Viel zu kurz war die Nacht und viel zu lange lag er wach und grübelte. Delani. Verschlafen richtete er sich mühsam auf und gähnte herzhaft. Gardan, der ihn gerade eben noch geweckt hatte, lief bereits eifrig durch das Lager und weckte die anderen. Obwohl auch er müde war, es reichte ein Blick in sein Gesicht, um die dunklen Augenringe zu erkennen, ließ er sich davon nichts anmerken und sammelte bereits alles Essbare, was er finden konnte zusammen, um ein Frühstück herzurichten. Träge kam Denor auf die Beine und gesellte sich zu Gardan, um ihm zu helfen. Es dauerte ein paar Minuten, bis sich endlich jeder aufgerafft hatte, aber das Frühstück war dafür umso schneller beendet. Nachdem das wenige Essbare, was sie gefunden hatten, zwischen acht Personen aufgeteilt war, war es kaum noch nennenswert. Seufzend ging er zu den Pferden. Wenigsten sind wir noch am Leben, versuchte er sich zu trösten, aber gegen seinen knurrenden Magen half das auch nichts.
Da in der näheren Umgebung des Lagers kein Bach oder See lag, gab Denor seinem Pferd aus seinem eigenen Trinkschlauch zu trinken. Doch Gardan unterbrach seine Vorbereitungen, gerade als er auf sein Pferd steigen wollte: „Bevor wir aufbrechen, sollten wir noch etwas klären.“ Der ehemalige Kampfmagier sprach erst weiter, als sich alle um ihn herum versammelt hatten, selbst Lendoran schaute ihn erwartungsvoll an. „Tagelang sind wir nun schon auf der Flucht, aber was ist das Ziel unserer Reise? Wir können nicht ewig weglaufen.“ Unsicher schaute Denor sich um und erkannte in den Gesichtern der anderen die gleiche Ratlosigkeit, die er selber verspürte. Über diese Frage hatte er sich bislang keinerlei Gedanken gemacht. „Wir haben nach der Antwort gesucht, wer diesen Krieg herbeigeführt hat und mit welchem Ziel, doch wie gehen wir vor, jetzt wo wir sie wissen?“ Langsam wanderte Gardans Blick über die ungleichen Reisegefährten. Nachdenklich schaute Lord Edwin in den Himmel und schien ernsthaft über die Frage nachzudenken, während seine beiden verbleibenden Soldaten immer wieder fragend in seine Richtung schauten. Weiter wanderte sein Blick zu den anwesenden Magiern, doch auch Denor und der neben ihm stehende Malin wussten keine Antwort, während Lika nach wie vor jeden Blickkontakt vermied und stur vor sich auf den Boden starrte. Schließlich verweilte Gardans Blick auf Lendoran, bis dieser schließlich das Wort ergriff: „Es ist weder den Elfen noch den Menschen gelungen, die Delani aufzuhalten“, stellte er fest, „Doch gemeinsam können wir schaffen, was uns alleine nicht gelungen ist.“ „Also kannst du uns zu den Elfen führen?“, schlussfolgerte Gardan daraufhin, scheinbar angetan von dem Vorschlag des Elfen. „Natürlich, mit einem Schiff wären wir in wenigen Wochen dort.“ „Also geht’s nach Matradi?“, mischte sich Edwin in das Gespräch ein, „Dort finden wir am ehesten ein Schiff.“ „Da kein Kapitän freiwillig ins Elfenreich fahren wird, ist es egal, wohin wir gehen, so lange es dort überhaupt ein Schiff gibt“, hielt Lendoran dagegen. „Du willst ein Schiff kapern?“, kam die entsetzte Frage des Lords. „Nein, ich werde nur dafür sorgen, dass er mich dort hinbringt, wo ich hin möchte. Was er danach macht, ist seine Sache“, stellte Lendoran fest und schien dabei reichlich genervt von den Einwänden Edwins. „Haben wir denn eine andere Wahl?“, wollte Denor nun wissen. Wir können nicht den ganzen Tag mit diskutieren verbringen. Erwartungsvoll schaute er zu Lord Edwin, als dieser den Kopf schüttelte und seufzte: „Über Land würden wir es nicht schaffen…Wir wären tot, bevor wir den Wald auch nur am Horizont sehen“, gab dieser nach einer kurzen Pause leise zu. Unruhig knetete er seine Hände, bis er einen Entschluss gefasst hatte: „Reist nach Matradi, aber ich werde euch nicht begleiten.“ „Was hast du vor?“, fragte Gardan entsetzt. „Bei den Elfen kann ich euch nicht helfen, aber ich kann den Menschen erzählen, wer wirklich hinter Belenor steht. Wer sie wirklich in diesen Krieg gezwungen hat. Was bringt ein Bündnis, wenn ihm nur eine Handvoll Menschen folgen?“ Kurz dachte Gardan nach: „Du hast Recht, wir brauchen die Unterstützung der Menschen … doch sei vorsichtig, ein einziger feindlicher Spion würde deinen Tod bedeuteten.“ „Ich werde auf mich Acht geben.“
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Im Bann der Delani
FantasiEin Krieg endet, und ein neuer beginnt. Während die Witwen noch um ihre verstorbenen Ehemänner trauern, ziehen ihre Söhne bereits demselben Schicksal entgegen. Frieden ist nicht mehr als eine Erinnerung in den Köpfen der Menschen, Zwergen und Elfen...