all you need is a Urlaub in Brasilien

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Am nächsten Morgen wachte ich auf, weil die Sonne durch unser Fenster schien und mich an der Nase kitzelte. Ich gähnte und streckte mich. Ich fühlte mich ausgeschlafen und fit. Heute war der perfekte tag, um mir die ganze Insel anzugucken. Ich blickte hinüber zu Leas Bett, aber von meiner besten Freundin war weit und breit keine Spur. Wie lange hatte ich überhaupt geschlafen. Ich guckte auf meinen Wecker und sah… Seit wann hatte ich einen Wecker mit? Der gehörte wohl auch zur Ausstattung. Jedenfalls war es HALB ZWÖLF. Deswegen war ich so ausgeschlafen. Sonst war ich eigentlich immer die erste, die aufstand. Bestimmt gab es kein Frühstück mehr. Egal, dann aß ich einfach früh Mittag. Ich versuchte das zu denken. Ich versuchte es wirklich. Aber ich habe ja schon erklärt, wie sich Hunger anfühlt.

Erst Mal musste ich aber meine Familie finden. Meine Mutter hatte bestimmt noch Essen in unserem Vorratskorb. „Aber bestimmt nicht so“, dachte ich, als ich im Badezimmer in den Spiegel schaute. Eigentlich hatte ich vorgehabt, den Spiegel zu meiden. Er zeigt ja doch nur erschreckende Tatsachen. Aber dieses Bad bestand quasi nur aus Spiegeln. Ich putzte mir die Zähne und duschte. Selbst in der Dusche gab es einen Spiegel!

Nur mit einem Handtuch bekleidet ging ich zurück zu unserem Schlafraum. Mein Blick viel auf den Koffer und ich überlegte was ich anziehen und ob ich auspacken sollte. Zum Auspacken hatte ich keine Lust, aber zum Glück lagen meine besten Sachen ganz oben. Statt Unterwäsche zog ich meinen Bikini an. Er war in einem wunderschönen rot, man konnte ihn hinterm Hals und am Rücken zusammenbinden. Die Bikinihose wurde an den Seiten mit jeweils einem kleinen Holzring zusammengehalten. Und das Beste war, er passte mir! Ich hatte endlich mal einen Bikini gefunden, der nicht aus der Kinderabteilung stammte, kein Badeanzug war und mir passte (Er war NICHT aus dem feinen Bikini Laden)

Dann cremte ich mich mit Sonnencreme ein. Ich war leider der Typ Haut, der nicht braun aber sehr rot wurde.

Ich zog Shorts an und ein figurbetontes Top aus irgend so einem Stretch-Stoff. Meine Haare ließ ich offen, aber ich band mir ein Haargummi ums Handgelenk, falls ich noch turnen wollte. Als ich die Treppe hinunterlief, hatte ich irgendwie das Gefühl angestarrt zu werden. Doch als ich mich umdrehte, waren die paar Leute, die auf dem Gang standen, mit anderen Dingen beschäftigt. Musste mich wohl geirrt haben. So ein neuer Bikini lässt schon manchmal ganz coole Gefühle aufkommen. Selbst wenn das ganze Zimmer voller Spiegel war.

*

Ich vermutete meine Familie am Strand, also ging ich über den roten Teppich, den von Muscheln gesäumten Marmorweg entlang. Es war tolles Wetter, die Sonne brannte auf mich herab. Keine einzige Wolke am Himmel. Wie erwartet saß Mena mit einer riesigen Ray-Ben-Sonnenbrille im Gesicht am Strand auf einem Handtuch und flirtete mit Paolo. Mein Blick glitt über das Meer. Es war wunderschön, Türkis mit großen Wellen. Da entdeckte ich Sissi. Sie stand bis zu den Knien im Meer und bespritzte den kleinen Brasilianer mit Wasser. Wie süß war das denn bitte? Liebe auf den ersten Blick! Bei Vierjährigen! Na ja, gut, vielleicht nicht unbedingt Liebe. Sagen wir, … Freundschaft auf den ersten Blick. Bestimmt wird das so eine ewige Freundschaft, wie sie in den Filmen gespielt wird. Eine Freundschaft, die Distanzen und Sprachen, soziale Verhältnisse und familiäre Verbote überlebt. Habe ich schon erwähnt, dass ich solche Filme hasse? Es war unwahrscheinlich, dass Sissi den Jungen nach diesem Urlaub wiedersehen wird. Es war unwahrscheinlich, dass wir jemals wieder hierhin zurückkommen werden. Warum also große Hoffnungen machen?

Zu dem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, welche entscheidende Rolle die Ilha do Amor und ihre Bewohner in meinem und unser aller Leben haben wird.

                                           *                   

Plötzlich tauchte ein Kopf aus dem Wasser auf und eine Hand, die mir zuwinkte. Lea! Ich schlüpfte aus meinem Top und meinen Shorts und warf sie achtlos in den Sand. Das Wasser war angenehm kühl, aber nicht so kalt, dass man darin nicht schwimmen konnte. Die Wellen umspielten meine Füße und sogen den Sand darunter weg. Mit drei großen Schritten war ich bis zu den Knien im Wasser. Als ich bis zum Bauch im Wasser stand, fing an zu schwimmen. Lea sah mich und kam mir entgegen. Als wir uns trafen, reichte mir das Wasser bis zum Hals. Irgendwie ein komischer Satz. Ich musste bei jeder Welle hochspringen und bewunderte abermals meinen Bikini, der kein bisschen rutschte. Lea kicherte. Kein Wunder, ihr reichte das Wasser nicht mal bis an die Schultern. Ich tat, als würde ich nichts merken und fragte: „Hab ich was verpasst?“, während ich auf Mena und Paolo deutete. Dummerweise verpasste ich dadurch eine Welle und schluckte Wasser. Gerade liefen die beiden lachend ins Wasser. Eigentlich waren sie ein Traumpaar. Erst jetzt bemerkte ich, dass Paolo ganzschön durchtrainiert war. Ich wettete, dass ihm die Mädchen in Scharen hinterherliefen. Aber da musste schon extra eine aus Deutschland kommen. Lea zuckte die Schultern. „Keine Ahnung. Bin genauso schnell eingeschlafen wie du. Und heute, na ja, ist es halt schon die ganze Zeit so. Deine Mutter war nicht so begeistert.“ Meine Mutter erwartete von Mena (Daran, dass ich einen Freund haben könnte, hatte sie noch gar nicht gedacht), dass sie später den perfekten Mann heiratete: groß, gutaussehend, studiert, nett, reich und mit einem pleitesicheren Job. Wo waren meine Eltern eigentlich? „Wo sind Mum und Dad?“ „Deine Eltern haben Pélé eine Badehose gekauft und dein Vater wollte gucken, wo man sich Speedbote leihen kann.“ Ok, ich hatte doch was nicht mitgekriegt. „Wer ist Pélé?“ „Der Kleine, der im Gepäckraum war“, erklärte Lea. Hätte ich mir eigentlich denken können. Wir beschlossen, noch weiter raus zu schwimmen, wobei Lea aussah wie ein Delfin und ich eher wie eine Schildkröte. Ich hätte auch sieben Mal in der Woche zehn Stunden turnen können, es war immer noch nichts gegen zwei Mal in der Woche eine Stunde schwimmen.   

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