Der Plan

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„Mena, hör zu, sind Pélé und Paolo schon im Flugzeug." „Ja", antwortete Mena. Ich zuckte zusammen. Mein Plan war so großartig gewesen. Und jetzt brachte er nichts. Pélé würde so oder so im Kinderheim landen. Ich konnte ihm nicht mehr helfen. „Kannst du Paolo nicht irgendwie über Bordfunk erreichen?", fragte ich, die Hoffnung noch nicht ganz aufgebend. „Nein. Ich kann ihn frühestens anrufen, wenn er in Macapá ist." Ok, das geht auch. Dann muss ich den Plan nur etwas umzwitschen, aber es müsste funktionieren. „Ok, versuch ihn so oft wie du kannst anzurufen." „Mach ich. Was soll ich sonst noch machen?" So verpeilt Mena auch manchmal war, eins musste man ihr lassen, den Ernst der Lage erkannte sie immer sofort. Ich erklärte ihr meinen Plan. Sie stellte keine Fragen, sondern ging einfach davon aus, dass ich schon das Richtige sagte. Ihre Zuversicht wollte ich mal haben! Ich war mir nämlich überhaupt nicht sicher, was das Funktionieren dieses Plans anbelangte. Er war ganz schön verzwickt und manche Sachen ziemlich waghalsig. Ich könnte euch natürlich jetzt von meinem Plan erzählen. Aber das mache ich nicht. Ich will ja nicht die ganze Spannung wegnehmen. Außerdem hatte ich gar keine Zeit dazu. Wir mussten so schnell wie möglich nach Hauser. Also zum Hotel. Und vorher musste ich noch alle zusammen trommeln. Lea und Sissi hatten sich nämlich nicht, wie es in Hollywood Filmen so gerne gemacht wurde, auf geheimnisvolle Weise neben mir eingefunden. Lea war schnell gefunden, aber bei Sissi musste ich schon ein bisschen suchen. Und als ich sie dann endlich gefunden hatte, wollte sie partout nicht mitkommen. Ich fühlte mich an den letzten Schultag erinnert. Nur, dass diesmal selbst das Versprechen auf ein Eis nichts ausrichtete. Sissi hatte Mala gerade erst kennen gelernt und sie sah nicht ein, warum sie ihrer neuen besten Freundin jetzt schon „Tschüss" sagen sollte. Sie musste doch merken, dass wir es eilig hatten. „Ich bleibe für immer hier", erklärte Sissi. Ich hätte sie anschreien können! Aber ich entschied mich für eine bessere Erziehungsmethode. Keine Angst, ich hatte sie nicht geschlagen. Jedenfalls nicht fest. Stattdessen sagte ich: „Wenn du jetzt nicht mitkommst, dann siehst du Pélé nie mehr wieder." Da kam Sissi sofort und ging brav und still neben mir her. Zuerst war ich sehr stolz auf mich. Aber als ich Sissi dann ansah, sah ich, dass sie weinte. Und zwar nicht extra laut, wie sie es immer machte, damit Mum und Dad kamen, sondern ohne einen einzigen Laut von sich zu geben. Sofort tat es mir leid. Ich hätte sie doch lieber schlagen sollen. Oder anschreien. Stattdessen hatte ich das Schlimmste getan, was ich hätte tun können. Ich hatte mir gedroht, mit dem was sie am meisten liebte. Ja, ihr dürft mich jetzt alle mal laut „Arschloch" nennen. Wenn das nicht geht (Weil ihr zum Beispiel heimlich unterm Tisch lest o.ä.), dann denkt es euch. Das habe ich nämlich in diesem Moment auch gemacht. Sogar öfter. Den ganzen Rückweg, um genau zu sein. Auch wenn ich wusste, dass ich ihr nicht mit dem, was sie am meisten liebte, gedroht hatte, sondern mit Pélé. Ihre Barbies liebte sie mehr. Trotzdem war es schlimm genug. Ich versuchte, es irgendwie wieder gut zu machen, indem ich „Tut mir leid, Sissi, Pélé geht es gut. Aber wir müssen jetzt zurück", sagte. Ich weiß, der Versuch war miserabel. Ich hoffte, Pélé ging es wirklich gut und wir konnten ihm noch helfen. Wir mussten wirklich zurück. Aber bis wir auf dem Rückweg waren, dauerte es ja noch ein bisschen. Als ich nämlich mit Sissi und Lea zurück zu Krisch ging und sagte, dass wir los könnten, sagte Krisch nur ein Wort dazu: „Hä?" „ja, wir können jetzt los", versucht ich es ihm besser zu erklären „Wohin denn?" „Ja zurück." „Warum denn zurück? Ihr seid doch gerade erst gekommen." Er sah ein bisschen verstört aus. Ich hatte es Krisch gar nicht gesagt! „Wir müssen zurück. Dann können wir vielleicht Pélé retten." Jetzt verstand Krisch es und sein Gesichtsausdruck wurde wieder weicher. „Wie lange dauert der Rückweg denn mindestens?" „Hm", Krisch überlegte (unschwer zu erkennen) „Wenn ich Sissi nehme und ihr euch beeilt... eineinhalb Stunden?" Ok, das war ziemlich lange. „Geht es denn irgendwie schneller?" „Nein, es sei denn...über den Fluss." Ich schüttelte sofort entschieden den Kopf. Dieser Weg war uns nicht zuzumuten. Mir nicht, und vor allem Lea nicht. Nein, der Fluss war keine Alternative. Wir würden uns beeilen. 1½ Stunden mussten reichen.

Vollkommen planlosWo Geschichten leben. Entdecke jetzt