III

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„Ach? Das ist sie? Hm, da habe ich wohl eine völlig andere Vorstellung gehabt." Martijn geht ohne zu zögern auf diesen Sander und Li-Wen zu. Jakub folgt ihm erheblich langsamer, die Schultern ein wenig hochgezogen, die Lippen zu einem schmalen Strich gepresst. Die Nervosität steigt und steigt, die Unruhe parallel dazu. „Sander, mein Guter. Hat alles geklappt? Niemand hat irgendetwas hinterfragt oder Probleme gemacht? Soll ich irgendetwas klären?" Er schlägt mit dem Braunhaarigen ein, klopft ihm flüchtig auf den Rücken. „Li-Wen, wie schön, dich endlich kennenzulernen. Auf diesen Tag habe ich gewartet, seit Jakub deinen Namen beziehungsweise deine Geschichte erzählt hat."

Sie macht keinen frohen Eindruck. Vielmehr scheint sie sehr in sich gekehrt zu sein. Von der selbstbewussten und stolzen Frau ist nichts mehr übrig – was Jakub jedoch am meisten Sorgen bereitet, ist ihr körperlicher Zustand. Da ist eine Schramme auf der linken Wange. An Gewicht hat sie sichtbar verloren. Jakub fragt sich, was ihr während der Zeit hinter Gittern widerfahren ist.

„Alles gut. Da hat niemand Stress gemacht." Selbst Sander ist der deutschen Sprache mächtig. Er ist etwas kleiner als Martijn, dennoch größer als Li-Wen. „Es verlief ohne Schwierigkeiten. Schein vorgehalten, kurz begründen, wieso, weshalb, warum. Fertig ist. Der Direktor hat nichts hinterfragt, ist bloß überrascht gewesen, wie schnell die Behörden ihre Meinung geändert haben. Dann ging das Gespräch mit den früheren Zeiten los. Von wegen: Zu meiner Zeit hat man Hochverrat mit lebenslang bestraft. Uff, glaube mir. Es ist auf Dauer anstrengend gewesen, dem Typen zuzuhören. Viel zu gesprächig." Sein nahezu schwarzer Blick landet auf Jakub. „Nein, das ist er?" Er grinst sogleich los. Jakub traut sich nicht, vor Li-Wen zu stehen. Ihm bereitet die Situation Unbehagen. „Ich glaube es nicht. Der mehr oder weniger bekannte Jakub Zsaskaski. Freut mich riesig, dich kennenzulernen. Hab' schon eine Menge von dir gehört. Vor allem durch Martijn." Er erwidert den freudigen Händedruck. „Wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf: Du hast einen sehr guten Geschmack, was das Thema Frauen angeht."

„Sander, also bitte!", funkt Martijn augenblicklich dazwischen und straft ihn mit einem warnenden Blick. Jakub geht darauf nicht ein, sondern zwingt sich, seine veränderte Freundin anzusehen.

Martijn und Sander verwickeln sich gegenseitig in ein ausgelassenes Gespräch. Jakub und Li-Wen bleiben still. Ihr Anblick ist wie ein fieser Schlag in die Magengrube. Eingefallene Wangen, matt glänzende Augen, eine zusammengefallene Haltung. Ihre Arme hat sie um ihre Taille gelegt, als würde sie sich vor etwas fürchten.

Die Umstände in den deutschen Gefängnissen sind überhaupt nicht schlecht. Verdammt, sie hat es sich selbst angetan. Sie und oder die anderen Insassinnen. Er tritt zögerlich zu ihr, hält sofort inne, als Li-Wen ihn anschaut. Ich weiß nicht, was sie denkt, wie es ihr geht. Ich kann es ganz schlecht sagen. Jakub erwidert den gebrochenen Blick. Er will sie in seine Arme schließen, an sich drücken, damit die dicke Wolke ein wenig aufgelockert wird. Doch er rührt sich nicht. Warum nur?

„Hey", murmelt er kaum hörbar, traut sich nicht zu lächeln. Mehr Worte folgen nicht. Li-Wen beendet den Blickkontakt und fixiert einen für ihn unbekannten Punkt. „Ich ... ähm ... Es seien schön, dass du seien hier." Sie wird kein Wort aus sich herausbringen. Jakub versucht vergeblich, sich nichts anmerken zu lassen; es ist ein unmittelbarer Angriff auf sein Herz. „Ich haben niemals aufgehört, an dich zu denken. Ich ... ich haben dich vermisst sehr."

Was ist dir nur widerfahren? Der Pole bearbeitet die untere Lippe, bis ein metallischer Geschmack die Mundhöhle erfüllt.

„Kann ich dich 'mal kurz sprechen?" Sander ist plötzlich neben ihm aufgetaucht. Jakub zuckt kaum merklich zusammen und sammelt sich. Ungern will er vor diesen beiden jungen Männern in Tränen ausbrechen. Seine Gefühle will er vor ihnen nicht offenbaren.

Ein Atemzug entfernt IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt