Kapitel 10
Ihr tat wirklich alles weh. Zu allem Überfluss musste sie auch noch in die Bibliothek. Dominic hatte ihr tatsächlich geschrieben, welches Buch er noch benötigte.
Die Zusammenkunft mit Christopher war alles andere als angenehm abgelaufen. Ihr Kampf war so...außergewöhnlich, dass es wirklich schwierig war sich daran zu erinnern. Schließlich hatte ihr Körper gegen ihn gekämpft, nicht ihr Geist.
Doch der Spaziergang zur Bibliothek hatte auch sein Gutes. Durch die kühle Luft wurde ihr Kopf klarer und es fiel ihr leichter sich zu konzentrieren. Auch wenn der Schwindel noch nicht ganz von ihr abgelassen hatte.
Müde stieg sie die Stufen zur Bibliothek hinauf und schlich auf leisen Sohlen hinein. Sie mochte die Stille in Bibliotheken und wollte diese auch nicht stören. Auf der Suche nach Dominics dämlichen Buch über Finanzen tapste sie durch die Regale. Sie entdeckte im hinteren Teil der Bibliothek eine Art Archiv. Neugierig wie sie nun mal war, schlich sie leise hinein. Hier standen uralte Bücher herum. Die Einbände waren tatsächlich aus richtigem Leder und wie sie so in den Regalen standen wirkten die Verzierungen unglaublich edel.
Da sie eh noch nicht vor hatte so schnell nach Hause zu gehen entschied sie sich dafür das Archiv zu durchstöbern. Die meisten Bücher waren zwar uralt und wirkten edel, waren allerdings nur Kopien. Anscheinend hatte sich jemand auf die Nachahmung solcher Bücher spezialisiert. Die Inhalte waren trotzdem interessant.
„Hexenhammer...was für eine schreckliche Zeit...", flüsterte sie zu sich selbst. Ihr Blick fiel auf ein kleines, recht unscheinbares Buch. Es sah mehr aus wie ein Notizbuch. Vorsichtig zog sie es aus dem Regal und blätterte ein wenig darin herum.
Erst, als sie ihren eigenen Namen las, wachte ihr Geist vollends auf. In diesem Buch stand tatsächlich ihr Name. Gut, unglaublich war das jetzt nicht. Schließlich gab es ihren Namen mit Sicherheit nicht nur einmal auf der Welt, trotzdem sah sie jetzt genauer hin.
Am Text prangte eine wunderschöne Handschrift. Es war ein Brief.
„Mein liebstes Kind Miray,
wenn du diese Zeilen irgendwann finden und lesen solltest, bin ich nicht mehr die, die ich einst war. Es tut mir leid dich in diese gefährliche Welt ohne Wissen zu übergeben, aber ich hatte keine Chance mehr. Es war für mich bereits zu spät. Du hingegen kannst es schaffen, mein Kind.
Du hast die Fähigkeiten dazu. Du wirst wahrscheinlich der letzte Wanderer sein, der auf der Welt existiert. Aber auch der stärkste, den es je gab.
Deine Familie war von je her verflucht. Die Frauen trugen den Fluch weiter. Die Nacht holt uns alle irgendwann ein und wandelt unseren Geist. Ein dunkler, gefährlicher Geist. Aber du kannst das beenden, liebstes Kind. Scheue dich nicht deine unglaublichen Fähigkeiten zu nutzen.
Als du geboren wurdest und deine wundervollen Augen das erste Mal geöffnet hast, strahlte mir pures Sonnenlicht entgegen. Da wusste ich, dass du die Rettung sein wirst. Du darfst nicht aufgeben und musst dich beeilen, bevor der Fluch auch dich einholt.
Der Tag benötigt die Nacht. Dunkelheit benötigt Licht. Gut benötigt Böse. Vergiss das nie. Ich hoffe, dieses Buch wird dir helfen.
Ich liebe dich sehr, mein kleiner Sonnenschein.
Deine Mutter."
Miray schluckte schwer. Sie wollte es zuerst nicht wahrhaben aber...dieser Brief musste einfach für sie bestimmt sein. Sie sprach über die Alp und Wanderer. So wurde sie doch von den Anderen als Wandlerin bezeichnet.
Kurz blickte sie sich um, ob sie beobachtet wurde und steckte dann das Büchlein in ihre Tasche. Sie war sich fast sicher, dass ihr das Buch sowieso gehörte, also würde es auch kaum einer vermissen.
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Wanderer - Dreamcatcher ✔ WattyWinner 2019
FantasyWatty Awards Winner 2019 in der Kategorie Fantasy. Christopher war wutentbrannt. Doch das schnelle Zusammensacken des Körpers vor sich ließ ihn innehalten und seinen Angriff abbrechen. War er etwa zu weit gegangen? Er ließ Miray los und beobachtete...