Kapitel 21
Sie gingen sich aus dem Weg. Christopher war in seinem Stolz verletzt, Miray versuchte ihn vor sich selbst zu schützen. Am liebsten wäre sie bei ihm. Am liebsten würde sie sich in seine Arme werfen und einfach weglaufen. Sie hatte diese Kräfte und die damit verbundene Verantwortung nie gewollt. Sie hatte nie darum gebeten. Jetzt musste sie ihr Leben aufgeben. Keiner ihrer Träume und Wünsche würde sich je erfüllen.
Die nächsten drei Tage wurden sehr schweigsam verbracht. Miray versuchte nachts weiterhin mehr Informationen in der Bibliothek zu sammeln. Tagsüber wurde trainiert, wobei sie Christopher vehement aus dem Weg ging. Dieser legte es aber auch nicht an in ihre Nähe zu kommen. Ihre Situation war ziemlich festgefahren.
Am Morgen des Kampfes war Miray bereits früh aufgestanden. Sie konnte die Nacht sowieso kein Auge zumachen. Somit war sie vor dem Frühstück fertig mit sich und bereit ihrem Tod entgegen zu gehen. Ihr Herz schmerzte in ihrer Brust.
>>Guten Morgen meine Schöne.<<
Miray schluckte. Es war erschreckend Dominics Stimme in ihrem Kopf zu hören.
„Was willst du?"
Sie hörte ihn kurz auflachen. Fast konnte sie ihn vor sich sehen. Wie er lässig da stand, seines Sieges sicher und sie weiter in ihrer Niederlage demütigend.
>>Begib dich um 12:00 Uhr zu unserer Wohnung. Dort wird die Übergabe stattfinden. Keiner der anderen hat da zu sein. Sie werden zu einem anderen Treffpunkt geschickt.<<
Miray nickte bis ihr klar wurde, dass er das nicht sehen konnte. Also presste sie nur ein „Ja" heraus und hoffte, dass er aus ihrem Kopf verschwinden würde.
>>Ich freue mich sehr auf dich.<<
Fast wäre ihr wieder schlecht geworden. Es ekelte sie immer mehr an, sich kampflos zu ergeben. Sie hatte schon immer gekämpft. Daraus bestand ihr Leben. Das jetzt nicht zu tun um all die anderen zu beschützen, verlangte ihr doch einiges an Willenskraft ab.
Sie warf einen Blick auf die Uhr. 08:43 Uhr zeigte ihr die digitale Anzeige. Noch knappe drei Stunden, die sie überbrücken musste. Zudem musste sie sich einen Plan überlegen, wie sie es schaffte alleine zur Wohnung zu gelangen.
Plötzlich klopfte es an ihrer Tür. Eher zögerlich als wollend.
„Ja bitte?", rief sie und beobachtete wie die Tür aufschwang und Malik hineintrat. Sie hatte in der ganzen Zeit kaum Kontakt zu ihm gehabt, worüber sie allerdings auch froh war. Nach der Offenbarung, dass er wohl Gefühle für sie entwickelt hatte, die sie nie erwidern würde, wollte sie den Abstand wahren.
„Ich wollte nicht groß stören. Wir haben einen Brief erhalten. Zeit – und Treffpunkt für heute. Sie scheinen sich absolut sicher zu sein, uns besiegen zu können."
Sein Blick glitt über ihr Gesicht. Er suchte nach einer Regung. Er wollte ihr etwas Aufmunterndes sagen. Doch sein ewiger Realismus hielt ihn davon ab. Auch ihm war klar, dass heute Menschen sterben würden.
„Die anderen Wandler kommen hier her. Wir werden gemeinsam zum Treffpunkt fahren." Malik versuchte sich an einem Lächeln, scheiterte jedoch kläglich. Er fühlte sich, als würde er zur Schlachtbank geführt werden.
„Alles klar, danke", antwortete Miray und wartete darauf, dass Malik den Raum wieder verlassen würde. Leider tat er das nicht.
„Miray ich...ich muss mit dir sprechen, bevor das alles los geht."
Malik ging auf sie zu und setzte sich direkt neben sie aufs Bett. Unmerklich rutschte Miray daraufhin wenige Zentimeter von ihm weg. Sie wollte einfach nur alleine sein.
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Wanderer - Dreamcatcher ✔ WattyWinner 2019
FantasíaWatty Awards Winner 2019 in der Kategorie Fantasy. Christopher war wutentbrannt. Doch das schnelle Zusammensacken des Körpers vor sich ließ ihn innehalten und seinen Angriff abbrechen. War er etwa zu weit gegangen? Er ließ Miray los und beobachtete...