„Ganz ruhig", flüstert er ihr zu und zeichnet liebevolle Formen auf ihren Rücken. „Ich bin jetzt hier. Du bist in Sicherheit." Jakub sieht für einen Augenblick zu Jevhen und Sasha. Er ist sich ihrer Anwesenheit bewusst, auch der Tatsache, dass die beiden kein Wort verstehen. Jevhen erwidert seinen Blick. Jakub kann ihn nicht deuten – doch er macht den Eindruck, als würde er die momentane Situation verstehen. „Niemand werden dich angreifen. Nie wieder." Jakub löst sich langsam von ihr. Sarah lässt ihn nur langsam los. „Du müssen haben keine Angst mehr." Ein vorsichtiges Lächeln. Doch ihr Anblick lässt es schnell wieder ersterben. Sarah sieht vollkommen durch den Wind aus. Die Haare sind zerzaust, das Gesicht wird von einigen Schnitten geschmückt. In den einst fröhlichen, lebhaften Augen liegen nichts Weites als Angst und Furcht. Jakub ergreift die rechte Hand, betrachtet das dunkle Stück Stoff. Streicht mit dem Daumen über ihr Handgelenk. Sarah zuckt automatisch zusammen, aber zwingt sich, sich nicht zurückzuziehen. „Ich wollen dich nicht zwingen zu reden. Du müssen selbst wissen, wann du bist bereit zu reden." Er seufzt leise. „Es ist aber wichtig, dass du hören mir jetzt zu." Er behält die verletzte Hand umfasst. Wartet, bis sie seinen Blick erwidert. „Ich wollen, dass du mit mir kommen. Du bist nicht mehr sicher. Und ich wollen nicht, dass Kaden werden wieder versuchen, das, was ist eben passiert." Er achtet darauf, in Olivers Gegenwart die richtigen Worte auszuwählen. „Ich haben versprochen, dass ich werden dich beziehungsweise euch beschützen. Und ich werden es so lange tun, wie ich es können." Oliver ergreift seine andere Hand. „Wenn du wollen zusammenpacken ein paar Sachen, dann, du können es gerne tun. So lange, ich werde warten." Jakub schließt Olivers kleine Hand in seine. Sie nickt nur, und der Pole lässt sie etwas gezwungen von sich. Nur der Junge bleibt bei ihm. Jakub überlegt nicht länger und hebt ihn hoch, sodass er sich schützend an ihn klammert. „Für dich, ich werden auch sein da. So lange, wie ich können es tun." Oliver sagt natürlich nichts, legt den Kopf auf seine Schulter. Jakub streicht ihn mit fahrigen Bewegungen über den Rücken.
Während Sarah einige wenige Habseligkeiten zusammensucht, tritt er zu seinen beiden Begleitern. Nur noch Jevhen wartet geduldig im Türrahmen. Sasha hat von Neuem einen Spaziergang durch die chaotische Wohnung unternommen. Jevhen schaut hoch, erst zu Jakub, anschließend zu Sarah.
„Da sind wir noch gerade rechtzeitig gekommen", meint er im leisen Ton und steckt die Schusswaffe in das Holster. „Ich will mir nicht vorstellen, was wäre wenn gewesen, wären wir nur ein paar Minuten später gekommen." Er mustert den Jungen. „Ich kann es nachvollziehen. Der Kleine erinnert mich zu stark an meine eigene Tochter. Ich hätte genauso gehandelt." Ein kleines Lächeln bildet sich. „Ist sie deine Freundin?"
Wenigstens ist Oliver spürbar ruhiger geworden. Jakub kommt es vor, als sei der Junge leichter geworden.
„Ich hoffe nur, dass ich dich mit der Fahrt nicht allzu überrascht habe. Teilweise habe ich gemerkt, dass viel zu schnell unterwegs gewesen bin." Er hört nicht auf, gelegentliche liebevolle Worte zu Oliver zu flüstern. „Gut, dass ich ein paar Mal fast von der Fahrbahn geflogen bin, erwähnen wir am besten nicht wieder." Jevhen lacht leise in sich hinein. „Sagen wir: Seien wir einfach froh, dass ihnen nichts allzu Schlimmes wiederfahren ist ... dass zumindest dem kleinen Fratz hier nichts passiert ist." Er sieht zu Sarah. Es sind nicht viele Dinge, die sie in die geöffnete Tasche gepackt hat. Kleidung, Spielzeug für Oliver. Einige Bilder. Sie wird keinerlei Worte verstehen können. Er muss sich also nicht um die korrekte Auswahl scheren. „Ich wünschte, sie wäre es." Jevhen neigt ein wenig den Kopf zur rechten Seite, verlangt stumm, dass er die Antwort auskleidet. „Was willst du denn noch hören?" Jakub seufzt tonlos. „Meine Fresse."
„Na, los. Gib es zu", drängt er ihn belustigt zu der gewollten Antwort. „Ich will es gerne hören. Du kannst es ruhig sagen – ich wette, dass sie nichts versteht."
DU LIEST GERADE
Ein Atemzug entfernt II
Roman pour Adolescents„Was ist schon gut und was böse? Das ist scheißegal; letztendlich hast du dich eh verpflichtet." Jakub Zsaskaski ist auf der Flucht. Ein Wettlauf mit dem Tod. Jedes Hindernis könnte sein letztes Stündlein bedeuten. Und während des Wettlaufs stellt e...