ich musste es ihm hoch und heilig schwören.
Nun verschwindet er doch und kommt mit einer Flasche rum zurück, die er vor seinen Erzeuger auf den Tisch stellt, bevor er mit mir im Schlepptau wieder zurück in sein Zimmer geht.
Auch wenn er es nicht zugeben will, weiß ich, dass das alles ihn sehr belastet und ich habe Angst, dass er irgendwann daran kaputt geht, wenn er mit niemandem darüber redet.

Real me [BoyxBoy] + Cupid42hearts Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt