Kapitel 23

69 5 0
                                    

Kapitel 23

Als sie das nächste Mal die Augen öffnete, sah sie Dunkelheit. Es dauerte bis ihr Körper ganz zu sich kam und realisierte, dass sie sich in einem absolut dunklen Raum befand. Sie konnte kaum Umrisse erkennen. Sie lag eingerollt auf einem kalten und harten Boden. Ihre Finger strichen darüber. Harter Stein. Vielleicht befand sie sich in einem Keller. Sie war sich allerdings nicht sicher mit ihrer Vermutung. Miray drückte mühsam ihren Körper in eine aufrechte Position. Nach und nach kehrte das Gefühl in ihre Gliedmaßen zurück. Alles knackte, als hätte sie ewig in dieser Position verharrt. Ein Klirren lenkte ihre Aufmerksamkeit zu ihren Füßen. Vorsichtig tastete sie daran entlang, bis sie an einer eisernen Manschette an ihrem linken Knöchel stoppte. Sobald sie versuchte den Fuß zu bewegen spürte sie den Zug einer Kette daran, die verhinderte, dass sie frei war.

Miray seufzte leise auf und fuhr sich durch die Haare. Keine Chance hier einfach herauszukommen. Da sie auch ihre Umgebung nicht sehen konnte blieb ihr nichts anderes übrig, als sie, so weit wie sie konnte, zu ertasten. Ihre Finger hielten allerdings schnell inne, als sie kalte Stangen berührten. Ihr Gehirn realisierte sofort wo sie sich befand. Ein Käfig. Angekettet in einem Käfig in einem kalten Keller. Sie hatte sich dazu entschieden freiwillig mitzugehen, jedoch hatte sie nicht gedacht so behandelt zu werden. Der Kloß in ihrem Hals wurde größer.

Sie rutschte nach hinten, bis ihr Rücken an der Wand angekommen war und lehnte sich daran an. Sie dachte an die anderen und betete dafür, dass diese noch am Leben waren. Dabei versuchte sie diese Gedanken wieder tief in sich zu vergraben. Sie verfolgte ihren eigenen Plan, da hatte sie keine Zeit für sentimentale Gefühle. Sie musste sich komplett auf ihr Vorhaben konzentrieren.

Inzwischen hatten sich ihre Augen an die dunkle Umgebung gewöhnt. Noch immer war es schwer Einzelheiten in der dunklen Masse auszumachen. Jedoch fiel ihr jetzt auf, dass es tatsächlich Fenster in dem Raum gab, diese aber offensichtlich mit Brettern zugenagelt wurden. Minimal drang ein wenig Licht an den Seiten in den Raum hinein, verlor sich aber kurz darauf schon in den Schatten. Ihre Augen konnten die Gitterstäbe um sie herum erkennen, ebenso die Kette an ihrem Fuß. Wie sie bereits vermutet hatte, war diese in der Wand verankert. Noch während sie versuchte weiteres in dem Raum ausfindig zu machen, hörte sie Geräusche.

Es klang als würden über ihr Menschen umher gehen. Sie war demnach nicht alleine. Lange würde es also auch nicht dauern, bis einer von ihnen zu ihr herunterkam. Sie fragte sich, was für einen Nutzen sie aus ihrer Anwesenheit zogen. Schließlich war ihr Ziel die Öffnung des Tores, was mit ihrem Ableben erfolgt wäre. Sie stattdessen eingepfercht hier unten zu lassen bedeutete, dass auch sie noch einen anderen Plan verfolgten.

Die Tür in dem Raum öffnete sich. Miray hatte die Chance zu erkennen, dass der Raum recht klein war und absolut leer. Die Tür war ihrem Käfig gegenüber und mindestens zehn Meter von ihr entfernt. Gedanklich machte sie sich eine Notiz über den Aufbau des Raumes. Man wusste nie, wann man es brauchen konnte. Erst dann richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf die eingetretene Person.

„Du bist also wach", erklang Dominics Stimme in der Dunkelheit. Der kurze Moment von Licht in seinem Rücken ließ ihn bedrohlich erscheinen. Nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte und in den Schatten stand, sah Miray im Geiste wieder den netten Jungen aus ihrer WG vor sich stehen. Es schmerzte noch immer so naiv gewesen zu sein. Natürlich antwortete sie nicht.

„Kein Grund einen Groll gegen mich zu hegen. Du bist freiwillig hergekommen. Verzeih mir bitte deine Unterkunft aber wir müssen sicher gehen", sprach er weiter. Er legte tatsächlich ein wenig Reue in seine Stimme. Miray wollte kotzen.

„Du wirst dich sicher wundern, was du hier tust. Lass dich am besten überraschen."

Seine Stimme war näher gekommen. Unwillkürlich rutschte sie weiter zur Wand. Es behagte ihr nicht sonderlich ihm so ausgeliefert zu sein. Sie musste ihre Fähigkeiten gut geplant einsetzen.

Wanderer - Dreamcatcher ✔ WattyWinner 2019Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt