18. Kapitel - Unkontrollierte Magie

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Gehetzt blickte Malin sich um. "Kommt, wir haben nicht viel Zeit." Ohne ein weiteres Wort verließ der Magier die Zelle und wandte sich dann nach links. Lika zögerte nicht lange und folgte ihm, während Denor einen Moment brauchte, um zu erfassen, dass dies genau die Gelegenheit war, auf die er gewartet hatte. Endlich sprang er auf und lief den beiden durch die offene Zellentür hinterher. Der von insgesamt drei Fackeln erhellte Gang verlief schnurgerade und ohne Abzweigungen auf eine schmale Wendeltreppe zu. Ihre Zelle war die zweitletzte, weshalb sie erst den kompletten Gang durchqueren mussten, um zum einzigen Ausgang zu gelangen. Die Fackel, die Malin in den Händen hielt, beleuchtete die zahlreichen Zellen, die sich zu beiden Seiten ihres Weges erstreckten, wie Perlen an einer Perlenkette. Glücklicherweise waren zurzeit nur wenige Gefangene in diesem Teil untergebracht und den einen, den sie sahen, schaute durch sie hindurch, als wäre er in einem Traum gefangen, und ignorierte sie vollkommen.

Sie hatten schon fast die Treppe erreicht, als sich zwei leblose Körper im Licht von Malins Fackel auf dem Boden des Ganges abzeichneten. Es waren die beiden Wachen, die für diese Etage des Gefängnisses zuständig waren. Malins Auftauchen schien sie vollkommen unvorbereitet getroffen zu haben: Nicht einer von ihnen hatte sein Schwert gezogen. Vermutlich hatte die Rüstung, die ihr Retter trug, gereicht, um dicht genug an sie heranzukommen, um sie dann schnell und leise auszuschalten. Denor musste der Blutlache ausweichen, die sich um die Wache gebildet hatte, die mit aufgeschlitzter Kehle und mit noch immer vor Schreck geweitet Augen, ausgestreckt am Boden lag.

„Wartet hier, während ich Lendoran hole“, forderte Malin sie auf: „Meine Tarnung funktioniert nur, wenn ich alleine bin, außerdem müsst ihr mir den Rücken freihalten. Falls wir getrennt werden, versucht alleine zu fliehen, Gardan wird in wenigen Minuten für Ablenkung sorgen. Geht zum Südtor der Burg, dort werdet ihr auf den geringsten Widerstand treffen. Vergesst nicht, dass ihr ohne Magie auskommen müsst, das Gift, welches man euch gegeben hat, sollte zwar langsam nachlassen, es wird aber noch ein bisschen dauern, bis es komplett verschwunden ist.“ Ohne auf eine Antwort ihrerseits zu warten, verschwand er mitsamt seiner Fackel auf dem Weg nach unten. Mit einem unguten Gefühl warf Denor den toten Wachen hinter sich einen Blick zu. Die Blutlache auf dem Boden würde jede Wache, die die Treppe herunterkam sofort warnen, dass etwas nicht stimmt und den Überraschungsmoment zunichtemachen. Ohne ihre Magie würden Denor und Lika einen offenen Kampf gegen zwei Wachen nicht gewinnen, weshalb sie nur darum beten konnten, dass sie nicht von Malin getrennt wurden, da er der einzige war, der sie lebend bis zum Südtor bringen konnte.

Es sei denn es gelingt mir, dass Gift zu überwinden. Denor schloss die Augen und konzentrierte sich ein weiteres Mal auf seinen sechsten Sinn. Wieder sah er sein leuchtendes Herz vor sich, welches im Takt seiner Herzschläge pulsierte, doch dieses Mal war sein gesamter Körper durchzogen von feinen Linien leuchtender Energie. Das Gift lässt nach! wurde ihm klar. Sofort versuchte er seine Sicht zu schärfen und auf seine Umgebung auszuweiten. Er runzelte die Stirn, als er immer wieder gegen die geistige Barriere anlief, und sie trotzdem nicht einen Hauch nachgab. Es machte einen größeren Unterschied als er gehofft hatte, ob man meditiert, oder sich ohne innere Ruhe auf seinen Sinn konzentrierte.

Schritte durchschnitten die Stille, die in den dunklen Gängen des Gefängnisses geherrscht hatte. Eiskalt lief es Denor den Rücken hinab. Wenn das Gift nachlässt, muss jemand kommen und uns neues verabreichen, wurde ihm schlagartig klar. Hektisch blickte er sich um, suchte nach einem Versteck, doch die beiden Leichen, die zu seinen Füßen lagen, machten das leugnen ihrer Flucht unmöglich. Seine Gedanken überschlugen sich, doch bevor er einen Ausweg gefunden hatte, lief Lika bereits los. Erst als sie die erste Fackel gelöscht hatte, verstand Denor und verfluchte sich dafür, dass er nicht schon früher darauf gekommen war. Wenn die Wachen die beiden toten Soldaten entdecken würden, würden sie sofort Alarm schlagen und die gesamte Burg von ihrer Flucht erfahren. Ohne dabei Geräusche zu verursachen versuchte Denor die beiden Leichen aus dem Gang in eine Zelle zu schleifen. Die gelöschten Fackeln alleine würden die Wachen dazu verleiten die Sache selber in die Hand zu nehmen. Die einzige Chance bestand darin, solange einen Alarm zu verhindern, bis Malin und Lendoran ihnen zu Hilfe kamen.

Im Bann der DelaniWo Geschichten leben. Entdecke jetzt