Eine kleine Familie

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Mats Sicht

Es war neun Uhr Abend, wir hatten den ganzen Tag Jannis und mein Zimmer gestrichen. In Jannis Zimmer war jetzt so ein großes BVB Logo, dass es eine ganze Wand einnahm. Der kleine Knirps würde im Kreis grinsen, wenn er keine Ohren hätte. 

Von den Mädchen hatten wir den ganzen Tag nichts mehr gesehen. Man hatte nur laute Musik erst aus Nessas und dann aus Giulias Zimmer gehört, und immer wieder ein Gelächter, dass die Musik übertönte. Wir hatten Pizza bestellt und Kevin war Bier kaufen gegangen, nun saßen wir

. Kurz nachdem die Pizza geliefert wurde, kamen auch die Mädels. „Giuls, Giuls, ich hab das BVB Zeichen in meinem Zimmer.", der Kleine sprang begeistert in ihre Arme. „Das ist aber toll.", grinste sie zurück. „Wir sind die Besten!", lachte Nessa. Ich sah sie fragend an. „Beide Tapeten hängen, sowohl meine, als auch Giuls ihre. Nachdem sie sich eine Anleitung zum Tapeten aufhängen aus dem Internet runter geladen hat." Daraufhin streckte ihr Giuls die Zunge raus. 

„Auch ein Bier?", fragte Schmelle und hielt den beiden jeweils eine Flasche hin. Giulia nahm sofort an, Nessa wollte sie auch gerade entgegen nehmen, doch ich kam ihr zuvor. „Was fällt dir ein ihr Bier zu geben?", fuhr ich ihn an. Alle im Raum sahen mich etwas verblüfft an. „Mats ich bin 16. ich darf Bier trinken.", meinte sie. „Nein, weil ich es dir verbiete. Nur weil es das Gesetz erlaubt, heißt das nicht, dass du jetzt das Saufen anfangen musst.", erklärte ich ihr. „Gib ihr sofort die Bierflaschen." befahl mir Giulia. „Warum sollte ich?" „Weil ich genauso ihre Erziehungsberechtigte bin wie du. Und ich erlaube ihr Bier zu trinken.", entgegnete sie scharf. „So du erlaubst es ihr? Warum bitt?" „Ist es dir lieber, dass sie heimlich trinkt? Wenn sie mit uns trinkt und ihre Grenze findet besteht nicht die Gefahr, dass sie eines morgens irgendwo mit einem völligen Filmriss aufwacht. Klar es wird vorkommen, aber dann ist sie sich auch bewusst. Glaub mir , meine Mutter hat mir Alkohol verboten und ich habe mich widersetzt. Ich bin mehr als einmal in einem fremden Bett mit einem Filmriss aufgewacht, weil ich meine Grenze nicht kannte.", fuhr sie mich an. „Tja, ich nicht. Muss ja nicht jeder so sein wie du." „Schätzchen, nur weil du keine Jugend hattest und die ganze Zeit damit verbracht hast mit ein paar gehirnlosen Deppen hinter einem Ball herzu rennen, damit du später einmal die Millionen vorne und hinten reingesteckt bekommst, ist dass nicht meine Schuld. Und ich würde sagen Nessa ist nicht wie du. Sie kommt ja wohl er nach meiner Familie.", meinte sie. „Also ich stimme mit ihr überein, wenn ich mal meine Meinung zu eurer ersten Beziehungskrise geben dürfte.", gab Kevin seinen Senf dazu. „Ich auch. Und hey von einer Flasche Bier wird sie weder sterben, noch total besoffen.", mischte sich auch Marco ein. Ich sah zu den Jungs die mir anscheinend alle in den Rücken fielen und zuckte dann mit den Schultern. Nessa lächelte Schmelle dankbar an, als dieser ihr die Flasche reichte und ich schmollte ein wenig.

„Matse?" „Hmm?" „Wann ist denn euer nächstes Spiel?", fragte Nessa. „Wir spielen am Samstag gegen den Club. Warum?", stellte ich die Gegenfrage. „Weil Giuls und ich mit ins Stadion kommen." „Kommen wir?", fragte diese und sah Nessa an. Dann grinste sie und meinte: „Kommen wir!" „Mir macht das immer Angst, wenn sich Frauen telepathisch unterhalten.", schauderte Manni. „Nein, ich muss die Tage eh nach Nürnberg fahren um meine Sachen zusammenzupacken und herzubringen. Da kann ich ja dann die zweite Ladung am Samstag mitnehmen. Außerdem muss ich mein Auto auch noch holen. Und Janni würde doch so gern ins Stadion.", erklärte Giulia. Mir war klar, dass das nicht der Grund war, warum sie mit ins Stadion wollte, doch ich wusste auch, dass keine von den beiden mir den wahren Grund verraten würde.

„Gehst du wirklich aufs Leibniz Gymnasium?", fragte Nessa irgendwann Koray. „Ja, warum? Hast du mich gegoogelt.", grinste dieser. „Alter, nein. Was bildest du ihr ein. Ich hab meiner ABF vorhin geschrieben, dass Mats Hummels mein neuer Daddy ist. Die ist fast ausgeflippt und hat gefragt ob ich dich jetzt auch kenne. Sie scheint dich schon eine ganze Weile anzuschmachten. Mir bist du bloß noch nie aufgefallen.", erklärte sie. Ich hatte während ihrer Erklärung die ganze Zeit zu Giuls gekuckt, leider konnte ich aus ihrem Gesicht nichts rauslesen, da sie allen den Rücken zugedreht hatte. Doch jetzt drehte sie sich um. „Ich hab drauf getippt, dass es daran liegt, dass sie einfach kein hysterisches Fan girl ist." Koray lachte. „Kann schon sein. Ich versuche mich bedeckt zu halten. Aber wenn du auch aufs Leibniz gehst kann ich dich mit zur Schule nehmen. Ich hab zwar nicht immer zur ersten Stunde, weil ich Oberstufe bin, aber wenn, kann ich dich mitnehmen." Nessa lächelte ein Lächeln, dass so hell war, dass man Angst haben musste zu erblinden. Doch bevor irgendjemand das noch kommentieren konnte klingelte es wieder an der Tür.

„Machst du auf?", fragte ich Giulia. „Schau ich aus wie deine Bedienstete? Wie dein Türöffner?", fragte sie. „Nein, aber bei dir fangen sie nicht hysterisch an zu kreischen, falls es Fans sein sollte." Genervt stand sie auf und lief zur Tür. 

„Daddy!", hörte man sie ein paar Minuten später quietschen. Kurz darauf kam sie mit einem etwas älteren Mann ins Wohnzimmer, ich schätzte ihn auf ungefähr Mitte fünfzig, doch man erkannte, dass sie miteinander verwand waren, da sie die gleichen braunen Augen hatten. Ich hatte Anna nur bei der Hochzeit gesehen und dann noch an ein paar Familienfesten, aber dort habe ich sie mir nie richtig bewusst angeschaut. Eins viel mir jedoch auf. Giulia und Anna hatten die gleichen weichen Gesichtszüge, die sie frech, unschuldig und gleichzeitig irgendwie interessant wirken ließ. Und beide hatten einen Drang zur Glückseligkeit, auch wenn die Zeiten noch so schlecht waren. Das hatte Nessa anscheinend von ihnen, während Janni eher nach meinem Cousin Moritz kam. Er war sensibler.

Moritz hatte mir erzählt, dass Anna sehr darunter gelitten hatte, dass Giulias Mutter sämtlichen Kontakt zu Giulia oder ihrem Dad unterband, doch sie nahm es immer mit einem Lachen und versuchte glücklich zu sein, egal was war. Auch Giulias Vater hatte Lachfältchen an den Augen, was darauf schließen ließ, dass er viel lachte.

„Daddy, dass sind Nessa und Janni. Deine Enkel. Nessa, Janni, dass ist euer Opa Christian.", stellte Giulia mit einem breiten Lachen vor. Herrn Speers Augen strahlten, als er seine Enkel sah und es war das gleiche Strahlen, dass Giulia auch oft in den Augen hatte. Janni sah seinen Großvater erst einmal an und schien zu überlegen was er von ihm halten sollte, während Nessa ihn sofort in die Arme fiel. Noch etwas was sie von der Familie Speer hatte und Janni eher wie Moritz zurückhaltend war. Doch dann ging er zu ihm und schloss seine kleine Arme um ihn. 

„Es tut mir Leid, dass ihr mich erst jetzt kennenlernt.", entschuldigte er sich. „Besser als nie.", lächelte Nessa. „Du siehst ihr ähnlich weißt du das?", fragte er und er hatte Tränen in den Augen. Den Jungs war das Ganze unangenehm. Sie wussten gar nicht wo sie hinsehen sollten. „Du könntest Giulias Schwester sein. Du siehst aus wie sie in deinem Alter und wie deine Mutter." Sowohl ihm, als auch den beiden Mädels liefen die Tränen übers Gesicht. Janni setzte sich auf meinen Schoß und sah mich verstört an. Seine Augen sagten, die haben einen an der Klatsche.

Als sie sich wieder beruhigt hatten drehte sich Giulia zu uns um. „Und das ist der andere Erziehungsberechtigte und der Cousin von deinem Schwiegersohn..." „...Mats Hummels. Ich weiß.", unterbrach er seine Tochter. „Christian Speer. Freut mich.", er hielt mir seine Hand hin. „Mats Hummels. Freut mich ebenfalls Herr Speer.", grinste ich zurück und drückte seine Hand. „Nenn mich Christian Junge. Sonst komme ich mir so alt vor.", lachte er. Ich nickte. Die lockere Art hatte Giulia anscheinend auch von ihrem Vater.

„Du kennst ihn?", fragte seine Tochter ihn verwirrt. „Mädchen, er spielt in der Nationalmannschaft und wenn er nicht gewesen wäre, hätten wir nicht gegen  Portugal gewonnen. Er war meiner  Meinung nach der beste Deutsche Abwehrspieler. Und er hat auch sein Teil dazu beigetragen, dass der BVB uns die Meisterschaft wegschnappt.", meinte er lachend. „Du bist Bayernfan? Dann muss ich dich leider rausschmeißen.", drohte ich ihm gespielt. Und alle lachten.

„Wie hat Mum reagiert, dass du 'abgehauen' bist?", fragte Giulia irgendwann, als wir alle mit einem Bier auf dem Boden im Wohnzimmer saßen. Nessa hatte sich an ihren Opa angelehnt, der uns gegenüber saß. Denn irgendwann hatte sie sich zwischen meine Beine gesetzt und seit dem lehnte sie mit ihrem Kopf an meiner Brust, während Janni friedlich in ihrem Schoß eingeschlummert war. Die meisten Jungs hatten sich schon verabschiedet, nur Marco und Kevin waren noch da.

„Sie hat mir die Scheidung gedroht. 'Christian, ich schwöre die, wenn du durch diese Tür gehst, sind wir geschieden Leute.'", ahmte er wahrscheinlich die Stimme seiner Frau nach. „Warum machst du es nicht. Du kannst sie nicht lieben, denn man kann diese Frau nicht lieben. Sie kostet dich nur Geld und Nerve. Außerdem unterdrückt sie dich.", regte sie sich auf. Ihr Vater sagte nichts dazu, sondern sah nur seine Bierflasche an. „Ich habe eine Idee. Was hältst du davon, wenn du dich von Mutter scheiden lässt und dir hier in Dortmund eine Wohnung nimmst?", ich konnte ihr Gesicht nicht sehen, aber ich war mir sicher, dass ihr Augen wieder leuchteten. 

Ich werde darüber nachdenken.", sagte ihr Vater.

Plötzlich Eltern (Mats Hummels FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt