Die Zeit war noch nie so schnell vergangen wie in diesen zwei Tagen, nicht mal an meinem Geburtstag oder während den Ferien. Es kam mir so vor, als hätte ich nur einmal geblinzelt und schon war der Morgen von Pélés und Paolos Abreise gekommen. Ok, vielleicht nicht ganz so extrem. Vielleicht hatte ich auch zweimal geblinzelt. Trotzdem war es schnell vorbei gegangen. Aber wir hatten noch nicht einmal ansatzweise eine Lösung gefunden. Natürlich hatte es ein paar Ideen gegeben, hier die Top-Vorschläge:
· Lea hatte vorgeschlagen, sowohl Pélé als auch Paolo in Krischs Dorf zu bringen und sie dann mit nach Deutschland zu nehmen. Dieser Plan war gescheitert, weil es keinen Weg gab Pélé von Krischs Dorf nach Deutschland zu bringen. Paolo hätte vielleicht auf dem großen Platz landen können, aber er durfte sein Flugzeug nicht benutzen.
· Mena hatte vorgeschlagen, dass sie so lange mit dem Hotelführer flirtete, bis dieser alles, was sie wollte, erlaubte. Dieser Plan war gescheitert, weil der Hotelführer eine Frau war.
· Meine Eltern hatten vorgeschlagen, dass Paolo Pélé nicht nach Macapá sondern in eine andere Stadt fliegen sollte. Dieser Vorschlag war ebenfalls gescheitert, weil wir einstimmig darüber abgestimmt hatten, dass es egal war in welcher Stadt Pélé in ein Kinderheim müsste.
So das waren die besten Vorschläge. Alle anderen, glaubt mir, waren unbrauchbar. Alle drei hatten nicht viel gebracht. Mena hatte den zweiten Punkt zwar mal ausprobiert, aber leider stellte sich heraus, dass die Hotelbesitzerin 100% hetero-sexuell war und leider auch nicht vorhatte etwas an ihrer Einstellung zu ändern.
Danach hatten wir aufgehört nachzudenken. Ich glaube, jeder hatte darauf gehofft, dass doch noch ein Wunder kam. Das war aber leider ausgeblieben. Und jetzt hatten wir den Salat. Aber nicht den teuren leckeren von unserem Restaurant-Büffet, sondern den billigen Fertig-Salat von Aldi. Den ganzen Tag hatten wir schon nur das Nötigste geredet. Gestern Abend hatte ich beschlossen, dass ich mich bei Paolos und Pélés Abflug zusammen mit Lea und Sissi in Krischs Dorf aufhalten würde. So war es besser für Sissi. Und ja, ich gebe es zu, für mich auch. In Krischs Gegenwart war ich einfach relaxter. Krisch hatte ich schon davon erzählt und er hatte ohne ein einziges Bedenken eingewilligt. Ich dagegen hatte schon Bedenken.
Nicht wegen Sissi, die machte das schon. Aber wegen Lea hatte ich ein bisschen Angst. Die war schließlich gerade erst aus dem Krankenhaus gekommen. Wenn der Fluss schon bei mir für Angst und zittern sorgten, was würde dann mit ihr passieren? Vielleicht würde sie vor Angst in Ohnmacht fallen. Aber das alles nahm ich in Kauf, um Sissis Gesicht, wenn Pélé ins Flugzeug steigen würde, nicht sehen zu müssen. Vielleicht war das ein bisschen unfair Lea gegenüber, aber auch wenn es fies klingt: Meine Schwester war mir, alles in allem, wichtiger als meine beste Freundin. Lea würde das schon überstehen. Sie war stark.
Es klopfte an unserer Tür. Lea und ich saßen schon gefühlte Tage in unserem Zimmer, ohne über irgendetwas außer Smalltalk zu reden. Nicht mal das bekamen wir hin. Denn Smalltalk-Thema Nummer eins war bei uns, wie bei vielen anderen, das Wetter. Aber das Wetter war hier ja nun mal jeden Tag gleich. Aus dem Grund waren wir beide sehr erleichtert, als Sissi in unserer Tür stand. Die fing, kaum stand sie in unserem Zimmer, schon an zu reden: „Wir gehen heute in den Dschungel, wir gehen heute in den Dschungel!“, dabei hüpfte sie im Kreis und ihre Haare sprangen um ihren Kopf. Ich musste wirklich lächeln. „Melli, was machen wir im Dschungel?“ „Wir besuchen Krisch?“ „Warum besuchen wir Krisch?“ „Weil der uns eingeladen hat?“ „Warum wohnt der im Dschungel?“ „Weiß ich nicht, weil der schon immer da gewohnt hat.“ „Warum?“ Ich seufzte. So etwas hatten wir schon öfter. Sissi fragte dann solange, bis ich verzweifelt „Weiß ich nicht“, sagte. Wenn ich Pech hatte, kam dann noch ein „Warum?“ Ja, kleine Kinder konnten schon nervig sein. Aber, wie schon gesagt, dann musste man sich nicht mit anderen Sachen herum plagen.
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Vollkommen planlos
HumorUrlaub im fünf Sterne Hotel gewonnen? 30 Grad an jedem Tag? Tollen Typ kennen gelernt? Aber was macht man im fünf Sterne Hotel wenn man nicht mal das Buffet findet? Und wie kann man die dreißig Grad genießen wenn man schwimmt wie eine Schildkröte? U...