Streichen und Fußballer

2.9K 80 3
                                    

Giulias Sicht

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, lag ein schlafender Janni auf meinem Bauch und Nessa hatte sich ganz fest an uns angekuschelt. Ich löste mich vorsichtig aus den Umklammerung der beiden und ging in die Küche um Kaffee und Kakao zu machen. Während ich wartete, dass die Kaffeemaschine fertig war, rief ich meinen Dad an. Dieser versprach sofort und ohne Rücksicht auf Verluste, ohne meine Mutter, nach Dortmund zu kommen. Dann rief ich noch in der Schule an um die Zwei zu entschuldigen und erklärte, dass die Kinder erst in der nächsten Woche wieder kommen würden, nach der Beerdigung, da das ein harter Schlag für sie wäre. Die Sekretärin beteuerte das sei kein Problem und schüttete mich nur so mit Beileid Bekundungen zu.

Zufrieden ging ich wieder rüber wo mich eine verschlafene Nessa anschaute. „Einen Latte?“ Sie nickte und ich drückte ihr den Kaffee in die Hand, während ich mich wieder zu ihr setzte und begann meinen eigenen Latte zu schlürfen. Plötzlich saß Janni aufrecht da uns beobachtete uns aufmerksam. Ich deutete auf den kalten Kakao auf dem Wohnzimmertisch. Der Kleine nahm glücklich seine Tasse und machte einen großen Schluck, woraufhin er eine süße Milchschnute hatte. 

„Ich würde vorschlagen, wir machen uns jetzt alle ein wenig frisch, schauen uns das Haus an, jeder sucht sich ein Zimmer aus und dann gehen wir shoppen.“ Die beiden waren mit meinem Vorschlag einverstanden. 

„Wir können Mums Auto nehmen. Der Unfall ist ja mit Dads Auto passiert, deswegen steht das von Mum noch unten vorm Haus.“, meinte Nessa, als ich gerade ein Taxi rufen wollte. „Kommt den Matse gar nicht mit?“, fragte Janni. Jetzt wusste ich was ich vergessen hatte gestern Abend. Ich hatte vergessen die Nummern auszutauschen. War ganz sinnvoll die Nummer des anderen zu haben, wenn man zusammen Kinder großziehen sollte. Da ich auch nicht wusste wo er wohnte oder wie ich ihn erreichen sollte, rief ich ihn Herr Kiesel an. Der wusste zwar auch nicht seine Handynummer, aber er gab mir seine Festnetznummer und seine Adresse. Da er nicht ans Telefon ging beschloss ich einfach bei ihm vorbeizufahren.

Nessa nahm die Schlüssel und wir machten uns im Opel meine Schwester auf den Weg zu ihm. Als wir an seiner Wohnungstür klingelten, wirkte er noch ziemlich verschlafen, versprach allerdings in zehn Minuten startklar zu sein.

Jeder hatte sich ein Zimmer ausgesucht und nun standen wir im Baummarkt und stritten darüber, welches Zimmer welche Farbe bekommen sollte. Zu unserem Schock mussten wir feststellen, dass es nur ein Badezimmer gab und ein kleines Gästebadezimmer. Das Badezimmer war zwar locker groß genug für uns vier. Aber ich sollte mein Badezimmer mit einem Typen teilen, den ich seid 48 Stunden kannte.

„Also ich will die Tapete in meinem Zimmer.“, meinte Nessa und zeigte auf eine weiße Tapete mit geschwungener, schwarzen Schrift. „Und ich will eine Fläche der Wand mit der Skyline von New York.“, ich zeigte auf das Muster. Wir Mädchen waren begeistert von unserer Wahl, während die Jungs nur den Kopf schüttelten. „Ich will mein Zimmer in schwarz-gelb streichen.“, verlangte Janni. Da war Mats allerdings strickt dagegen. „Da bekommt man ja Augenkrebs.“ „Wie wäre es wenn wir dir eine Wand blau streichen und den Rest weiß lassen?“, schlug ich vor. „Vergiss es blau ist Schalke.“, widersprach der kleine Junge. „Na und?“, fragte ich verwirrt. Mats und er sahen sich an mit dem Blick Oh-man-die-hat-ja-echt-keine-Ahnung-Blick an. „Schlägt dein Herz für schwarzgelb, sprich für den BVB, dann musst du Schalke04 hassen. Denn sie sind absolute Feinde.“, erklärte mir Janni. „So wie der Club und Fürth?“, fragte ich stolz darauf doch was zu wissen. „Genau. Woher weißt du denn das?“, fragte Mats. „Naja, diese Ausschreitungen wenn die gegeneinander spielen, bekommen sogar Leute wie ich mit.“, meinte ich und bestellte die benötigte Menge von den Tapeten. „Wie wäre es dann mit rot?“, fragte ich. „FC Bayern.“, meinten die zwei synchron. „Ok, anderer Vorschlag. Ihr malt auf eine Wand ganz groß ein BVB Logo und lasst dafür den Rest des Zimmers weiß und dann kannst du ja noch so viele Poster wie du willst aufhängen.“ Davon war der kleine begeistert. Was Mats für eine Farbe gewählt hatte wusste ich nicht, aber es interessierte mich auch nicht groß.

Als wir alles bezahlt hatten und Proviant gekauft hatten, machten wir uns auf den Weg zum neuen Haus. Nessa und ich waren gerade dabei die Decke weiß zu streichen. Wir hatten alles ab geklebt und nun hörten wir aus einem alten Radio, dass einem Gethoblaster ähnlich sah, dass wir extra aus der Wohnung geholt hatten. Nessa hatte ein Tanktop mit einer kurzen Latzhose an und ich hatte mir  dunkelblaue Hotpants mit einem Hemd angezogen. Das Hemd hatte ich zusammengeknotete, anstatt es zuzuknöpfen, sodass ich bauchfrei rumlief. Draußen war es allerdings auch sau heiß! Wir sangen Lieder mit, tanzten dazu und strichen dabei. 

Plötzlich stellte Nessa das Radio leiser. „Sag mal klingelt da jemand?“ Wir lauschten und hörten nichts, doch gerade als wir wieder lauter stellen wollten klingelte jemand Sturm. Ich seufzte, legte den Pinsel weg und ging runter um die Tür zu öffnen.

„Na endlich Mats, dass hat ja...“ Ich zog eine Augenbraue hoch und sah die Männer vor mir skeptisch an. „Holla hübsche Lady.“, grinste mich der eine an, der mich gerade für Mats gehalten hatte. „Pfoten weg, Großkreuz.“, meinte Mats, der gerade hinter mir aufgetaucht war und den anderen bedeutete reinzukommen. Da ich allerdings immer noch im weg stand und die Jungs abschätzend ansah, hob mich Mats hoch und trug mich ins Wohnzimmer. „Hey, du Spasti! Lass mich runter. Auf der Stelle!!“, befahl ich ihm. Er stellte mich auf die Stufe die zum Wohnzimmer führte ab und ich funkelte ihn wütend an.

„Mats warum hast du uns nichts von deiner neuen Freundin erzählt?“, fragte ein kleiner schmächtiger Blonde. „Wir ziehen zusammen zwei Kinder groß, Marco. Sie ist nicht meine Freundin.“, erklärte er seinen Freunden. „Sie ist die Zicke die dir das Sorgerecht wegnehmen wollte? Du hast nicht erwähnt, dass sie so gut aussieht.“, meinte ein anderer, dessen Haare alle schön feinsäuberlich in sein Gesicht hingen. War morgen wahrscheinlich Schwerstarbeit. „Zicke? Du hast gesagt, ich wäre eine Zicke? Außerdem war es von vornherein so vorgesehen, dass wir das gemeinsame Sorgerecht bekommen. Also hab ich dir gar nichts weggenommen du Idiot.“, zischte ich ihn an. „Müsst ihr eigentlich nicht arbeiten?“, fragte ich. „Nein, wie haben erst morgen wieder Training.“, antwortete dieser Marco. „Sie sind Fußballer.“; erklärte Mats mir. „Ach so, ja. Da war ja was.“, meinte ich. „Und müssen die nicht in die Schule?“, fragte Großkreuz und zeigte auf Nessa und Janni. „Oh Mist! Ich hab die Schule vollkommen vergessen.“ Mats schlug sich gegen den Kopf und sah uns an. „Tja, du schon, ich nicht. Ich habe heute morgen angerufen und die beiden entschuldigt wegen des Verlusts.“, erklärte ich ihm süffisant. „Und du wolltest das alleinige Sorgerecht.“, ich schüttelte den Kopf.

Mats war erleichtert und ignorierte meinen letzten Satz einfach. „Koray, du kannst doch gut zeichnen. Kannst du Janni erst einmal mit Bleistift ein großes BVB Logo auf die Wand zeichnen?“, fragte er seinen Kollegen, der nickt. Die Jungs planten gerade Mats und Jannis Zimmer, während wir Mädels zurück in Nessas Zimmer gingen. „Wie findest du Koray?“, fragte sie mich irgendwann als wir das Radio wieder aufgedreht hatten. „Keine Ahnung. Warum?“, fragte ich mit einem breiten Grinsen. „Er ist sau süß. Und ich habe ihn gerade gegoogelt. Er heißt Koray Günter, ist am 16. August 1995 in Höxter geboren und ist Innenverteidiger. Und weißt du wo er auf die Schule geht?“, fragte sie vergnügt. „Nein, keine Ahnung.“ „Er ist am Leibniz Gymnasium. Er ist auf der gleichen Schule wie ich!“, grinste sie. „Du benimmst dich gerade wie ein verrücktes Fan girl.“, meinte ich lachen und warf mit dem Pinsel nach ihr. „Warum ist er mir nur noch nie aufgefallen?“, fragte sie sich. „Wahrscheinlich weil du kein verrückter Fußballfan bist.“, meinte ich. „Genug von mir. Du und Mats ihr wart gerade so süß.“, schwärmte sie. „Wie bitte?! Hat der Anblick von diesem Typen dir das Gehirn durchgeschmolzen?“, fragte ich entgeistert. „Nein! Aber wie er dich da so hochgehoben hat...“ „Nessa, mir ist gerade noch eine vierte Regel eingefallen: Versuch mich nicht mit Mats zu verkuppeln.“ „Sorry. An die anderen drei halte ich mich gerne, aber die hier werde ich nicht berücksichtigen.“, grinste sie. „Aber er ist ein Idiot.“, widersprach ich. „Ja, dass ist er momentan echt. Nur bei Janni nicht. Aber es kann sein, dass er Probleme mit Frauen hat und daher etwas braucht, bis er uns gegenüber auftaut.“, schlug sie vor. Ich sah sie skeptisch an. „Wenn du meinst.“

Plötzlich Eltern (Mats Hummels FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt