Die Rettung

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Freitag, 12.07.2019

Esmeralda kam jeden Tag und versorgte sie mit dem nötigsten, doch sie merkte, dass Rahel nicht reden wollte. Einmal hatte sie nach Milow und Hope gefragt und Esmeralda hatte ihr versichert, dass die zwei auf einem nahe gelegenen Hof untergebracht wurden und versorgt wurden. Beiden ging es soweit gut. Jeden Tag erkundigte sich Rahel mach ihnen und irgendwann bringt die Krankenschwester ein Bild mit.
Er freut sieht Rahel es sich an: "Es geht ihnen also gut?" "Ja. Sie werden gut versorgt und haben viel Bewegung. Ich hab sie gestern Abend besucht." Sie schmunzelt als sie weiter redet: "Jedes mal, wenn ich komm, springt Milow mich an. Er riecht dich und ich glaub beide vermissen dich sehr." Das Tablett mit dem Frühstück abstellend lächelt sie Rahel an: "Wie geht es dir heute?"
Die Stichwunde am Schenkel verheilt gut. Die Klinge war bis auf den Knochen vorgedrungen und die Schmerzen waren echt unerträglich gewesen. Mittlerweile geht es. "Ganz gut eigentlich.", sie redet knapp und ohne jegliche Emotionen.
Jeden Abend träumte sie von diesen zehn Tagen. Bis sie am Tag 10 am 05.07.2019 es geschafft hatte abzuhauen. Jetzt lag sie schon gut eine Woche hier im Krankenhaus. Beschäftigt sich meistens mit dem Buch, dessen Titel fehlt und schlafen. Nebenher Essen und untersucht werden. Daraus bestand ihr Alltag. Esmeralda bemüht sich sehr, denkt Rahel und mustert die junge Krankenschwester genau. Seufzend gibt sie den Wiederstand gegen ihre Gefühle auf. Tag und Nacht kämpft sie gegen den inneren Hass, die Schmerzen und die Verletzungen an. Doch heute ist der Tag, an dem sie ihr Schweigen brechen würde. Heute würde sie Esmeralda davon erzählen und einen Nervenzusammenbruch erleiden. Dacht sie zumindenst in ihrem Inneren. Dort war das kleine fünfjährige Mädchen, dass es hasste missbraucht zu werden. Das ihren eigenen Kopf hatte und die selbst entscheiden wollte. Das, was der 60-Jährige Mann ihr angetan hatte zerstörte sie innerlich.
Sie wendet den Blick ab.
"Rahel?" besorgt setzt sich die Krankenschwester neben die Patientin. "¿Qué pasa? Hablas con mi. Por favor." (Was ist passiert/los? Sprich mit mir. Bitte) Die Rothaarige dreht sich weg. "No quiero  hablar con tú, no quiero con algien."(Ich will  nicht mit dir reden, ich will mit niemandem reden.) , entgegnet sie leise. "Me desacordo."(Ich will vergessen.) Esmeralda streicht Rahel sanft über den Rücken: "Hablas, por favor." (Sprich mit mir, bitte) Erstaunlicherweise konnte Esmeralda ziemlich gut Deutsch. Doch oft redeten sie Spanisch miteinander. Es fühlte sich besser an fand Rahel. Doch jetzt schwieg sie. Soll ich ihr meine Gefühlswelt offenbaren? Die ich selbst nicht versteh? Was denkt sie dann von mir? Wird sie mich verstehen? Sie dreht sich ratlos zu der hübeschen Spanierin um, sieht ihr in die ruhigen brauenen Augen und merkt, dass Esmeralda es gut meint. Rahel schließt die Augen und geht in sich. Überlegt, wie sie anfangen soll.
"Ich ähm also es ist..." zu viele Gedanken verwirren Rahel und sie beginnt zu weinen. Sie weiß nicht, was sie sagen soll und ist einfach  nur überfordert. Esmeralda steht auf und geht ohne ein Wort zu sagen. Warum geht sie? Kann sie mich so nich sehen? Bitterlich weinend sitzt sie in ihrem Bett. Sie versteht die Welt nicht mehr.Über zehn Minuten sitz sie so da. Weint und weint. Irgendwann erlischen ihre Tränen und sie starrt an die Decke. Ohne zu wissen, was sie anstarrt. Eine Person betritt den Raum "Escribes una carta para mi."(Schreib mit einen Brief.)  Esmeralda legt ihr einen Stift und Papier hin, lächelt sie an und geht.

Lange Zeit starrt Rahel weiter an die Decke. Sie hat das typische Krankenhaus Gewand an. So eins, wie man in Deutschland auch immer bekommt. Ihre paar Sachen aus ihrem Rucksack stehen in einer Ecke neben ihrem Bett. Nicht sehr viel. Das Esser wurde so wie sie denkt weggeschmissen. Sie wurde hier gut versorgt und nahm jeden Tag an Gewicht zu und kommt langsam ihrem Normalgewicht wieder nah. Die Sonne scheint leicht rein. Es regnet und eigentlich ist es in ihrem Zimmer ziemlich düster obwohl es hell und offen gestaltet ist. Das Bild von dem Paar gegenüber an der Wand hatte sie mittlerweile so oft interpretiert und überlegt, wie es wohl zu diesem Tanz gekommen war, dass sie keine Ahnug mehr hatte, was eigentlich stimmt.
Sie sieht auf Zettel und Stift, nimmt sie und will schreiben. Doch nicht. Nichts. Kein Wort möchte von dem Stift aufgeschrieben werden. Keines auf Papier gebracht werden. Sie begutachtet das Papier. Gewöhnlich, wie in Deutschland halt auch.

Es wird Abend und sie müde. Das Abendessen kommt.
"Esmeralda, wirklich. Ich habe kein Hunger."
"Iss. Ich bleib so lang, bis du gegessen hast und wenn ich die ganze Nacht neben dir sitzen muss."
"Ich werder nicht Essen. Da kannst du so lang hier sitzen bleiben, wie du willst." sie verschränkt die Arme und starrt das Bild mit dem Paar an. "Vergiss es."
Die Krankenschwester tut es ihre gleich, überschlägt die Beine und lehnt sich im Stuhl zurück.
"Ich hab Zeit."
Einige Zeit schweigen sich die zwei Frauen an. Esmeralda sieht Rahel an. Diese starrt auf das Bild.
Gut eine Stunde später. Rahel's Magen knurrt und sie weiß,  dass Esmeralda das ganz genau hört.
"Hier." sie stellt ihr das Tablett auf den Schoß.
"Soll ich dir währenddessen erzählen, wie du hier gelandet bist?"
Wiederstrebend nimmt Rahel eines der Brötchen und beißt rein.
"Gut." lächelnd. "Ich nehm das mal als ja, okay?" Rahel nickt nur und Esmeralde beginnt zu erzählen:
"Du bist ja Mitten in der Nacht raus um abzuhauen, nehm ich an." Rahel nickt nur und isst weiter. "Naja. Du bist eine Weile geritten. Wenn man das reiten nennen kann. Gut ne Stunde hast du dich auf Hope halten können. Dann bist du runter gefallen. Mitten auf der Straße im Hochgebirge. Keine gute Wahl übrigens...", fügt sie im Spaß hinzu. "Da lagst du echt lange. Es war vier Uhr, als du abgehauen bist. Da war keiner mehr unterwegs und du kannst echt dankbar sein, dass dir nichts passiert ist. Dein Druckverband hat wohl gut gehalten. Auf jeden Fall kam dann im Morgengrauen ein junger Spanier vorbei. Der hat dich fast überfahren, hat sich dann aber gewundert, warum da ein Pferd steht, dass ziemlich viel Blut an sich kleben hat und ein Hund, der an einem leblosen Körper liegt.
Er steigte aus, ging zu dir und verjagte das Tier. Milow ließ sich nicht beirren und blieb an deiner Seite. Der Spanier musste bei ihm um Erlaubniss bitten, dass er an dich ran darf. Guter Wachhund... Als er merkte, dass du noch lebst, rief er den Krankenwagen, Notarzt alles. Wurdest mit dem Hubschrauber her gebracht und er hat darauf gewartet, dass die Tiere abgeholt wurden.
Hier haben wird dich dann erstmal notoperiert." Auf Rahel's Reaktion wartent sitzt sie auf dem Stuhl neben ihrem Bett. Nichts. Rahel bewegt sich keinen Milimeter mehr. Sie hat aufgehört zu essen und sieht Esmeralda nur an.

"Rahel?"
Tränen fließen dem Mädchen über die Wange und sie nickt nur knapp.
"Soll ich gehen?" Ein nicken. Esmeralda steht auf, drückt ihre Hand und geht.



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