23. Kapitel - Auftakt der Schlacht

141 16 6
                                    

Tief in seinen sechsten Sinn versunken, konzentrierte sich Denor auf einen Speer, welcher im hohen Bogen auf ihn zugeflogen kam. Schicht für Schicht kämpfte er sich durch die feindlichen Schutzzauber, obwohl im sofort klar gewesen war, dass er den Speer nicht würde aufhalten können. Zu komplex waren die Zauber geflochten, als das er sie innerhalb der kurzen Flugphase durchbrechen konnte. Jede einzelne der vielen Schichten, die den Speer wie einen Kokon umschlossen, bestand aus gleich mehreren Elementen, die kunstvoll miteinander verflochten waren. Entweder stand ihnen ein sehr erfahrener Magier gegenüber, oder gleich eine ganze Gruppe, die Hand in Hand gegen sie vorgingen. Sie müssen die Speere vor dem Kampf vorbereitet haben, ging es ihm durch den Kopf, doch blieb ihm nicht die Zeit den Gedanken zu Ende zu führen, immerhin war der Speer immer noch auf direkten Weg zu ihnen.

Ein einzelner Schweißtropfen rann seine Schläfe hinab. Der Kampf hatte gerade erst begonnen und brachte ihn jetzt schon an seine Grenzen. Immer näher kam das Feuer ihren Segeln und nur wenige Meter bevor der Speer sie durchlöcherte gelang es ihm das Feuer zu löschen. Erleichtert atmete Denor auf. Nicht mehr als ein faustgroßes Loch zeugte davon, dass es ihm nicht gelungen war den Angriff komplett abzuwehren. Doch die Freude währte nur kurz, als er mit ansehen musste, wie ein weiterer Speer das Segel in Brandt setzte und zitternd im Holz des Decks stecken blieb. Bis ins Mark ging ihm der Schrei des Seemanns, der, an der Schulter durchbohrt, an das Deck genagelt wurde.

Für einen kurzen Moment hörte man nichts außer den Schrei des Mannes, der verzweifelt am Schafft des Speeres zerrte. Die restliche Mannschafft, vollkommen geschockt von diesem Anblick, schien nicht in der Lage zu sein etwas anderes zu tun, als ihn anzustarren.  Einzig der Kapitän ließ sich nicht aus der Ruhe bringen: „Löscht das verdammte Feuer ihr Narren", brüllte er lauter, als der Seemann schreien konnte, doch seine Männer schauten ihn nur ungläubig an. Nur Lendoran handelte ohne zu zögern: Ein kurzes Aufblitzen von Magie und das Feuer war verschwunden, während sich der Elf dem schreienden Seemann näherte. Klirrend glitt die Gezeitenklinge aus ihrer Scheide, als Lendoran sich neben den Mann kniete und ihm das Schwert ins Herz rammte.

Die Augen des erstochenen traten aus ihren Höhlen, während sein Körper in einem letzten Aufbäumen Blut hustete. Lendoran wandte sich nicht ab, bis auch das letzte Leben aus dem Körper gewichen war und auch Denor vermochte sich nicht abzuwenden, so sehr er es auch gewollt hätte. Langsam erhob sich der Elf, als der Kopf des Mannes zur Seite viel. Die blutige Klinge in der Hand blickte er sich um und wieder war Denor der Meinung ein Gefühl hinter der ausdruckslosen Miene des Elfen aufblitzen zu sehen. Abscheu gegenüber dem, was er getan hat?, fragte er sich. Ist Lendoran hinter seiner Maske vielleicht doch nicht so eiskalt, wie es den Anschein hat?

Doch so schnell das Gefühl gekommen war, so schnell war es auch wieder weg. Mit steinerner Miene stellte Lendoran klar: „Wenn ihr überleben wollt, fangt an dafür zu kämpfen."  Nicht einer der auf dem Schiff anwesenden vermochte es seinem Blick standzuhalten. Jeder einzelne senkte den Blick, schockiert von der Tat des Elfen, aber auch beeindruckt vom unglaublichen Kampfeswillen Lendorans. Woher nimmt man solch eine Kraft? Langsam kehrte er an die Seite von Denor und Malin zurück. Er fixierte Malin, während er auf das linke der drei Schiffe zeigte und dadurch verstand Denor, warum einer der drei Speere ohne Widerstand ihr Schiff erreicht hatte: Sie haben zu zweit den selben abgewehrt.

Nur einen Moment später feuerten die Ballisten erneut und schickten ihre tödlichen Waffen in den Himmel. Sofort spannte sich Denors kompletter Körper an, der Kampf dauerte noch nicht lange und wenn sie nicht bald etwas unternahmen, wird er auch bald wieder zu Ende sein. Tief in Konzentration versunken und wieder einmal im Kampf gegen die Zeit traf ihn die plötzliche Richtungsänderung ihres Schiffes vollkommen unvorbereitet. Unkontrolliert stolperte er Richtung Reling, während sich das Schiff gefährlich weit zur Seite neigte. Gerade noch rechtzeitig bekam er das von Salzwasser durchtränkte Holz der Reling zu fassen, bevor er ins Meer stürzen konnte. Was soll das werden?,  fragte er sich verärgert. Wir werden den Speeren wohl kaum ausweichen können. Ein weiterer Ruck ging durch das Schiff, als der Wind, der eben noch von der Seite kam, die Segel aufblähte. Nur knapp konnte er verhindern ein weiteres Mal über das Deck zu rutschen, während er gleichzeitig zugucken musste, wie zwei der Seemänner ihr gerade wieder gewonnenes Gleichgewicht verloren und über die Reling ins Meer stürzten. Winkend und brüllend trieben sie neben dem Schiff im Wasser, und hofften, dass man sie rettete, auch wenn sie wussten, dass man für sie niemals umdrehen würde.

Im Bann der DelaniWo Geschichten leben. Entdecke jetzt