„Ich kommen gleich. Müssen nur schauen wegen ... Martijn. Nicht, dass er wissen nicht Bescheid. Umziehen seien auch nicht schlecht." Er stiehlt sich an Oliver vorbei, der soeben dabei ist, in seine Schuhe zu schlüpfen. „In zehn Minuten, ich werden wieder seien hier." Er wirft Sarah einen kurzen Blick zu. Sie bleibt weiterhin aufmerksam und entspannt. „Bis gleich."
„Lass' dir ruhig Zeit. Keinen Stress. Der Bus würde so oder so erst in fünfzehn Minuten kommen." Die Brünette wendet sich ein wenig, um die Schultasche ihres Sohnes heranzuholen.
Jakub tritt in den Hausflur und zieht hinter sich die Tür zu. Von unten erklingen Schritte, gefolgt von einer jugendlichen Stimme. Nach seiner neuen Verehrerin klingt sie nicht. Er hat Martijn vor einigen Minuten geschrieben, dass er sich zu ihm begeben würde.
Die Schritte sind schwer, und dieser Reinigungsmittel riechende Hausflur macht es nicht besser. Irgendwie, so kommt es ihm vor, erscheinen die Stufen höher als sonst. Die Anzahl hätte sich verändert. Die Hand streicht nahezu fahrig über das glatte Geländer. Jakub will ungern zu Martijn – es sind die Fragen, vor denen er sich fürchtet. Und ich will Li-Wen nicht sehen. Ihr Name füttert das schlechte Gewissen in ihm. Ich habe mir schon genug Scheiße erlaubt.
Martijn wartet oben, bereits fertig angezogen und hergerichtet für den wartenden Tag. Kein bestimmter Ausdruck funkelt in den klaren blauen Augen, als Jakub an dem Niederländer vorbeigeht. Jakub atmet tief durch und sucht sogleich sein überlassendes Zimmer auf. Dass Li-Wen ihn inzwischen erfasst hat, versucht er so gut es geht zu ignorieren. Er gerät aus dem Blickfeld beider Personen und drückt mit dem Rücken die Tür zu.
Ich mache es nur schlimmer. So schlimm, dass ich damit nicht mehr klarkomme. Er erhascht einen Blick im Spiegel. Zerzauste Haare, ein matter Funke in der eisblauen Farbe. Ich kann mich noch nicht einmal selbst anschauen, ohne mir Vorwürfe zu machen. Er reißt den Blick von sich und sucht den Kleiderschrank auf. Geholfen für einen sehr kurzen Moment, aber die Nebenfolgen ... Die sind gewaltig.
Er feuert den Pullover auf das Bett und greift nach einem schwarzen T-Shirt mit irgendeinem Schriftzug. Und in diesem Moment klopft Martijn an die Tür.
„Kann ich 'reinkommen, ohne dass ich 'was zu sehen bekomme?"
Jakub streift sich hastig das Shirt über und prüft mit klopfendem Herzen, ob die vielen Flecke allesamt bedeckt sind. Er tut die Kontrolle mit einem knappen Nicken ab.
„Klar." Er klappt eine Schranktür zu. Martijn erscheint, wie üblich angemessen gekleidet und frisiert. „Was los?" Er ahnt, dass nichts Gutes auf ihn zukommen wird.
„Die Drogen waren's, nicht wahr?" Martijn setzt sich auf die Bettkante. Jakub ist ein wenig angetan von den muskelgeprägten Armen des Niederländers. Jakub starrt ihn verwirrt an. Martijn deutet auf seine Arme. „Du hast dich selbst verletzt."
„Ach, das." Jakub fährt mit dem Daumen über die zarten Linien. Düstere Bilder tauchen auf. Der Tag, an welchem er Li-Wen beinahe verprügelt hat. „Tak, es seien gewesen Drogen. Aber ... Ich haben es gemacht nie wieder. Ärzte in Knast haben gesorgt, dass ich machen es nicht mehr." Na ja, bis ich wieder anfange, die Drogen regelmäßig zu nehmen. Wie jetzt. Inzwischen alle zwei Tage – viel besser als jeden Tag mindestens zweimal. Falls ich sie nicht nehme, werde ich komplett durchdrehen.
„Hoffen wir mal, dass es dabei auch bleibt." Jakub gefällt es nicht, wie Martijn ihn anschaut. „Du scheinst dich ziemlich gut mit Sarah zu verstehen. Oliver mag dich wohl, was? Gestern habt ihr viel Zeit miteinander verbracht, während du an deinem Wagen herum gewerkelt hast."
Jakub kann sich glücklich schätzen, dass Julien viel Wert darauf gelegt hat, dass jeder von ihnen in brenzligen Situationen einen kühlen Kopf und einen sicheren Ton bewahren kann. Das Arbeitstempo des Herzens minimiert sich.
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Ein Atemzug entfernt II
Genç Kurgu„Was ist schon gut und was böse? Das ist scheißegal; letztendlich hast du dich eh verpflichtet." Jakub Zsaskaski ist auf der Flucht. Ein Wettlauf mit dem Tod. Jedes Hindernis könnte sein letztes Stündlein bedeuten. Und während des Wettlaufs stellt e...